Foto: Christian Kempf

Der Fall in Kleinbottwar, wo ein Mann die Trauerfeier seiner verstorbenen Frau nicht in der Georgskirche ausrichten darf, hat Redaktionsleiterin Karin Götz beschäftigt. Sie findet, dass die Entscheidung des Kirchengemeinderats nicht dazu beiträgt, dass Kirche näher an die Bedürfnisse der Menschen heranrückt.

Steinheim-Kleinbottwar - Wenn ein geliebter Mensch stirbt ist nichts mehr wie es war. Als mein Vater vor fast genau acht Jahren diese Welt verließ, verlor ich den Halt. Ich taumelte durch den Alltag – immer knapp am Abgrund. Die Vorbereitung für die Beerdigung zog wie ein Film an mir vorbei. Man funktionierte und regelte, was zu regeln war. Ein Rad griff ins andere. Dank Menschen, die Organisatorisches abnahmen, aber auch Wünsche erfüllten. So hatte beispielsweise der Pfarrer der Gemeinde, in der meine Eltern lebten, nichts dagegen, dass nicht er, sondern der Kollege aus dem Nachbarort die Predigt hielt.

Seitdem ich Michael Vogts Geschichte gehört habe, treibt sie mich um. Was ist falsch und was richtig? Was überwiegt? Das Verständnis für die Position des Kirchengemeinderats oder das Unverständnis über das Festhalten an einem Grundsatzbeschluss? Ich bin überzeugt, dass die Kleinbottwarer Kirchengemeinderäte ihr Nein nicht getroffen haben, weil die Verstorbene nicht mehr Mitglied der Kirche war. Denn sonst würde ich an meiner Kirche beziehungsweise an den Menschen, die Kirche ausmachen, zweifeln und verzweifeln. Nein – ich glaube fest daran, dass das Gremium die Entscheidung, aus Sorge einen Grundsatzbeschluss zu missachten, getroffen hat. Grundsatzbeschlüsse können wichtig sein. Auch Regeln braucht es. Sie sollten aber nie den Blick verstellen auf den Einzelfall und auf die Bedürfnisse des Menschen.

Vor kurzem verbrachte ich einen Samstagvormittag bei der Bezirkssynode der evangelischen Landeskirche. Ein Morgen voller Berichte, Regularien und Zahlen. Eine Botschaft habe ich aber als unglaublich erfrischend und realitätsnah empfunden: Kirche muss sich mehr als bisher den Menschen zuwenden und kundenfreundlicher werden, forderte die Stuttgart Prälatin Gabriele Arnold. Sonst verliere man immer mehr Mitglieder – womöglich für Generationen.

Die Entscheidung des Kleinbottwarer Kirchengemeinderates trägt nicht dazu bei, dass Kirche näher an die Menschen und ihre Bedürfnisse heranrückt. Ja – natürlich wurde eine Aussegnungshalle gebaut. Natürlich ist die Entfernung zum Friedhof von der Kirche größer und stellt für ältere, weniger mobile Menschen möglicherweise eine Hürde dar. Aber warum kann die Trauerfamilie nicht entscheiden, ob die Argumente für sie greifen oder nicht? Kirche braucht den Mut, neue Wege zu gehen. Davon bin ich überzeugt. Dass auch die Kleinbottwarer möglicherweise neue Wege gehen, wenn das Thema auf die Agenda des neu gewählten Kirchengemeinderats kommt, ist ein Signal, das Hoffnung macht.

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