Büffeln statt Strand: auch in den Sommerferien werden manche Schüler die Schulbank drücken. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Wegen Corona gibt es nun freiwilligen Unterricht während der Sommerferien: Viele Schüler müssen Versäumtes nachholen. Das Angebot ist kostenlos. Indessen sind die Schülerinnen und Schüler unterschiedlich gut mit dem Online-Unterricht zurecht gekommen.

Kreis Ludwigsburg - Seine Schüler seien in der Woche vor Weihnachten für viele Monate ausgesperrt worden. Diese markanten Worte wählt der Leiter der Gottlieb-Daimler-Realschule in Ludwigsburg, Hartmut Meier, mit Blick auf das zweite Corona-Schuljahr, das jetzt zu Ende geht. Bis Pfingsten wurde an den Schulen im Land fast ausschließlich online unterrichtet. Das habe an seiner Schule zwar ganz gut geklappt, erklärt Meier, „aber nicht bei allen Schülern“. Deshalb seien die vom Land finanzierten sogenannten Lernbrücken, die während der Sommerferien angeboten werden, sehr wichtig. An der Daimler-Realschule seien heuer rund 130 der insgesamt etwa 750 Schüler für die Lernbrücken angemeldet, etwa ein Drittel mehr als im vorigen Schuljahr. Im Sommer 2020 seien sieben Lehrkräfte im Einsatz gewesen, nun werde mit elf geplant.

Angeboten werde dieser Extra-Unterricht während der Ferien unter anderem in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch sowie in Technik. Unterrichtet würden die Schüler von Lehrkräften des eigenen Kollegiums und von sogenannten Anwärtern, also von Lehrerinnen und Lehrern, die erst im neuen Schuljahr beginnen an der Realschule zu arbeiten. Viele Schüler seien gut durch die Monate des Online-Unterrichts gekommen, die Schule haben mehr als 100 Tablet-Computer ausgegeben. Doch für eine ganze Reihe von Kindern und Jugendlichen sei es unmöglich gewesen, „den inneren Schweinehund zu überwinden“ und täglich um 7.45 Uhr an den Computern zu sitzen. Bei manchen Schülern hatte sich der Tag-Nacht-Rhythmus „umgekehrt“, so Meier.

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Der Schulleiter erzählt, dass er von manchen Kindern und Jugendlichen mitunter erst gegen 4 Uhr am Morgen die erledigten Schularbeiten zugeschickt bekommen habe, „die waren nicht schon wach, sondern immer noch.“ Diese Kandidaten seien am Vormittag freilich „nicht am Start gewesen“. Manche Eltern haben berichtet, dass sie es nicht geschafft hätten, ihre Sprösslinge aus den Federn zu bekommen. Fast zwangsläufig seien hier und dort Lernlücken entstanden. Vielerorts soll nun mit den vom Land finanzierten Lernbrücken gegengesteuert werden. Die Teilnahme an dem Unterricht während der Ferien kostet die Schüler und die Eltern kein Geld.

Am Friedrich-Schiller-Gymnasium in Marbach (rund 2600 Schüler) sind für die Lernbrücken weniger Schüler angemeldet als im Vorjahr, dabei spielt laut Auskunft des Direktors Volker Müller „auch eine Rolle, dass das Fernlernen sehr gut funktioniert hat“. Bis dato seien 60 Kinder und Jugendliche in den Fächern Deutsch, Mathematik und in den Fremdsprachen vorgemerkt. Mehr Anmeldungen hat das Gymnasium indes für die Sommerschule, die seit vielen Jahren – völlig unabhängig von Corona – angeboten wird. Bislang gebe es „110 Kandidat*innen für unsere Sommerschule, die – organisiert von zwei Kolleg*innen – von älteren Schüler*innen für jüngere angeboten wird“, heißt es in einer E-Mail des Schulleiters, telefonisch ist er kaum zu erreichen. Angeboten würden zwei Zeiträume: Die ersten und die letzten beiden Ferienwochen, damit möglichst viele Schülerinnen und Schüler trotz der Urlaubsplanungen die Möglichkeit hätten, teilzunehmen. An der Sommerschule werden die Kinder einzeln beziehungsweise in Kleingruppen unterrichtet. Im Gegensatz zu den Lernbrücken ist die Marbacher Sommerschule allerdings nicht kostenfrei.

Schule, sagt der Rektor der Daimler-Realschule, sei viel mehr als Wissensvermittlung. Es gehe immer auch um die soziale Anbindung und darum, sich an Rituale zu gewöhnen – etwa an das Grüßen am Morgen. Den Umgang miteinander könnten die Kinder nur in der realen Welt lernen, nicht online im Internet. Hartmut Meier spricht mit Blick auf den Unterricht in Corona-Zeiten „von einem halben Jahr Schieflage“. Er wünsche sich, dass der Unterricht auch im kommenden Herbst und danach in Präsenz stattfindet, und dass die Schüler nicht wieder „weggesperrt werden“.

Nicht an allen Schulen

Schulamt
Das Staatliche Schulamt Ludwigsburg erklärt auf Anfrage, es sei nicht möglich zu sagen, ob die Lernlücken in dem jetzt zu Ende gehenden Schuljahr größer sind als im Vorjahr. Schülerinnen und Schüler, die von ihren Eltern für die Lernbrücken gemeldet wurden, erhielten ein entsprechendes Angebot. Dieses findet teilweise an der eigenen Schule statt, aber in Einzelfällen auch an einer benachbarten Schule. Lernbrücken sind also nicht an allen Schulen im Schulamtsbezirk eingerichtet. Die Einrichtung sei „im Zusammenhang mit dem Bedarf an den Schulen zu sehen, der vor Ort sehr unterschiedlich ist“.

Regierungspräsidium
Ein Sprecher des Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart, welches für die Gymnasien und die Beruflichen Schulen im Land zuständig ist, hat auf Anfrage erklärt, dass noch nicht klar sei, ob alle diese Schulen im Landkreis Ludwigsburg Lernbrücken anbieten.