Auf dem ehemaligen Werzalit-Gelände bietet sich der Gemeinde Oberstenfeld Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Wie soll das Areal Bottwarwiesen in Oberstenfeld künftig aussehen? Immerhin sollen dort einmal 1275 Menschen leben. Bei einer Online-Befragung haben rund 800 Bürger teilgenommen – eine enorme Resonanz. Welche Wünsche haben die Oberstenfelder? Wer soll dort wohnen? Soll es auch Gewerbe geben?

Oberstenfeld - Ohne Bürgerbeteiligung geht heutzutage nichts mehr – das gilt besonders bei Großprojekten. Das zwölf Hektar große geplante Wohn- und Gewerbegebiet Bottwarwiesen mitten in Oberstenfeld fällt zweifelsohne in diese Kategorie. Kein Wunder also, dass das Interesse an der Online-Befragung der 8000 Einwohner groß war: 809 Bürger äußerten sich, wie sie sich das Areal vorstellen.

Das Gebiet entsteht auf dem ehemaligen Werzalit-Gelände. Nach der Insolvenz des Holzverarbeiters kaufte die Backnanger Volksbank-Tochter Levkas im Juli 2019 den Grund und Boden. Das Unternehmen und die Gemeinde loben einen städtebaulichen Wettbewerb aus. Der Rahmenplan dafür lag schon vor, der Gemeinderat gab am Donnerstag endgültig grünes Licht. Zuvor hatten die Räte die Ergebnisse der Online-Bürgerbefragung erfahren. Eine Besichtigung des Geländes mit der Öffentlichkeit will die Gemeinde am 23. Oktober nachholen, falls die Coronalage dies erlaubt.

Der Bürgermeister sieht den Rahmenplan in den großen Zügen bestätigt

Den Fragebogen hatte die Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH mit der Verwaltung erstellt. Antworten gaben auch zwölf Prozent Nicht-Oberstenfelder. „Die Bürger sollten an den Fragen erkennen, dass es sich nicht um ein XY-Gebiet, sondern um etwas Modernes und Zukunftsorientiertes handelt“, erklärte die Wüstenrot-Mitarbeiterin Julia Model. Dass die Ansichten über das Areal auseinandergehen können, wurde deutlich. Insgesamt sah der Bürgermeister Markus Kleemann die Ergebnisse des Rahmenplans „in den großen, groben Zügen“ bestätigt.

Wer soll in dem neuen Gebiet wohnen?

Die Bürger wollen dort vor allem Familien mit Kindern haben (77 Prozent Zustimmung). Wohnraum für Senioren rangieren im Mittelfeld (59 Prozent). Studenten und Menschen mit Migrationshintergrund erreichen dagegen nur Werte um die 20 Prozent. Mieter und Eigentümer halten sich mit etwa 50 Prozent die Waage. „Der Ruf nach bezahlbarem und barrierefreien Wohnraum war spürbar“, sagte Model zu den Anmerkungen, in denen die Befragten eine generationenübergreifende Durchmischung stark befürworteten.

Wie soll die Mobilität gestaltet werden?

Die höchsten Werte erreichten sichere Rad- und Fußwege (84 Prozent) mit Anschluss an das bestehende Netz. Aber auch Garagenstellplätze (63 Prozent) und E-Ladestationen (61 Prozent) werden am meisten gewünscht. Weitaus weniger gefragt waren Sharing-Konzepte für E-Car, E-Bike oder E-Scooter, die nur Werte von 22 bis 37 Prozent erreichten. Ausreichend Stellplätze für Besucher und der Ausbau des ÖPNV wurden in den Anmerkungen relativ häufig als Ziele genannt.

Welcher Art sollen die Freiflächen im Areal sein?

Während ein Spielplatz für Kinder recht viele Befürworter findet (77 Prozent), ist ein gemeinschaftlicher Freiraum ausschließlich für Bewohner eher unbeliebt (34 Prozent). Es soll also tendenziell lebendiger zugehen, so die Wüstenrot. Wichtig war den Befragten auch eine ausreichende Beleuchtung (77 Prozent). Grundsätzlich sollen ökologische Gesichtspunkte eine wichtige Rolle spielen, wenn öffentliche Freiflächen in den Bottwarwiesen gestaltet werden. (74 Prozent).

Welche Nutzungen soll es noch geben?

Außer Wohnen stehen Kitas (58 Prozent) und Ärzte (50 Prozent) oben im Ranking, dicht gefolgt von nicht störendem Gewerbe von kleinen Handwerksbetrieben (48 Prozent). Interessant für die Diskussion um die Erhaltung der Geschäfte in der Ortsmitte ist der ebenfalls ausgeprägte Wunsch nach einem Bäcker oder Kiosk in der Nahversorgung (53 Prozent), dem eine relative Zurückhaltung gegenüber einem Lebensmitteldiscounter (30 Prozent) und einer Drogerie (37 Prozent) gegenübersteht. Genannt wurden noch ein DHL-Logistikzentrum, eine Rettungswache, ein Baumarkt, Industrie, ein Bekleidungsdiscounter, ein Fastfood-Restaurant, ein Café, eine Bar sowie Außengastronomie.

Was soll zum Klimaschutz beitragen?

Weit oben auf der Wunschliste steht die Solarenergie für Strom und Heizung mit 80 Prozent. Auch andere Formen der erneuerbaren Energie wie Wärmepumpen und Stromspeicherung finden breite Zustimmung – sogar das Blockheizkraftwerk als Schlusslicht kommt noch auf 47 Prozent Rückhalt. Stark befürwortet werden für das Stadtklima eine Begrünung (89  Prozent) und die Nutzung von Regenwasser (85 Prozent). Klimafreundliche Baumaterialien sind gefragt (62 Prozent). Ein autofreies Quartier wünscht sich dagegen nur ein Viertel. In den Anmerkungen herrschte Skepsis, da die Parkplatzsituation im Ort als schwierig gilt. Bei smarten Maßnahmen liegt das 5G-Netz mit 83  Prozent voll im Trend, eine App für Nachbarschaftshilfe wollen 49 Prozent.

Städtebaulicher Wettbewerb für das Areal

Wettbewerb

Ein Rahmenplan bildete die Grundlage für die Online-Befragung und den städtebaulichen Wettbewerb, bei dem die Entscheidung am 29. September durch eine Jury fallen soll. An der Mehrfachbeauftragung für jeweils rund 54 000 Euro nehmen die beiden Stuttgarter Büros Wick + Partner und ARP Architekten sowie der Tübinger Planer Hähnig Gemmeke und die Kölner Sozietät für Architektur Bernhardt und Leeser Architekten teil.

Vorgaben

Der Anteil der Bewohner im Geschosswohnungsbau soll 87 Prozent betragen. 1275 Menschen sollen sich auf 30  Einfamilien- und Doppelhäuser, 30  Reihenhäuser und 30 Mehrfamilienhäuser mit jeweils zehn Wohnungen verteilen. Der Anteil von barrierefreien Wohnungen am Geschossbau soll 20 Prozent betragen. Vorgesehen ist auch ein Seniorenheim mit 40 Pflegeplätzen. Eine Kindertagesstätte mit acht Gruppen soll auch entstehen.