Die Christbaum-Saison ist angelaufen. Foto: KS-Images.de / Karsten Schmalz/Karsten Schmalz

Auch in Rielingshausen werden Bäume für das Weihnachtsfest angepflanzt. Familie Stirm kümmert sich um die nadeligen Freunde bereits seit fünf Jahrzehnten.

Familie Stirm sitzt wieder einmal in den Startlöchern: Die Christbaum-Saison ist angelaufen. Die meisten Deutschen wollen, wenn es im Wohnzimmer nach Bratapfel und Zimtsternen duftet, und die Kinder „Oh Tannenbaum“ singen, auch ein Original davon im Haus stehen haben. „Am besten welche, die kaum Nadeln abwerfen“, weiß Geschäftsführer und Obstbauer Jürgen Stirm. Sein Vater Walter hat bereits im Jahr 1969 damit begonnen, Christbäume zu pflanzen. Der damalige Förster Jäckle brachte ihn auf diese Idee, die noch auf dem Gelände der Bugmühle ihre Anfänge nahm. „Zehntausend Setzlinge waren es“ erinnert sich der Senior voller Stolz.

Er bekam das dazugehörige Feld von seiner Schwiegermutter. „Hauptsächlich Fichten, Kiefern, aber auch Blaufichten, waren es. Und zehn Nordmanntannen“, ergänzt Stirm lächelnd, der den Versuch mit der Tanne, die ursprünglich aus dem Kaukasus stammt, beherzt wagte. „Sie wuchs gleich so schön, dass wir ganz begeistert waren“, erinnert sich der wackere Senior. Dass die Nordmanntanne aber zum Star der Weihnachtsbäume avancieren würde, das hätte die Familie damals nicht gedacht. Doch der Baum hat viele seiner Kollegen an den Rand gedrängt. „Bei uns macht er einen Anteil von bis zu 70 Prozent aus“, weiß Jürgen Stirm, der aber auch Colorado-Tannen, Rotfichten und Kiefernbäume im Angebot hat. Die Kiefer wiederum ist für spezielle Liebhaber. „Wir haben Stammkunden, die sie unbedingt wollen. Meist aber brauchen wir nur die Kiefernzweige: als Tannenwedel.“

„Anfangs habe ich mir immer noch notiert, wie viele Bäume von welcher Art verkauft wurden. Dementsprechend wurden neue gepflanzt“, erinnert sich Vater Stirm. Doch weil nicht alle Setzlinge anschlagen und wachsen, müssen es auch heute immer ein paar Jungpflanzen mehr sein, die den Weg in die Erde finden. Zudem gibt es auch in der Anlage Feinde: Junge Bäume gehen schon mal kaputt, wenn der Rehbock über sie fegt. Soll heißen, dass die Tiere ihre Geweihe allzu gern an den Bäumen reiben.

Bereits seit Anfang November werden die grünen Freunde aus der Kultur nachgefragt und stets frisch geschlagen: „Etwa für Geschäftsleute, die sie zur weihnachtlichen Dekoration brauchen.“ Es kommen aber auch Kunden, die die Bäume in der Adventszeit in den Garten stellen. Dafür ist besonders die serbische Fichte gefragt. Die meisten Christbäume aber wechseln bei den Stirms in der Zeit zwischen dem zweiten und vierten Advent den Besitzer. Doch egal für welche Art von Baum die Kunden sich entscheiden; für alle Christbäume gilt: „Wir verwenden keine Pflanzenschutzmittel und keine Herbizide“, betonen Vater und Sohn wie aus einem Munde. Doch diese Philosophie macht den Anbau teurer: „Weil wir Gräser und Unkraut nicht mittels Chemie einfach blank machen, müssen wir von Hand ausmähen. Mit der Sense, damit die kleinen Pflanzen genügend Licht bekommen“, so Jürgen Stirm. Gerade dieses Bewusstsein jedoch schätzen die Kunden. Die Ware wird deshalb ausschließlich auf dem Hof verkauft – und nicht an den Handel weitergegeben.

Ein Besuch in der Christbaumkultur nahe dem Steinheimer Lehrhof zeigt, dass die Bäume in einer Art Familienverbund aufwachsen: Kleine, mittlere und große. Einer ist schöner, als der andere. Aber es gibt auch Schwächlinge darunter: die Nobilistanne etwa. „Sie mag den Standort hier nicht“, hat Walter Stirm die Ursache erkannt, die im zu hohen Calciumgehalt des Muschelkalkbodens zu finden sei. „Sie bekommt dadurch oft braune Stellen.“ Die Tannenart jedoch bildet wunderschöne Zweige aus, die besonders häufig für Kränze verwendet werden. Doch andere Wald-Bewohner lieben den Boden dagegen sehr: Pilze, die Vater Stirm nicht kennt, die aber „unsere rumänischen Helfer gerne verspeisen“. Und es gibt Tiere, die sich ganz bewusst in die Nähe der Christbäume begeben. Besonders in die der stacheligen Sorte wie etwa der Blaufichte: „Kleinere Vögel nisten mit Vorliebe darin, weil sie sich vor den Raubvögeln sicher wissen.“

Bei der Christbaumzucht wird stets darauf geachtet, dass die drei Hauptkomponenten Licht, Wasser und Luft in ausreichendem Maß für die Sämlinge vorhanden sind. Auf die Plantage kommen keine veredelten, also geklonte Pflanzen in den Boden, sondern Zweijährige aus Samen, die gehegt und gepflegt werden, damit sie stolze Bäume werden. Manche dürfen dann drei oder mehr Meter lang werden. Eine Nordmanntanne aber braucht dafür rund zehn bis zwölf Jahre. „An den Jahresringen lässt es sich gut erkennen“, demonstriert Jürgen Stirm an einem gar prachtvollen Nordmann-Exemplar.