Foto: 7aktuell

Rund 100 Einsatzkräfte haben Schlimmeres verhindert.  Bewohner des ausgebrannten Hauses sind bei Freunden oder in städtischen Unterkünften untergekommen.

Marbach - Die Nacht von Freitag auf Samstag wird Ekkehard Graf, Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Marbach, so schnell nicht vergessen. Feuer und Rauch im Eingangsbereich der Stadtkirche lautete die Meldung, die den Geistlichen, der ehrenamtlich Dienst bei der Marbacher Feuerwehr leistet, sofort in Alarmbereitschaft versetzte. In einem automatischen Reflex schnappte Graf, bevor er sich zum Feuerwehrgerätehaus aufmachte, nach dem Schlüssel für die Stadtkirche. 

In der Altstadt angekommen war jedoch schnell klar, dass nicht das Gebäude Niklastorstraße 5, also die Stadtkirche, sondern das Gebäude Niklastorstraße 11 in Vollbrand steht. „Ich bin mit einem Trupp ins Gebäude, um zunächst einmal nach Personen zu suchen. Es war eine extreme Rauchentwicklung“, berichtet Graf am Sonntagmittag im Gespräch mit unserer Zeitung. Ausgelöst hatte den Einsatz von rund 100 Kräften in der Altstadt ein 42-Jähriger, der nach Informationen unserer Zeitung selbst in dem Wohnhaus   lebt und in einem psychischen Ausnahmezustand offenbar seine Wohnung in Brand setzte sowie  weitere  selbst gebaute Brandsätze sowohl gegen die Stadtkirche als auch gegen die Eingangstür des Polizeireviers in der Steinerstraße warf. 

In der Dramatik der Situation, in der es um das Leben von Menschen ging,  habe er zunächst gar nicht mehr an den Kirchenschlüssel in seiner Tasche gedacht, so Dekan Ekkehard Graf. „Die Bewohner des Hauses werden für lange Zeit nicht mehr zurück in ihre Wohnungen können. Das ist schlimm.“ Dennoch sei die Erleichterung darüber, dass es zwar Verletzte gebe, aber niemand zu Tode gekommen sei ebenso groß wie die, dass der mutmaßliche Täter gleich gefasst werden konnte. „Und ich freue mich auch darüber, dass sich der mutmaßliche Täter offenbar in einem psychischen Ausnahmezustand befand, aber keine kriminelle Energie hatte, denn dann hätte er die Scheibe der Stadtkirche eingeschlagen und einen Brandsatz hinein geworfen.“ 

Mehr zum Thema 

Dankbar ist der Dekan einem aufmerksamen Nachbar, der am Marktbrunnen offenbar Eimer mit Wasser gefüllt hat, um  Schlimmeres an der Stadtkirche zu verhindern und es den Feuerwehrkräften ermöglichte, sich um den Vollbrand zu kümmern. Ekkehard Graf: „Wir als Kirchengemeinde würden uns gerne bedanken, aber wir wissen leider nicht, wer es war.“ 
Am Samstagvormittag hatte sich die Situation in der Altstadt entspannt. Gegen 11 Uhr beendet die Feuerwehr ihre Brandwache. Den Anwohnern stand der Schock jedoch noch immer in den Gesichtern.  „Es hätte auch uns treffen können. Ich bin wirklich froh, dass der Täter gefasst ist“, sagt ein Nachbar. Ein anderer war nachts gegen 3 Uhr vom Lärm auf der Straße aufgewacht und hatte den Brand gesehen. „Meine Frau hat sofort die Feuerwehr verständigt“, berichtet er. 

Schockiert ist auch Bürgermeister Jan Trost. Kurz vor 3.30 Uhr wurde er telefonisch informiert. Vor Ort macht sich der Stadtchef ein Bild von der Situation. Er sei froh, dass alles recht glimpflich ausgegangen sei, so Trost. Das habe man der guten Arbeit und Zusammenarbeit der Einsatzkräfte zu verdanken.  Leicht hätten die Flammen auf die umstehenden Gebäude übergehen können, was aber „gottseidank nicht der Fall war“. Ordnungsamtsleiter Andreas Seiberling und seine Mannschaft kümmerten sich  derweil um die Unterbringung der betroffenen Bewohner. Einige konnten zu Freunden und Bekannten, andere haben in städtischen Unterkünften Platz gefunden.