Im Steinheimer Wellarium ist die Barzahlung die Ausnahme. Foto: KS-Images.de /Karsten Schmalz)

Das miese Wetter sorgt für leere Freibäder. Doch auch der Zwang zum Online-Zahlungsverkehr dürfte in Steinheim Schwimmer vom Besuch abhalten.

Kreis Ludwigsburg - Das Wellarium ist Elke R. Evert ans Herz gewachsen. Die rüstige Rentnerin hält sich im Steinheimer Freibad seit Jahrzehnten fit. Doch in der zweiten Corona-Saison klappte es beim Bezahlen des Online-Tickets nicht mehr. „Ich gehe jetzt immer zur Kasse und lege dort meine vier Euro für das Schwimmen hin“, sagt die passionierte Schwimmerin, die in Marbach als Stadtführerin regelmäßig Gruppen durch die Schillerstadt schleust.

Normalerweise ist das Barzahlen an der Steinheimer Freibadkasse seit vorigem Jahr passé. Der Gemeindeverwaltungsverband (GVV) Steinheim-Murr hatte ein Online-Ticketsystem eingeführt. Damit wollten die GVV-Verantwortlichen in der Corona-Pandemie drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: erstens die Höchstzahl von aktuell rund 1600 Gästen pro Schicht einhalten, zweitens möglicherweise ansteckungsträchtige Schlangen an der Kasse verhindern und drittens die Personaldaten der Nutzer sammeln, um eine Infektionskette nachverfolgen zu können.

Das Wellarium sieht das Barzahlen an der Kasse als Ausnahme an

Mit dem Online-System im Vorjahr war auch Elke R. Evert zufrieden, sie ist es aber nicht mit dem in diesem Jahr neu eingeführten Bezahlsystem und den Vorgaben ihrer Bank. „Man muss da seine Kartenprüfnummer eingeben, fliegt dann wieder raus – ich habe das ein paar mal probiert, komme damit aber einfach nicht klar.“ Im Endergebnis erhalte sie nicht den QR-Code, mit dem sie an der Freibadkasse die Zahlung nachweisen könne. An der Kasse dürfe sie bar zahlen, lange Schlangen bildeten sich aktuell nicht, „bei dem Schmuddelwetter kommen sowieso kaum Gäste“. Allerdings würde das Barzahlen nur Älteren gewährt, nicht aber Jüngeren, habe sie beobachtet.

Das Barzahlen an der Kasse müsse die Ausnahme bleiben, erklärt die Wellarium-Betriebsleiterin Katrin Schulze hierzu. Denn es gebe viele Jüngere, die durchaus in der Lage wären, ihr Ticket online zu buchen, es dann aber nicht täten – vielleicht aus Bequemlichkeit. Das sei natürlich im Einzelfall schwierig zu überprüfen. Bei schlechtem Wetter spiele das auch keine große Rolle. Wer aber bei heißem Wetter ins Schwimmbad wolle, sollte sich besser online anmelden und dann auch per Bankeinzug bezahlen.

Das Online-Buchungssystem habe sich bewährt, erklärt Torsten Bartzsch, als Murrer Bürgermeister auch Vorsitzender des GVV. Das neue System biete einen umfassenderen Service, auch mit den Systemen Giropay oder Paydirekt. Probleme bei den Sicherheitsabfragen der Banken hält Bartzsch für bewältigbar. „Man braucht auch keine Kreditkarte, ein normales Online-Konto reicht.“

Neues Online-Buchungssystem stellt manche Ältere vor Probleme

Älteren Menschen, die sich nicht selbst zu helfen wüssten, rät Torsten Bartzsch, sich an Verwandte oder andere Jüngere aus dem Freundeskreis zu wenden. Der Freibad-Vorsitzende erinnert daran, „dass wir uns immer noch in den besonderen Umständen der Corona-Pandemie bewegen“. Das bedeute, die Online-Registrierung sei verpflichtend und man müsse längere Schlangen an der Freibad-Kasse vermeiden. Online-Zahlungen seien auch für Einrichtungen wie das Blühende Barock ganz normal.

