Das Praxisteam der Zahnärzte am Rosenweg geht neue Wege. Foto: VKS

Die Zahnärzte am Rosenweg in Kirchberg sind seit Oktober Typisierungsstützpunkt für Knochenmarkspender.

Kirchberg - Es gibt Momente, die verändern das Leben schlagartig. Ein solcher trifft in Deutschland alle 16 Minuten einen Menschen: die Diagnose Blutkrebs. Oftmals ist dann eine Knochenmark- oder Stammzellspende die einzige Hoffnung. Doch dafür muss zunächst der genetische Zwilling des Patienten gefunden werden. Genau hier setzt die Arbeit von Vereinen wie dem VKS (Verein für Knochenmark- und Stammzellspenden) an, der mit der DKMS und anderen Organisationen eine Datenbank an potenziellen Lebensrettern erstellt. Das geschieht üblicherweise durch Typisierungsaktionen – oder ganz einfach beim nächsten Zahnarztbesuch!

Die Zahnärzte am Rosenweg in Kirchberg beschreiten nämlich einen neuen Weg und gelten seit dem 1. Oktober als ständiger Typisierungsstützpunkt. Und das sei ja eigentlich naheliegend, wie die Initiatorin des Projekts und Praxismanagerin Nina Glaser feststellt: „Die Leute sitzen eh schon mit geöffnetem Mund bei uns auf dem Stuhl.“ Der Wangenabstrich ist dann nur noch eine Sache von wenigen Sekunden – die aber vielleicht einem Menschen das Leben retten.

Die Idee zur Einrichtung eines Stützpunktes entstand bei einer klassischen Typisierungsaktion, die Nina Glaser auf besondere Weise naheging: „Ein Bekannter von mir war an Leukämie erkrankt.“ Tausende Menschen bewegte das Schicksal des Familienvaters, die darauf in die Halle der Partnerstadt Weissach im Tal strömten. Mittendrin: Nina Glaser und ihr Chef, Dr. Wulf Kramer, die bei der Registrierung mit anpackten. Und tatsächlich konnte letzten Endes auch ein passender Spender gefunden werden: „Heute ist er wieder auf den Beinen und recht fit.“

Und auch bei den Helfern hat dieser Einsatz noch lange nachgewirkt. „Es war wie ein Paradigmenwechsel, der deutlich gemacht hat, wie vergänglich alles ist“, so Kramer. „Es hat mir aber auch gezeigt, wie einfach es sein kann, einem anderen Menschen zu helfen.“

Vertreter des Vereins VKS hatten ihn dann auch bereits im Januar auf die Möglichkeit angesprochen, in seiner Praxis eine dauerhafte Typisierungsmöglichkeit zu bieten. Und für seine Mitarbeiterin Nina Glaser stand schnell fest, dass sie dies umsetzen möchte. Durch Corona musste aber noch gewartet werden. Eigentlich sind feste Termine in der Woche geplant, aktuell werden diese aber individuell nach Telefonabsprache angeboten „Wir werden dann die Resonanz abwarten und das eventuell ausbauen“, so Glaser. Dabei ist jeder willkommen. Das Angebot ist nicht auf die Patienten der Praxis beschränkt, ergänzt Kramer: „Es geht uns auch nicht darum, Leute anzuwerben.“

Knochenmarkspender werden kann jeder im Alter zwischen 17 und 55 Jahren, der weitgehend gesund ist. Die Typisierung ist außerdem kostenfrei. Wichtig sei ihr aber eines, so Nina Glaser: „Wenn ich mich als Spender registrieren lasse, sollte ich auch dazu bereit sein, im Ernstfall zu spenden.“ Damit sollte sich jeder schon im Vorfeld auseinandersetzen. Allerdings gibt es auch viele Sorgen und Befürchtungen, die überholt sind wie Wulf Kramer weiß: „In über 80 Prozent der Fällen können die Stammzellen durch eine Blutwäsche gewonnen werden.“ Eine Operation am Becken – und nicht etwa am Rückenmark - ist nur selten nötig. „Außerdem werden die Spender durch den Verein rund um die Uhr begleitet und betreut.“

Mit dem Typisierungsstützpunkt in ihrer Praxis leistet die Kirchberger Praxis Pionierarbeit. Die nächsten öffentlichen Stützpunkte befinden sich erst wieder in Stuttgart, Augsburg und Mannheim. „Es ging uns auch darum, dass sich die Idee weiter verbreitet“, so Nina Glaser. Schön wäre es, wenn sich weitere Mediziner im ländlichen Raum anschließen würden. Dr. Wulf Kramer ist jedenfalls schon gespannt auf die Erweiterung des Angebots, wie er mit einem Augenzwinkern erklärt: „Die Wangen in den Fokus zu nehmen ist für mich auch etwas was Neues.“ Als kleiner Bonus können die Lebensretter auch verkünden: Er hat gar nicht gebohrt!

Wer die Typisierung  nutzen möchte, kann unter der Telefonnummer  0 71 44 / 3 73 64 direkt einen Termin bei den Zahnärzten am Rosenweg vereinbaren. Praxen, die selbst zum Typisierungsstützpunkt werden wollen, können sich an  Manda Stöckel vom VKS via m.stoeckel@vks-deutschland.de wenden.