Daniel Renkonen (rechts) ist bei der Wahl Tayfun Tok unterlegen. Foto: Martin Kalb

Die Grünen gehen mit dieser Entscheidung ein Risiko bei der Wahl im März ein.

Ludwigsburg - Das politische Geschäft ist hart. Selbst politische Erfolge schützen nicht davor, vom Sockel gestoßen zu werden. Daniel Renkonen, seit zwei Legislaturperioden im Landtag, weiß das. Doch das Wissen ist das eine, das eigene Erleben das andere. Ob die Abwahl für ihn wirklich ganz überraschend kam, weiß nur er selbst. Wenn man mit grünen Mitgliedern redet, war jedoch klar, dass es ein knappes Rennen geben würde. Spielentscheidend, das hat Renkonen richtig analysiert, war sicher die emotionale Bewerbungsrede seines Herausforderers. Denn Erfolge nähren sich vor allem aus Leidenschaft und Herzblut. Rationales Agieren und Erfahrung spielen für die Wähler meist untergeordnete Rollen. Das hat der Dienstagabend bestätigt.

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Renkonen hat vor vier Jahren geschafft, was zuvor kein anderer Grüner im Wahlkreis geschafft hat. Er schnappte sich das Direktmandat. Noch mehr: Er toppte mit seinem persönlichen Ergebnis sogar den Landestrend. Er überzeugte durch seinen unermüdlichen Einsatz für die Kommunen im Wahlkreis, durch seine Geradlinigkeit und durch seine brillante Rhetorik bei öffentlichen Diskussionen. Der Vorwurf, er sei im Wahlkreis nicht präsent gewesen, ist falsch. Der 50-Jährige war bei zig Terminen und Veranstaltungen vor Ort. Allerdings schaffte er es nicht wirklich, Nähe zu den Bürgern herzustellen und auf sie zuzugehen. Renkonen ist kein Menschenfänger. Seine etwas spröde Art ist ihm wohl mit zum Verhängnis geworden. Renkonens Schwäche ist Toks Stärke. Der Murrer Kommunalpolitiker hat, seitdem er im März die Bombe platzen ließ, dass er gegen den Platzhirsch antreten werde, aktiv Wahlkampf betrieben – anders als Renkonen gerade auch in den sozialen Medien. Er ist aktiv auf Menschen zugegangen. Und so haben am Dienstag auch Leidenschaft und frischer Wind über Erfahrung und zurückliegende Erfolge gesiegt.

Tayfun Tok im Interview

Die Grünen gehen mit dieser Entscheidung ein Risiko bei der Wahl im März ein. Die neue Weichenstellung kann aber auch eine Chance sein. Auf Tok wartet so oder so jede Menge Arbeit. Er muss jetzt liefern und unter anderem beweisen, dass er – was die Sachthemen angeht – inhaltlich sicher ist und darüber hinaus die Menschen für sich und für grüne Politik begeistern kann. Dass er dabei auf digitale Möglichkeiten setzt, ist richtig und wichtig. Das hat sein in Coronazeiten initiierter digitaler Stammtisch gezeigt. Denn Nähe zu den Wählern ist längst mehr als die Präsenz bei Vor-Ort-Terminen oder das Ausharren am Wahlkampfstand auf dem Markt.