Vom Außenbereich des Kindergartens war nicht mehr viel übrig. Foto: privat

Eine Gruppe um ein junges Paar aus Beilstein bringt Spenden und Manpower ins Hochwassergebiet. Die Hilfe soll nicht nachlassen.

Beilstein - Gut ist noch lange nichts. Das ist die klare Botschaft von denjenigen, die in den Hochwassergebieten helfen. Zu ihnen gehören auch Nathalie Schiffner und Thorsten Riedl. Das Paar aus Beilstein engagiert sich seit der verheerenden Katastrophe Mitte Juli vor allem in der 1000-Seelen-Gemeinde Hönningen im Landkreis Ahrweiler. Mit zehn- bis 20-köpfigen Helfergruppen fährt Thorsten Riedl seither jedes Wochenende nach Rheinland-Pfalz. Nathalie Schiffner organisiert die Hilfe derweil vor allem von der Langhansstadt aus.

Ihr vorrangiges Ziel ist es, den Kindergarten Wibbelsätz in Hönningen wieder nutzbar zu machen. Dazu kamen sie letztlich per Zufall, jetzt ist es eine Herzensangelegenheit. Gemeinsam mit anderen fuhr Thorsten Riedl am ersten Wochenende nach der Katastrophe ins Ahrtal, um zu helfen. Im Gepäck hatten sie viele Materialspenden, die schnell zusammengekommen waren. „Das war absoluter Wahnsinn“, sagt er heute. Werkzeug, Obst, Konserven, Kleidung, Spielzeug, und, und, und . . . „Sechs komplette Transporter waren bis unter die Dachkante voll.“  

Fans von VfB und KSC helfen gemeinsam

Letztlich landete die Gruppe in Hönningen, half hier und dort und stand dann vor dem überfluteten Kindergarten, vor den die Wassermassen eine Waschmaschine gespült hatten und dessen Rutsche tief in der Erde steckte. Sonst war nichts mehr da. „Die Leute brauchten Hilfe, also haben wir geholfen“, sagt Thorsten Riedl. Seither ist es das Projekt der Gruppe, die sich ursprünglich aus der aktiven Fanszene des VfB Stuttgart zusammensetzte, bei der aber inzwischen auch viele weitere Akteure dabei sind. Unter anderem zahlreiche Fans des Karlsruher SC. Die Anhänger der beiden Vereine verbindet normalerweise – höflich gesagt – nicht gerade eine große Zuneigung. Aber in diesem Fall ist alles anders. „Hier sind gute Freundschaften entstanden, wir arbeiten Hand in Hand.“

Gemeinsam, Wochenende für Wochenende, wird seither geschafft. Der Kindergarten musste komplett entkernt und tonnenweise Bauschutt weggefahren werden, bis die Trockengeräte aufgestellt werden konnten. Und immer wieder kommen neue Hiobsbotschaften. Zuletzt etwa, dass im Kriechkeller des Gebäudes noch Restfeuchtigkeit ist. Aber: „Bis Weihnachten wollen wir fertig sein“, sagt Nathalie Schiffner. Sie arbeitet zwar vor allem von Beilstein aus, steht aber in engem Kontakt zu einigen Bürgern im Ahrtal und weiß so, wann was gebraucht wird, um es dann umgehend zu organisieren. „Kürzlich haben wir unter anderem 15 Kühlschränke, drei Waschmaschinen und Trockner dort abgeliefert“, berichtet sie.

Alles dreht sich um die Hilfsaktion

Die Helfer kümmern sich aber nicht nur um den Kindergarten, sie packen auch dort mit an, wo gerade Unterstützung gebraucht wird. So halfen sie etwa einer Frau aus dem Nachbarort von Hönningen. Die 58-Jährige, deren Zuhause zerstört war, konnte zwar in der Nähe unterkommen, wollte aber nun weg aus ihrer Heimat, weil sie die Situation nicht mehr ertragen konnte. Die Helfergruppe um die Beilsteiner hat ihr in Heilbronn eine Wohnung vermittelt, sie eingerichtet und die Frau mit hierher genommen.

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Das Leben der Beilsteiner Familie mit den drei kleinen Kindern hat sich seit der Flutkatastrophe komplett verändert. Alles dreht sich um die Hilfsaktion. „Das ist mehr als ein Fulltime-Job“, sagt Thorsten Riedl. Aber – und das ist beiden ganz wichtig – „die Hilfe darf nicht aufhören. Das sei nämlich ihre große Befürchtung und auch die der Menschen im Ahrtal. „Im Fernsehen sieht man fast gar nichts mehr von den betroffenen Gebieten“, sagt Nathalie Schiffner. Dabei sieht es in vielen Ortschaften immer noch so aus wie vor vier Wochen. Das bestätigt Thorsten Riedl und nennt nur als Beispiel, dass genügend Häuser über kein fließendes Wasser verfügen, viele Menschen seither Dixiklos nutzen. „Sobald es kälter wird, werden Heizungen das große Thema werden“, weiß er.

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Und aus all diesen Gründen müsse das Engagement eben weitergehen, betonen Nathalie Schiffner und Thorsten Riedl. „Die Hilfe darf nicht weiter abflachen. Das ist die große Sorge der Menschen im Ahrtal.“ Und auch ihre. „Wir sind am Kämpfen, Woche für Woche“, sagt der Beilsteiner, der sich immer über weitere Mitstreiter freut und vor allem über die, die schon helfen und immer wieder dabei sind. „Die Bilder von dort sind schlimm, aber vor Ort erschlägt es einen.“ Gut ist eben noch lange nichts.

Weitere Helfer benötigt

Helfer
 sind weiterhin willkommen. Egal, ob jemand handwerklich begabt ist oder auch einfach so mit anpacken möchte, er oder sie kann sich telefonisch oder per E-Mail bei Nathalie Schiffner und Thorsten Riedl melden. Telefonnummer: 0 15 20 / 9 88 47 25, E-Mail: nathalieespunkt@gmail.com. Die Gruppe fährt meist freitags mit mehreren Fahrzeugen nach Hönningen. Dort wird in einer Jugendherberge übernachtet. Am Sonntag geht es zurück.