Ende des Jahres soll das Jugendhausgebäude fertig sein. Foto: KS-Images.de

Designer-Unikate für das neue Steinheimer Jugendhaus – das muss nicht sein.

Steinheim - Im April 2018 haben die Steinheimer Räte den Beschluss gefasst, ein neues Jugendhaus zu bauen. Eine richtige und wichtige Entscheidung. 1,5 Millionen Euro investiert die Stadt in den Neubau. Das ist viel Geld, aber es geht auch teurer. Das zeigt der Blick nach Murr, wo gerade ein Jugendhaus für 2,5 Millionen Euro errichtet wird. Doch zurück nach Steinheim. Dort lief bislang alles nach Plan. Ende des Jahres soll das Gebäude fertig sein, auch die geplanten Gesamtkosten können gehalten werden. Mit Blick auf die aktuelle konjunkturelle Situation ist das eine positive Nachricht, die zu einem gewichtigen Teil Projektleiter Frank Fussenegger zu verdanken ist. Nach der Trennung vom externen Planungsbüro vergangenes Jahr hatte er das Ruder übernommen und sowohl die Architekten- als auch die Amtsleiterrolle ausgefüllt. Sehr gut ausgefüllt.

Mit der Vorlage zur Vergabe der Einrichtungselemente in der jüngsten Sitzung des technischen Ausschusses ist der engagierte Bauamtsleiter jedoch etwas übers Ziel hinaus geschossen. Geht es nach Fussenegger, respektive der Verwaltung, erhält ein Einrichtungshaus mit angeschlossener Schreinerei aus Bad Boll den Zuschlag für das Interieur. Knapp 53 000 Euro soll der Spaß kosten. 5500 Euro davon sind Planungskosten, allein 21 000 Euro verschlingen jedoch ein großes und ein kleines Lounge-Sofa mit einem PC-Arbeitsplatz. Der Hinweis, dass die Möbel Sonderanfertigungen sind und mit Blick auf die Haltbarkeit gewissen Qualitätsanforderungen standhalten sollten, lindert mein Unverständnis nicht wirklich. Auch der Blick auf die Entwürfe stimmen nicht milde. Über Geschmack lässt sich streiten und an der schwarzen Zebracouch-Landschaft will ich meine Kritik nicht festmachen. Wobei die Designer-Unikate dennoch eher in einem Luxushotel als in einem Jugendhaus zu verorten sind. Die S Jugendlichen sollen sich in ihrem neuen Domizil wohlfühlen, aber braucht es dafür allen Ernstes Chill-Inseln für 21 000 Euro? Nein, braucht es nicht. Und selbst wenn im Haushalt 50 000 Euro für den Posten „Einrichtungsgegenstände“ zur Verfügung stehen, heißt das nicht, dass sie auch ausgegeben werden müssen.

Unglücklich und nicht nachvollziehbar ist zudem, dass ein Unternehmen aus Bad Boll den Zuschlag erhalten sollte und man die Profis vor der Haustür außen vor ließ. Und das obwohl die Stadt auf ihrer Homepage damit wirbt, dass Steinheim bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts über die Landesgrenzen hinaus als Schwerpunkt der süddeutschen Sitzmöbelindustrie bekannt ist. Der Erste Beigeordnete der Stadt Steinheim, Norbert Gundelsweiler, hat reagiert und den Antrag zurückgezogen. Die Arbeiten werden ausgeschrieben. Das ist gut – auch wenn damit Zeit verloren wird. Nicht gut ist allerdings, dass die Information, das geplante Interieur sei nicht nach dem Geschmack des Jugendhaus-Teams, erst in der Sitzung am Dienstag seitens der Freien Wähler an die Verwaltung herangetragen wurde. Das versichern Rathauschef, Bauamtsleiter und Beigeordneter unisono. Auch in der zweitägigen Klausur vergangenes Wochenende sei nichts dergleichen geäußert worden, betont Bürgermeister Thomas Winterhalter. Frank Fussenegger berichtet sogar von positiven Rückmeldungen in der Projektgruppe, in der die Fraktionen Vertreter haben. Sollte die Verwaltung bewusst vorgeführt werden, wäre das schlechter Stil.