Timo Gräther (links) und Ralf Biehler in ihrem Weinkeller: Foto: avanti

Mit dem Weinwerk in Gronau leben Timo Gräther und Ralf Biehler ihren Jugendtraum vom eigenen Weingut. Unter anderem wird auch Birnensekt hergestellt.

Oberstenfeld-Gronau - So ein eigenes Weingut ist schon eine praktische Sache: Wenn man Wein mag, kann man einfach alles ausprobieren. Und damit ist nicht nur das Probieren des Weins selbst gemeint. Das natürlich auch. Aber im Falle von Timo Gräther und Ralf Biehler aus Gronau geht es auch um das schiere Experimentieren, um spannende Methoden und um neue Ideen.

Die beiden Männer, 49 und 46 Jahre alt, haben ihr Weinwerk Gronau vor 13 Jahren gegründet, ein Garagen-Weingut im wahrsten Wortsinn. Gemeinsam Wein getrunken haben die beiden schon weitaus länger. Schon als Jugendliche haben die Freunde sich für Rebsorten interessiert und viel probiert. Heute machen sie den Wein selbst – und zwar alles in Handarbeit und nebenher. Beruflich ist Biehler Abteilungsleiter in einem Industriebetrieb, Gräther Industriemechaniker und Chemisch-Technischer Assistent. Was den Weinbau angeht, sind sie Autodidakten mit Herzblut und 30 Jahren Trinkerfahrung. „Wir wissen, wie guter Wein schmeckt und wo wir hinwollen“, sagt Timo Gräther.

„Leider leer“

In der Garage von Ralf Biehler stehen die Presse, ein Rüttelpult und vieles mehr, hier lagern Flaschen und Weinkisten. Links geht es in einen kleinen Gewölbekeller mit drei kleinen Edelstahltanks und einem guten Dutzend Holzfässer. Auf einem steht „leider leer“. Die anderen sind gefüllt – unter anderem mit einer Weißwein-Cuvée aus Riesling, Muskateller und Sauvignon Blanc, mit Spätburgunder, Trollinger oder Cabernet Franc. „Für ein so kleines Weingut haben wir eigentlich sehr viele Sorten“, sagt Ralf Biehler. Sie alle wachsen auf insgesamt 70 Ar im Gronauer Berg und im Ochsenberg.

Und dann sind da noch die Birnbäume. Doch was tun mit all dem Obst? „Früher hat man eben Most oder Schnaps draus gemacht“, sagt Ralf Biehler. Irgendwo hat er dann gelesen, dass man auch Sekt daraus machen könnte. Bei einem Produzenten eben dieses prickelnden Getränks haben sich die beiden Gronauer „eingetrunken“. Und es dann selbst probiert. Mit dem Ergebnis, „dass uns die Flaschen im Keller explodiert sind“, räumen Biehler und Gräther ein. „Zu viel Zucker, zu viel Druck.“ Im Jahr darauf haben sie es nach dem Champagner-Verfahren probiert: die Werksbrause – ein Birnensekt – war geboren. Inzwischen gibt es auch „Heimatliebe“, einen Secco aus Birnenwein. Und den Pet Nat, einen spontan vergorenen Schaumwein, den Ralf Biehler händisch rüttelt und mit Trockeneis degorgiert, also entheft. 120 Flaschen sind es, die hier Jahr für Jahr aus einem Riesling entstehen. Gerade wird das Ganze auch bei einem Trollinger ausprobiert. Mitgebracht hat Biehler die Idee des Pet Nats aus einem Österreich-Urlaub zu einem Zeitpunkt, als die Methode hierzulande noch eher unbekannt war.

Rotweine werden nicht filtriert

„Wir sind absolut experimentierfreudig und probieren gern etwas Neues aus“, erklärt Timo Gräther. Zum Beispiel, was passiert, wenn man den Wein einfach nicht filtriert. Die Filtriererei haben sie bei all ihren Rotweinen inzwischen aufgegeben. Die Tropfen sind dann zwar nicht so klar und strahlend, aber haben deutlich mehr Geschmack. Beide lieben sie „fette Weine“, wie sie es ausdrücken. Deshalb haben sie auch Cabernet Franc gepflanzt, eine Sorte, die viel Wärme braucht. „Sollen wir das riskieren?“, fragten sich die beiden Männer im Vorfeld. „Da hatten wir schon Mores.“ Oder der Spätburgunder, eine empfindliche Diva unter den Rebsorten. „Der braucht viel Liebe“, sagt Timo Gräther.

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Aber er schmeckt halt. Besonders gut, wenn er richtig lange im Holzfass lag. Am Anfang hatten es die Gronauer mit sechs Monaten ausprobiert, inzwischen haben sie beim Rotwein auf 15 Monate und mehr Fasslagerung umgestellt und wollen diesen Schritt auch bei den Weißweinen gehen. Auch der Trollinger kommt ins Holzfass. Und auch hier wurde im Vorfeld experimentiert. Aus einem Portugal-Urlaub hat Ralf Bieler nämlich die Idee der maceration carbonique, die Kohlensäuremaischung, mitgebracht. „Das wollten wir selbst ausprobieren“, sagten sich die beiden und überschichteten die Trauben als Ganzes samt Stumpf und Stiel mit CO2. Bis zum Ende der Gärung wurden sie sich selbst überlassen. Am Ende steht ein heller, fruchtiger Trollinger mit viel Aroma. Trollinger steht übrigens nicht auf der Flasche, sondern „MC“, für die neue Methode. Oder, im Falle des normalen Trollingers: „Rotwein“. Was schlicht am schlechten Ruf der schwäbischsten aller Rebsorten liegt, erklären Timo Gräther und Ralf Biehler.

Immer wieder neue Ideen

Und am Ende ist das eigene Weingut doch auch praktisch, wenn es ums Ausprobieren im Sinne von Verkosten geht. Da kann man dann nämlich schauen, wie die Tropfen aus dem Garagen-Weingut im Vergleich zu anderen abschneiden. Und wahrscheinlich kommen Timo Gräther und Ralf Biehler dabei gleich wieder auf neue Ideen . . .