Die Testungen in den Marbacher Kindergärten werden derzeit auf freiwilliger Basis von den Eltern vorgenommen. Das möchte die SPD ändern. Foto: 7aktuell.de/Oskar Eyb

Marbacher Genossen zweifeln an Antigentests und teils auch an der Eigenverantwortung der Eltern. Ein Kindergarten wird aus Angst vor Ansteckungen wohl quasi boykottiert.

Marbach - Für Eltern, die ihre Zöglinge partout nicht auf Corona testen lassen wollen, könnte es in Marbach bald schon ungemütlich werden. Die SPD in Gemeinde- und Ortschaftsrat hat nämlich einen Antrag eingereicht, der erhebliche Konsequenzen für diese Mütter und Väter hätte. Die Sozialdemokraten fordern, verpflichtende PCR-Testungen in den Kindergärten einzuführen. Wer sich dem verweigert, soll seinen Nachwuchs nicht mehr in die Betreuungseinrichtungen schicken dürfen.

Verweis auf fehleranfällige Tests

Warum die SPD eine solche Verschärfung wünscht, hat Nikolai Häußermann am Montag im Rielingshäuser Ortschaftsrat erklärt. Er hob hervor, dass die derzeit auf freiwilliger Basis angewandten Schnelltests fehleranfällig seien und erinnerte an ein Beispiel aus dem Kindergarten Lauerbäumle. Dort sei nach einem Coronafall ein PCR-Pooltest veranlasst worden, der mehrere positive Befunde zutage gefördert habe. Die Schnelltests zuvor seien alle negativ ausgefallen. „An diesem Beispiel sieht man, wie wichtig PCR-Tests für die Sicherheit unserer Kinder und Eltern sind“, schlussfolgerte er. Der Sozialdemokrat führte aber noch ein weiteres Argument für eine Systemumstellung ins Feld: die mögliche Sorglosigkeit einzelner Eltern, in deren Verantwortung momentan die Testung liegt.

Höhere Dunkelziffer vermutet

Häußermann deutete an, dass sich dies nicht zuletzt im Kindergarten im Gässle in Rielingshausen zu einem Problem ausgewachsen habe. Dort hätten zuletzt drei PCR-Tests ein Positiv-Ergebnis angezeigt. „Und jeder, der im Gässle ist, weiß, dass die Dunkelziffer wohl etwas höher liegt. Deswegen schicken auch die meisten Eltern ihre Kinder nicht mehr dorthin“, berichtete Häußermann. In einer Gruppe, in der 25 Mädchen und Jungs betreut werden könnten, seien aus Angst vor einer Ansteckung derzeit nur fünf Kids. Diese Zahl bestätigt Franziska Wunschik, die Erste Beigeordnete der Stadt. Die andere Gruppe werde derzeit von acht Kindern besucht. Dass damit im Gässle lediglich 13 von 50 Plätzen belegt sind, hänge in der Tat teilweise mit der Angst der Eltern vor Ansteckungen zusammen. Einige Mädchen und Jungs fehlten aber wie in anderen Einrichtungen auch aktuell wegen Infekten, die der kalten Jahreszeit geschuldet seien.

Zweifel bei den Eltern geweckt

Beim ersten Coronafall, der in der Rielingshäuser Einrichtung aufgetreten war, seien zunächst die Eltern erkrankt, berichtet Häußermann auf Nachfrage. Im Anschluss sei auch bei ihrem Kind via PCR-Test eine Infektion nachgewiesen worden. Bis dahin sei das Virus aber unter Umständen schon gestreut worden. Diese Episode in Verbindung mit dem Umstand, dass in einschlägigen Foren Fake-News zu Corona verbreitet werden, wecke bei den Eltern zunehmend Zweifel, ob die Selbsttests wirklich bei allen zuhause durchgeführt werden und ob die Antigen-Tests tatsächlich der Weisheit letzter Schluss sind. „Es ist aber nur eine kleine Minderheit, die es mit den Tests allem Anschein nach nicht so genau nimmt. Die Mehrheit der Eltern ist vernünftig. Aber wahrscheinlich hat eine kritische Haltung gegen die Coronapolitik schon einen Einfluss darauf, inwieweit die Tests mit der notwendigen Ernsthaftigkeit durchgeführt werden“, so der SPD-Mann.

