Eins von drei Stadtmobil-Autos, die am Marbacher Bahnhof stehen: Kunden fahren mit Diesel, auch weil Carsharing-Wagen von Fahrverboten ausgenommen sind. Die Stadt Marbach hat an der Grabenstraße eine E-Ladesäule Foto: Oliver von Schaewen

Stadtmobil setzt nach wie vor auf Diesel, der Konkurrent Deer dringt mit E-Wagen voran.

Marbach - Das Carsharing boomt. Bundesweit nutzen nach Angaben des Online-Dienstes smarter-fahren.de rund 1,7  Millionen Autofahrer eine Flotte von 22 000 Fahrzeugen. Was aber die Nutzung von Elektrowagen angeht, scheint das Angebot zumindest im Raum Marbach und dem Bottwartal noch in den Kinderschuhen zu stecken. Zu wenig Nutzer können sich derzeit damit anfreunden. Trotzdem wird sich das E-Carsharing-Netz wohl langfristig verdichten – wenn Kommunen mitziehen.

Erste Gespräche mit der Stadt Marbach hat der Anbieter Stadtmobil geführt – doch blieben sie bisher ohne konkretes Ergebnis. Die drei Wagen der knallroten Flotte werden alle nach wie vor mit einem Verbrennungsmotor angetrieben. „Wir hatten im Jahr 2018 ein halbes Jahr lang ein Einkaufsverbot von Dieselfahrzeugen“, berichtet Markus Draxler, Vorstandsmitglied im Trägerverein von Stadtmobil. Jetzt rüste man die Flotte mit Euro-6d-Temp-Wagen nach. „Elektrofahrzeuge werden von unseren Kunden nicht so angenommen“, erklärt Draxler. Diese Erkenntnisse habe Stadtmobil an den Standorten in Stuttgart, Waiblingen und Ludwigsburg gesammelt. „Ein Opel Corsa am Waiblinger Postplatz hatte nach etwa drei Jahren dreimal so viel Kilometer wie der elektrobetriebene Renault Zoë, der neben ihm stand.“ Die Gründe für den Vorzug seien vielschichtig. „Manche haben vielleicht Bammel vor der Handhabung und vertrauen auf Bewährtes“, vermutet Draxler. Wahrscheinlich schrecke auch die geringere Reichweite der Elektrowagen ab. Auch koste das Laden an einer Säule Zeit – eine Tatsache, die sich bei Stadtmobil wirtschaftlich bemerkbar mache. Durch die etwa ein- bis eineinhalbstündigen Ladevorgänge vermindere sich die Ausleihfrequenz. „Ein Wagen kann nicht gleich weitervermietet werden – wir schaffen mit der Elektrotechnik nur halb so viele Vorgänge.“

Trotz der momentanen Flaute in dem Sektor will Stadtmobil laut Markus Draxler das Thema Elektroantrieb im Blick behalten. „Wenn unsere Kunden sagen, dass sie das wollen, werden wir die Wagen beschaffen.“ Dies setze Kooperationen mit Kommunen voraus. Draxler verweist auf die Plochingen. Die Stadt am Neckar habe einen Elektrowagen für das Carsharing haben wollen. Sie biete den Stellplatz an – im Gegenzug führt Stadtmobil einen Großteil des Ertrags an die Stadt für das Leasing des Fahrzeugs ab.

Die Stadt Marbach hat erst vor wenigen Wochen eine Schnellladesäule an der Grabenstraße in Betrieb genommen. Sie ist aber nicht an das Carsharing gebunden. „Bisher ist noch kein Carsharing-Betreiber mit einem konkreten Plan auf uns zugekommen“, berichtet der Ordnungsamtsleiter Andreas Seiberling. Die Stadt sei aber offen für Gespräche, da es in dem Bereich eine große Dynamik gebe. So erlaubt das Landesstraßengesetz seit dem 15. Februar, öffentliche Parkflächen als Sondernutzung für das Carsharing zu verwenden. „Eine solche Privatisierung war bisher problematisch“, erklärt Seiberling.

Als „ähnlich verkehrsgeplagt wie Marbach“ sieht der Freiberger Erste Beigeordnete Stefan Kegreiß seine Stadt an. „Wir wollen die Elektromobilität vorantreiben“, sagt er und erzählt von vier Ladesäulen, von denen zwei am Bahnhof, eine im Zentrum und eine in einem Gewerbegebiet stehen. Zusätzlich soll eine Schnellladesäule an der Ecke Bahnhofstraße/Stuttgarter Straße in Betrieb gehen. Kegreiß, auch Geschäftsführer der Freiberger Stadtwerke, ist offen für E-Carsharing-Konzepte. „Es war bisher noch kein Thema, aber wir überlegen, ob wir etwas anbieten können.“

In die Carsharing-Offensive mit Elektrowagen geht die Energie Calw GmbH mit ihrem Start-up-Unternehmen Deer. „Wir sind schon am Gaumentanz in Freiberg sowie in Sachsenheim vertreten – und werden unser Angebot im Landkreis Ludwigsburg noch ausbauen“, erklärt die Deer-Chefin Ricarda Becker. Erst kürzlich hatte das Unternehmen bekannt gegeben, seine Infrastruktur mit 60 Wagen und 130 Ladesäulen auszubauen. Binnen drei Jahren sollen 500 Elektroautos überall in der Region unterwegs sein. „Wir führen Gespräche mit Waiblingen und Weinstadt und möchten die Schneise zum Rems-Murr-Kreis in Marbach schließen“, sagt Becker und kündigt an, sich mit dem Marbacher Bürgermeister Jan Trost zusammensetzen zu wollen. Eine halbstationäre Anbindung des E-Carsharings habe sich bewährt. Kunden müssten nicht fürchten, unterwegs stehen zu bleiben. Ihr Unternehmen biete einen Rundum-Service, der verhindere, dass Kunden unterwegs liegen bleiben.