Eventuell wird im Keltergrund mit einem hochmodernen Heizungssystem operiert. Foto: Werner Kuhnle

Der Ortschaftsrat denkt darüber nach, wie die Häuser im Neubaugebiet Keltergrund mit Wärme beliefert werden könnten. Ein Ansatz wäre, eine Heizzentrale zu installieren.

Marbach-Rielingshausen - Hans Martin Gündner hat im Dezember mit einem Impulsvortrag den Stein ins Rollen gebracht. Der Vorsitzende des Marbacher Solarvereins präsentierte im Ortschaftsrat ein Grobkonzept für ein ökologisches Nahwärmenetz, das er sich so oder so ähnlich auch für das Neubaugebiet im Stadtteil wünschen würde – vor allem, um die CO2-Bilanz zu verbessern. Drei Beispiele aus anderen Kommunen haben dem Rielingshäuser Gremium nun vor Augen geführt, dass ein solcher Ansatz nicht nur auf dem Papier funktioniert, sondern auch in der Praxis. Ob sich die Lösungsvorschläge allerdings eins zu eins übertragen lassen und überhaupt forciert werden sollen, muss die Zukunft zeigen. Jetzt schon eine Diskussion darüber zu führen, betonte der Ortsvorsteher Jens Knittel in der Sitzung am Montag, würde den Rahmen sprengen.

Zugleich machte Knittel deutlich, dass er es begrüßen würde, wenn im Keltergrund auf ein hochmodernes, umweltschonendes System gesetzt würde. „Für mich waren die drei Vorträge so, dass ich mir überhaupt nicht mehr vorstellen kann, dass jemand daran zweifelt, dass man zukünftige Bauprojekte in der Art und Weise entwickeln muss“, erklärte er. Bestärkt wurde er in dieser Einschätzung vermutlich auch dadurch, dass die drei vorgestellten Projekte aus dem hessischen Bad Nauheim, dem fränkischen Haßfurth sowie aus Wüstenrot im Kreis Heilbronn in Quartieren verwirklicht wurden, die ähnliche Dimensionen haben wie der Keltergrund oder sich zumindest auf kleinere Gebiete herunterbrechen lassen. Das Grundprinzip war dabei jeweils vergleichbar: In den Wohnvierteln wird eine zentrale Anlage positioniert. Über Leitungen im Erdreich wird dann die Energie zu den Häusern befördert, deren Bewohner sich somit nicht mehr um den Aufbau eigener Systeme kümmern müssen. Im Detail gibt es aber natürlich durchaus Unterschiede.

In Bad Nauheim vertraut man auf kalte Nahwärme. Das mag für ein Heizsystem zunächst paradox klingen, ist aber praktikabel. Wie Peter Drausnigg, Geschäftsführer der Stadtwerke in der hessischen Kommune, berichtete, sei im Boden ein großes Kollektorfeld versenkt worden. Über dieses könne der Erde, die eine konstante Temperatur von um die zehn Grad hat, Wärme abgerungen werden. Die vergleichsweise niedrigen Gradzahlen haben den Vorteil, dass beim Transport zu den Häusern keine Wärme verloren geht. In den Gebäuden selbst wird die Wassertemperatur via Wärmepumpe auf das erforderliche Niveau gehoben – oder auch nicht, und man setzt das System ein, um die Zimmer zu kühlen. Drausnigg betonte, dass man sich mit diesem Modell gegen die Konkurrenz am Markt behaupten und mehr als 90 Prozent der potenziellen Kunden gewinnen konnte. Obendrein sei mit dieser Innovation auch ein Imagegewinn für die Stadt einhergegangen. „Vielleicht gibt es ja auch im Keltergrund Flächen für einen solchen Kollektor“, sagte Drausnigg. Ein Ball, den Jochen Biesinger von der CDU aufnahm und meinte, sich die Boden-Klima-Tauscher unter dem geplanten Spielplatz vorstellen zu können.

Auf oberflächennaher Geothermie fußt auch das Projekt in einem Neubaugebiet in Wüstenrot, das Dirk Pietruschka von der Hochschule für Technik in Stuttgart skizzierte. Die Kollektoren sind hier ebenfalls in etwa zwei Metern Tiefe vergraben, die Häuser an das Netz angedockt. Direkt in den einzelnen Gebäuden wird via Wärmepumpe wiederum die Temperatur auf das gewünschte Maß geschraubt. Zusätzlich gehört zum Konzept, dass auf die Häuser Fotovoltaikanlagen montiert werden, über die der Strom für die Pumpen generiert werden kann.

In Haßfurth, beim dritten vorgestellten Projekt, wird die Energie in der Heizzentrale vornehmlich über ein Blockheizkraftwerk gewonnen, das perspektivisch zu 100 Prozent mit Wasserstoff betrieben werden soll. Darüber hinaus werden Sonnenkollektoren zur Wärmegewinnung hinzugezogen. Im Sommer wird das Wasser mit einer Temperatur von rund 20 Grad, im Winter mit circa 40 Grad auf die Reise zu den Kunden geschickt, sodass im Vergleich zu den anderen beiden Systemen vor Ort weniger Strom zum Hochfahren der Gradzahlen benötigt wird.

Inwieweit sich diese Ansätze tatsächlich in Rielingshausen umsetzen lassen, will die Stadt nun prüfen lassen. Zudem müsse man auch erst mal einen Betreiber für das Netz finden, sagte Bauamtsleiter Dieter Wanner am Rande der Sitzung. All das geschieht unter einem gewissen Zeitdruck. Schließlich solle der Bebauungsplan für das Neubaugebiet Keltergrund bis zum Ende des Jahres zur Rechtskraft gebracht werden, erklärte Wanner.