Die Rundwege sind eingeweiht worden. Foto: Ralf Poller

Der Marbacher Teilort wartet mit zwei neuen Rundwegen auf und hofft, trotz der Randlage des Ortes touristisch künftig besser vermarktet zu werden.

Roland Stickel ist in Rielingshausen als Mann der Tat bekannt. Der ehemalige Vorsitzende des Turnerbundes hat jetzt zwei Rundwanderwege konzipiert, die am 2800-Einwohner-Ort entlang führen: der eine nördlich, der andere südlich. „Es war ein steiniger und mühsamer Weg“, sagt Stickel angesichts gewisser bürokratischer Hemmnisse bei der Beschilderung. Doch er meint damit auch strukturelle Defizite und äußert Kritik in Richtung der Tourismusgemeinschaft Marbach-Bottwartal: „Wir haben hier mit den Wegen jetzt nur eine Insellösung, Rielingshausen ist die ganzen Jahre über touristisch vernachlässigt worden.“

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Im Marbacher Teilort gehört es auch 50 Jahre nach der Eingemeindung zur Tradition, das Engagement der Stadtverwaltung zumindest kritisch zu hinterfragen, wenn es um die Infrastruktur in Rielingshausen geht. „Die Tourismusgemeinschaft hatte uns nicht auf dem Schirm, als sie ein Konzept für die Wanderwege im Hardtwald konzipierte“, klagt Roland Stickel. Dabei biete der Ort eine durchaus attraktive Kulisse und Gastronomie am Hardtwald und in der Gemeindehalle mit großem Parkplatz. Auch gebe es kreative Obstbauern und Weingärtner.

Roland Stickel trat extra in den Schwäbischen Albverein ein

Die beiden Wanderwege sieht Stickel als Anfang. Er will auf eigene Faust Strukturen schaffen. Für die Umsetzung trat er in den Schwäbischen Albverein ein und tat sich mit Jürgen Mielebacher, dem Kassierer der Marbacher Ortsgruppe, zusammen. „Er hat die Wege technisch umgesetzt“, sagt Stickel, für den die beiden Wanderwege nördlich und südlich des Dorfes Ausgangspunkt für ein weitergehendes Wegenetz sind. Denn schließlich habe man versäumt, den Ort im Westen an Marbach und im Osten an Aspach anzuschließen. Stickel wünscht sich auch in der Außendarstellung eine Verbesserung.

Immerhin bieten sich für Ausflügler in Rielingshausen interessante Möglichkeiten. So locken Aussichtspunkte, die im Volksmund exotische Namen wie „Hawaii“ am 8,1 Kilometer langen Nordweg und „Akropolis“ am 6,9 Kilometer langen Südweg tragen. Während Spaziergänger auf dem Nordweg schattige Feldwege durch den Hardtwald wie auch sonnige Passagen entlang von Weinbergen und Obsthainen erleben, eröffnen sich auf dem Südweg herrliche Blicke über die Steillagen des Weinanbaus hinab in die Murraue. Und natürlich erscheinen die Ausblicke auf den Ort selbst auf beiden Wegen reizvoll.

Mit den Obstbauern wird schon zusammengearbeitet

Stickel beabsichtigt, dass dort bald mehr Weinerlebnis-Wanderungen stattfinden, so wie er auch schon im kleinen Rahmen im Frühling eine Erdbeeren-Verkostung und im Herbst eine andere mit Äpfeln gemeinsam mit den örtlichen Obstbauern Stirm und Eisenmann organisiert hat. „Da gilt mein Dank den Partnern.“ Und ein fröhlicher Kehraus im Biergarten des Turnerbund-Vereinsheims könnte Wanderern als Belohnung für ihre Mühen Beine machen.

Der Rielingshäuser Ortsvorsteher Jens Knittel findet die Initiative von Stickel und Mielebacher förderlich. „Unser Dorf ist kein Touristenmagnet“, räumt er ein, doch biete es mehr, als die Randlage im Kreis Ludwigsburg suggeriere. „Wir liegen am Schwäbisch-Fränkischen Wald – andere Kommunen der TG sind Mitglied in dem Verband“, sagt er und wünscht sich etwa, dass der Waldspielplatz ausgebaut werde. „Wir sind doch das grüne Herz von Marbach, aber leider werden wir oft vergessen.“ So habe der Ortschaftsrat die Wanderschilder aus seinem eigenen Budget finanziert. Und apropos Wald: Für junge Mountainbiker könnte sich Knittel dort in einer Randlage eine naturverträgliche Strecke vorstellen.

Tourismus-Fachfrau unterstützt die Rielingshäuser Bestrebungen

Kleine Orte in der Region Stuttgart werden – bei einer verteuerten Mobilität und Logis im Ferntourismus – an Bedeutung gewinnen, bestätigt Julia Essig-Grabnar, Leiterin der Tourismusgemeinschaft (TG) Marbach-Bottwartal. Rielingshausen sei nicht vergessen worden, doch musste sich die TG bei ihrer Wanderbroschüre mit einer Auflage von 5000 Exemplaren im Jahr 2020 auf die „Zugpferde“ am Wein-Lese-Wanderweg im Bottwartal beschränken – und dies seien nun mal der Hauptwanderweg durchs Bottwartal und die Rundwanderwege um die Kernkommunen. Klagen aus anderen Teilorten seien ihr nicht zu Ohren gekommen. „Wir nehmen aber solche Wege wie in Rielingshausen online in unser Angebot und in die Ortsbroschüre mit auf“, sagt sie und kündigt für die neue Tourismuskonzeption der Stadt Marbach ein verstärktes Augenmerk auf Rielingshausen und dessen Reize an – hier bestehe in der Tat Nachholbedarf. „Es ist sehr positiv, dass Herr Stickel und Herr Mielebacher die Wanderwege auch pflegen wollen.“ Dies gestalte sich bei solchen ausgeschilderten Wegen mittlerweile in vielen Fällen schwierig. Rielingshausen habe aber einiges zu bieten, insbesondere wenn Winzer, Obstbauern und die Gastronomie in einzelnen Projekten wie Wanderführungen miteinander kooperierten.