In Oberstenfeld ist das Barzahlen an der Kasse möglich

Laut Bartzsch ist es viel aufwendiger, alle Daten an der Kasse schriftlich zu erheben. Etwa 20 bis 30 Älteren ermögliche man die Barzahlung, von Jüngeren gebe es keine Beschwerden. Barzahlung bei starkem Besucherandrang sei nicht zu bewältigen – wie etwa in den Waiblinger Bädern, wo die Online-Registrierung vom Bezahlvorgang getrennt und damit Barzahlung möglich ist. Beim Wellarium, so Bartzsch, seien die Rückmeldung der vorigen Saison, als 70 000 Gäste die Drehkreuze passierten, durchweg positiv gewesen. In dieser Saison kamen bisher nur rund 45 000 Gäste ins Freibad, was aber dem schlechten Wetter geschuldet sei.

Eine großzügige Linie fährt das Mineralfreibad Oberes Bottwartal bei aktuell ebenfalls rund 45 000 Gästen mit dem Motto „Keiner soll trocken bleiben“. Der Freibad-Zweckverband ermögliche Jung und Alt die Barzahlung an der Kasse, sofern nicht alle verfügbaren Tickets bereits online verkauft worden seien, erklärt der Zweckverband-Vorsitzende Markus Kleemann. Die Barzahlung sei nicht nur Älteren vorbehalten, sondern auch Jüngeren, die nicht online zahlen wollen oder können. In diesem Fall müssten sie sich im Freibad schriftlich registrieren.

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Die Kombi von Online-Banking und Smartphone ist für Ältere ein Problem

Eine Bresche für die Älteren hat im Vorfeld Hanns-Otto Oechsle geschlagen. Der älteste Oberstenfelder Gemeinderat machte sich im Freibad-Zweckverband mit seinen Beilsteiner Kollegen viele Gedanken, weil das Bad im Vorjahr nicht geöffnet wurde und es heftige Kritik gab. „Man braucht Online-Banking und ein Smartphone – das ist für Ältere ein Problem.“ Rund ein Drittel der Älteren, die vor der Pandemie im Bad waren, hätten das Schwimmen aufgegeben. Das habe aber wohl auch finanzielle Gründe, denn es gebe keine preiswerte Dauerkarte für 60 Euro mehr. Das Risiko, im Freibad an Corona zu erkranken, hält Oechsle für geringer, als durch den Wegfall des regelmäßigen Sports gesundheitlich zu Schaden zu kommen.

Ticketverkauf in anderen Freibädern

Ludwigsburg
Die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim bieten neben dem Online-Ticketsystem auch einen Verkauf für Nutzer des Freibads in Hoheneck und des Alfred-Kercher-Bads in Kornwestheim an. Der Verkauf findet allerdings im nur für Kurse geöffneten Stadionhallenbad Ludwigsburg statt, um den Freibädern einen Andrang an heißen Tagen zu ersparen. Derzeit dürfen pro Schicht 800 Gäste in die Freibäder. Dort ist auch Barzahlung möglich: montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr, montags bis donnerstags von 14 bis 18 Uhr. Hier geht es zum Ticketportal.

Waiblingen
Die Stadtwerke Waiblingen trennen für die Freibäder in Waiblingen und Bittenfeld im Online-System die Registrierung von der Bezahlung. Das heißt, man registriert sich online für eine bestimmte Schicht, bringt den QR-Code auf seinem Smartphone mit und bezahlt dann bar an der Kasse. Man halte genügend Personal bereit, um Schlangen an der Freibadkasse zügig abzubauen, teilen die Stadtwerke mit. Die Online-Reservierung sei wegen der Corona-Verordnung verpflichtend. Das Kassenpersonal gebe bei Problemen vor Ort Hilfestellung. Für 2022 plane man, auch eine Online-Bezahlung anzubieten. Die Barzahlung werde aber weiter angeboten.

Mundelsheim Die Gemeinde hat für ihr kleines Freibad ein eigenes System entwickelt. In dieser Corona-Saison kommt nur der Besitzer einer Dauerkarte ins Freibad. Mit rund 1750 verkauften Saisonkarten erzielte die Gemeinde einen neuen Rekord. Im Jahr 2019 waren es 953, aber auch 6446 Einzelkarten. Auf jeder Dauerkarte ist eine Nummer, die beim Eintritt vom Personal zur Corona-Nachverfolgung registriert und im Ernstfall mit gespeicherten Daten im Rathaus abgeglichen wird. So sparte sich die Kommune ein Online-Ticketsystem. Interessant: 46 Prozent der Dauerkartenkäufer wohnen auswärts.