Daniel Renkonen (rechts) ist seinem Herausforderer Tayfun Tok unterlegen, will aber weiter im politischen Bereich tätig sein. Foto: / Kalb

Daniel Renkonen analysiert seine Abwahl. Herausforderer Tayfun Tok habe es besser geschafft zu mobilisieren und mit seiner emotionalen Bewerbungsrede das Herz der Mitglieder getroffen.

Murr - Der erste Schock ist verarbeitet. Zwei Tage nach der überraschenden Niederlage gegen seinen Herausforderer Tayfun Tok im Rennen um die Kandidatur bei der Landtagswahl für die Grünen im Wahlkreis Bietigheim gibt sich Daniel Renkonen gefasst. Er sei über sich selbst überrascht, wie er mit der Situation umgehe, sagt der 50-Jährige am Donnerstagmorgen im Gespräch mit unserer Zeitung. Mit drei Stimmen Vorsprung ging Tok am Dienstagabend als Sieger aus der Nominierungsveranstaltung in der alten Eishalle in Bietigheim hervor (wir berichteten).

Balsam für seine Seele, so Renkonen, sei eine Welle der Solidarität, die ihn seitdem erreiche. „Die positive Resonanz auf meine Arbeit – allen voran aus meiner Fraktion, aber auch von Gemeinderäten, Bürgermeistern und Mitgliedern aus den Ortsverbänden – bestärkt mich darin, dass ich so schlecht nicht gearbeitet haben kann.“ Zur Erinnerung: Bei der Wahl 2016 hatte er für seine Partei nicht nur erstmals das Direktmandat errungen, sondern mit seinen 32,06 Prozent Stimmenanteil sogar über dem Landesschnitt gelegen.

Doch der Sieg von damals war den rund 100 der insgesamt 200 Mitglieder aus den 21 Wahlkreisgemeinden offenbar nicht gewichtig genug. Sie haben die Weichen für die Wahl neu gestellt. 15 Minuten hatte jeder Bewerber, um die Mitglieder von sich zu überzeugen. Renkonen ging vor allem auf die klimapolitischen und verkehrlichen Errungenschaften der Landesregierung ein. Er erneuerte auch sein Bekenntnis zur Reaktivierung der Bottwartalbahn. Der 50-Jährige schwor seine Parteifreunde auf einen harten Wahlkampf gegen die CDU ein, die in den Umfragen vorne liegt.

Während Renkonen frei redete, hatte Tok ein Manuskript. Wo Renkonen mit vergangenen Erfolgen und zukünftigen Initiativen versuchte, an den Verstand der Mitglieder zu appellieren, zielte Tok eher auf das Herz. Als Migrantenspross einer alleinerziehenden Mutter und erster in seiner Familie mit Abitur wolle er als Beispiel für andere vorangehen. „Ich will zeigen, dass nicht alles perfekt ist bei uns, aber dass man es trotzdem schaffen kann.“ Schon im Vorfeld hatte der Familienvater in Elternzeit erklärt, dass die Grünen mehr seien als Klimapolitiker und auch Antworten auf die Bildungsungerechtigkeit geben müssten. Tok erklärte, er wolle ein Wahlkreisbüro eröffnen und sich mit den Ortsverbänden austauschen, gleichzeitig dafür sorgen, dass diese untereinander besser vernetzt seien.

Tayfun Tok im Interview

Gleich zu Beginn der Veranstaltung war Renkonen scharf kritisiert worden von einem Mitglied, weil er nach ihrer Ansicht nur bei Wahlen Basisarbeit erledige und sich sonst nicht groß um die Ortsverbände kümmere. Ein Vorwurf, den der50-Jährige noch immer nicht nachvollziehen kann. „Ich war viel im Wahlkreis unterwegs, ich habe alle Ortsverbände regelmäßig eingeladen, und ich habe alle regelmäßig in einem E-Mail-Verteiler über meine Arbeit im Landtag informiert.“

Warum hat es am Ende also nicht gereicht? Es sei müßig, über die Gründe zu spekulieren, sagt Renkonen. Im Vorfeld der Versammlung habe er große Rückendeckung durch die Ortsverbände erfahren, „aber am Dienstagabend waren dann viele, die mich unterstützen wollten, nicht da.“ Tok habe zudem mit Emotionalität gepunktet, resümiert der 50-Jährige. Insbesondere auch bei jungen Mitgliedern. „Man wollte offenbar einem jungen Mann mit Migrationshintergrund eine Chance geben.“ Alles in allem sei es seinem Herausforderer offensichtlich besser gelungen, Menschen zu mobilisieren, und Tok habe zudem mit seiner Rede wohl die Herzen der Mitglieder getroffen.

Nach der Wahl hatte Renkonen erklärt, er brauche ein paar Tage, um das Ergebnis sacken zu lassen und sich zu beraten. Jetzt steht fest: Er wird weiter im politischen Bereich arbeiten. „Was genau, kann ich noch nicht sagen. Da werden noch Gespräche geführt.“

Kommentar von Karin Götz