Ortsvorsteher erkennt keine Bewegung

Ortsvorsteher Jens Knittel hat gleichwohl nicht den Eindruck, dass sich in Rielingshausen eine größere Querdenker-Szene gebildet hat, die dann womöglich auch einige Eltern schalu macht. Ja, es gebe wohl einzelne Köpfe im Ort, die die Coronapolitik der Regierung infrage stellen, „aber eine Bewegung kann ich nicht erkennen“.

Müttern und Vätern das Vertrauen zurückgeben

Tatsache ist jedenfalls, dass die Tests in den Kindergärten derzeit auf freiwilliger Basis vorgenommen werden und somit ein Schlupfloch offen bliebe. Und das, findet die SPD, muss nicht sein und könnte durch den Umstieg auf die verpflichtende und verlässlichere PCR-Testung geschlossen werden. Damit, betont Häußermann, würde man den Müttern und Vätern auch das Vertrauen zurückgeben, „ihr Kind mit einem guten Gefühl in den Kindergarten zu schicken“.

Verwaltung offen für Testpflicht

Beim Bürgermeister Jan Trost rennen die Sozialdemokraten mit ihrem Vorstoß offene Türen ein. „Wir als Verwaltung stehen einer Testpflicht sehr aufgeschlossen gegenüber“, sagt er. „Es besteht aber noch einiges an Klärungsbedarf, wie sich das umsetzen lässt“, betont Trost, der auch schon von der Sondersituation im Kindergarten im Gässle gehört hat. „Es gibt dort gewisse Bestrebungen mancher Eltern, die Coronamaßnahmen nicht so anzuerkennen, wie es der Gesetzgeber vorsieht“, sagt er. Wobei man auch in Marbach vereinzelt Kindergärten habe, in denen Eltern das Testen ablehnten.

Bis zu drei Testungen möglich

Zwei Kits werden pro Woche an die Mütter und Väter ausgegeben, auf Wunsch auch drei, erklärt die Erste Beigeordnete Franziska Wunschik das momentane Prozedere. Die Testung werde zuhause von den Eltern vorgenommen. Gab es einen positiven Coronafall in einer Gruppe, sei aber für die übrigen Kinder erst ein offiziell beglaubigter Test und vier weitere Tage ein negativer Schnelltest zum Kindergartenbesuch erforderlich.

Im Landkreis Sigmaringen wirkt eine Allgemeinverfügung

Offene Fragen
Ob eine PCR-Testpflicht in den Marbacher Kitas möglich wäre, ist ungewiss. Man habe dem Land Fragen geschickt, aber bis dato keine Antwort erhalten, sagt die Erste Beigeordnete Franziska Wunschik.

Ein Urteil
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem ähnlich gelagerten Fall einer Mutter Recht gegeben, die sich gegen den Ausschluss ihres Kindes gewehrt hatte, nachdem die Stadt Mengen im Landkreis Sigmaringen eine PCR-Pooltestung zur Voraussetzung für einen Kindergartenbesuch gemacht hatte. „Das Urteil hat erst einmal nur Auswirkungen für die Beteiligten“, sagt zwar Pressesprecher Matthias Hettich. Man erwarte grundsätzlich aber schon, dass die allgemeinen Aussagen zu solchen Beschlüssen von den Verwaltungen übernommen werden.

Die neue Verfügung
Das Landratsamt Sigmaringen ist allerdings der Stadt Mengen nach dem Urteil des VGH gewissermaßen zur Seite gesprungen und hat eine Allgemeinverfügung erlassen, die es den Kommunen im Kreis erlaubt, eine Testpflicht zur Voraussetzung für den Kitabesuch zu machen. Das Wie bleibt den Gemeinden selbst überlassen. Mengen hat sich für die PCR-Pooltestung entschieden. Die Rechtsgrundlage für eine Allgemeinverfügung leite sich aus Paragraf 20 der Corona-Hauptverordnung ab, wonach die zuständigen Behörden weitergehende Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen erlassen können, erklärt Fabian Schmidt, Pressesprecher des Kultusministeriums.