Die Hemmschwelle, sich einem Antigen-Schnelltest zu unterziehen, ist für Kinder bei einem Lolli-Test niedriger als bei einem Nasenstüber-Test. Foto: dpa/Roland Weihrauch

Die Gemeinde Oberstenfeld prüft, ob sie Kinder ausschließt, deren Eltern einen Corona-Schnelltest für ihren Nachwuchs verweigern.

Kreis Ludwigsburg - Die Stadt Stuttgart ist vorgeprescht, andere Kommunen könnten nachziehen: Die Testpflicht für Kinder an Tagesstätten soll helfen, die Infektionszahlen der Corona-Pandemie nicht weiter ansteigen zu lassen. Angesichts in die Höhe geschnellter Werte in den vergangenen Tagen in der Region Stuttgart prüft nun auch die Gemeinde Oberstenfeld, ob sie die bislang freiwilligen Tests zur Pflicht erheben soll.

Wie ist die Ausgangslage in Oberstenfeld?

Die Gemeinde testet an den Kitas schon seit April 2020 mit Antigen-Tests auf freiwilliger Basis. „Die Kinder leiden viel in der Pandemie – wir ermöglichen ihnen, Freunde zu treffen“, sagt der Bürgermeister Markus Kleemann. Lolli-Tests seien für die Kinder viel angenehmer als Nasenstüber-Tests. Wichtig ist für die relativ finanzschwache Gemeinde dabei die Förderung des Landes. Es trägt 68  Prozent der Kosten bei Null- bis Dreijährigen sowie 30  Prozent für Drei- bis Siebenjährige. Der Gemeinderat beschloss am Donnerstag, neue Testkits bis Ende März 2022 zu bestellen. Das Land hat bisher nur eine Förderung bis Ende 2021 zugesagt. Für diesen Zeitraum trägt die Kommune für 8400 Lolli-Tests Eigenkosten von etwa 19 000 Euro.

Warum soll es nun eine Testpflicht für Kinder an den Kitas geben?

Die Gemeinderäte in Oberstenfeld verweisen auf die stark gestiegene Zahl der positiven PCR-Tests. Die laut Robert-Koch-Institut als Infektionen geltenden Positivtests werden als so bedrohlich wahrgenommen, dass keiner der Räte dem Vorschlag des Freien-Wähler-Fraktionschefs Michael Meder widersprach, eine Testpflicht an Kitas einzuführen. „Wir wären noch mehr auf der sicheren Seite“, sagt Meder. Der CDU-Rat Gert Friedrich will dabei auf das Hausrecht pochen: „Wenn Eltern ihr Kind nicht mit einem Lolli testen lassen, hat es auch kein Recht, in den Kindergarten zu gehen.“

Wie erfolgreich war die Testpraxis bisher?

Es gab bislang in der gesamten Zeit nur acht Coronafälle. „Wir haben bisher an die Vernunft der Eltern appelliert“, sagt der Hauptamtsleiter Hansjörg Neumann, der Bedenken gegen eine Testung im Kindergarten hegt. Denn dann müssten die Kinder draußen in der Kälte eine Viertelstunde auf ihr Ergebnis warten. Das möchte auch Bürgermeister Markus Kleemann auf gar keinen Fall, wie er am Freitag auf Nachfrage betonte: „Man könnte den Test auch zu Hause machen und das Ergebnis mitbringen.“ Kleemann kündigte Gespräche mit allen Beteiligten an, um die Testpflicht zu prüfen.

Wie verfahren andere Kommunen?

Die Stadt Stuttgart lässt alle Kita-Kinder zweimal wöchentlich testen. Die meisten Kinder hätten einen asymptomatischen oder leichten Coronaverlauf, in seltenen Fällen träten schwere Verläufe auf, weshalb die Testpflicht für das Betreten von Kindergärten richtig sei, hieß es von der Stuttgarter Verwaltung. Die Stadt Steinheim teste auf freiwilliger Basis, teilt Hauptamtsleiterin Ramona Senghaas mit. Und: „Die Tests werden angenommen.“ Eine 3-G-Pflicht für Erzieherinnen und Eltern, die eine Kita betreten, gebe es schon länger. Eigentlich überhaupt nicht getestet werden die Kita-Kinder in Murr. Nur wenn eine Gruppe wegen eines Falls geschlossen werde, stelle die Gemeinde den Eltern der Kindern aus den anderen Gruppen der jeweiligen Kita Tests zur Verfügung, berichtet die Hauptamtsleiterin Brigitte Keller.

Was meinen ein Hausarzt und das Gesundheitsamt zu einer Testpflicht an Kitas?

Kinder werden infiziert, aber selten krank, sagt Dr. Jürgen Wirth, Arzt aus Marbach. Sie könnten aber das Virus weitergeben. „Deshalb sind die Eltern am Zug: Sie sollten sich impfen lassen oder bereit sein, eine Corona-Infektion zu durchleiden.“ Wirth spricht sich gegen ständige Testungen an Kitas und Schulen aus: „Das hospitalisiert die Kinder, die dadurch Ängste entwickeln.“ Erwachsene sollten sich aber testen. Das Landratsamt Ludwigsburg sieht Kitas nicht als Pandemietreiber an. Der Umgang mit Schnelltests sei eine politische Entscheidung. Nutzen und Probleme seien abzuwägen. „Bei der aktuellen Lage, bei der wir im Landkreis relativ wenig Ausbrüche in Kitas verzeichnen, ein Kind nicht in die Einrichtung zu lassen, weil es eine Probenahme nicht toleriert, scheint uns unverhältnismäßig.“

Kommentar zum Thema: "Lolli-Test ja, Ausschluss nein!"