Foto: Symbolbild (dpa)

Damit ein Lastenrad der Stadt für Bürger eine echte Alternative bietet, muss noch gestrampelt werden.

Marbach - Ob Holdergassen-Durchfahrtsverbot, aktualisierte Stickoxidmesswerte, ein unübersichtlicher Schilderwald in der Güntterstraße oder Carsharing-Modelle mit Elektroautos – die Palette an Themen rund um den Straßenverkehr in Marbach könnte in diesen Tagen kaum bunter sein. Und doch ist sie zuletzt noch um eine Farbe reicher geworden. In der Stadt ploppte die Idee vom Lastenrad auf. Der Gedanke von Initiator Andreas Sieber, selbst ein Marbacher: Bürger können ihre Einkäufe mit einem von der Stadt zur Verfügung gestellten Fahrrad nach Hause kutschieren. Selbst ein paar der sonst so unhandlichen Getränkekisten finden Platz. Eine gute und praktische Idee zugleich! Das Auto bleibt stehen. Statt Benzin oder Diesel fließt nur Schweiß.

Andreas Hennings

Die Idee mit dem Lastenrad steckt in Marbach noch in den Kinderschuhen. Dass sie im Rathaus bereits auf offene Ohren gestoßen ist? Ein gutes Zeichen. Es ist auch zu wünschen, dass das Konzept aufgeht und mancher Bürger bald schon emsig durch die Gassen radelt. Um nicht nur ein paar wenige anzusprechen, wird es unumgänglich sein, auf einen E-Antrieb zu setzen. Schon die Topografie Marbachs wäre sonst für viele potenzielle Nutzer ein Totschlagargument. Eingekauft wird schließlich meist nahe dem Bahnhof – zu fast allen Wohngebieten geht’s von dort bergauf. Ob zur Schwabstraße, zum Kirchenweinberg, in die Altstadt, nach Marbach-Süd und gar ins Hörnle. Teils mit ordentlichen Steigungen. Ohne E-Antrieb überlegt man da noch genauer, wirklich aufs Rad zu steigen. Zumindest geht mir das so als einem, der in Höpfigheim wohnt, mittendrin in einem Kessel. Aber ein E-Bike soll es schließlich auch sein.

Entscheidend für den Erfolg des Lastenrads als echte Alternative wird in Marbach die Umsetzung und Organisation sein. Etwa, wo es stationiert ist. Muss ich einen längeren Fußmarsch auf mich nehmen, um das Rad zu erreichen – was kaum zu vermeiden sein wird –, steige ich vorher aus Bequemlichkeit vielleicht doch lieber ins Auto. Spätestens, wenn ich den Fußmarsch schon einmal bewältigt habe, um dann festzustellen, dass bereits ein Mitbürger mit dem Lastenrad unterwegs ist. Ich also unverrichteter Dinge zurücklaufen muss, um doch das Auto zu nehmen. Aber das müsste mit einer App in den Griff zu kriegen sein.

Dass im Lastenrad Potenzial steckt, signalisiert in diesen Tagen Münster als deutsche Fahrradhauptstadt. Von März an bezuschusst sie ihre Bewohner beim Kauf eines Lastenrads mit 500 Euro. Bei einem E-Lastenrad gar mit 1000 Euro. So weit ist man in Marbach freilich noch nicht. Hier wäre der Kauf der Stadt eines einzelnen Lastenrads als erster Schritt den Versuch aber allemal wert. Zumal für niemanden ein Nachteil entsteht und jeder in Ruhe solch ein Gefährt ausprobieren kann.

Wer in diesem Zug von weniger Autoverkehr träumt, dürfte allerdings enttäuscht werden. Für eine solche Veränderung genügen die Anschaffung und die Nutzung eines Lastenrads bei Weitem nicht – da wären mehr Idealismus und Motivation des Einzelnen gefragt. Für die meisten Kurzstrecken, die wir mit dem Auto fahren, bräuchte es schließlich kein Lastenrad. Für die würde unser gewöhnliches Fahrrad schon reichen.