Applaus für die hohe Förderung, die Rita Schwarzelühr-Sutter (vorne rechts) als symbolischen Scheck für Bürgermeister Thomas Winterhalter (vorne Mitte) mitgebracht hat. Foto: Werner Kuhnle

Das bereits bestehende kleine Nahwärmenetz am Schulzentrum soll auf die angrenzenden Wohngebiete ausgedehnt werden – mit umweltfreundlicher Technik.

Steinheim - Die Übergabe eines Förderschecks ist selten etwas, das einen „großen Bahnhof“ nötig macht. Wenn der Förderscheck aber satte 5,3 Millionen Euro beträgt, ist das etwas anderes. Und wenn damit ein, wie es die Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter formulierte, Leuchtturmprojekt unterstützt wird, dann erklärt das, warum am Mittwochvormittag einiges an kommunaler und politischer Prominenz nach Steinheim gekommen war.

In der Urmenschstadt tut sich nämlich etwas in Sachen Energiewende. Gemeinsam mit der Energieagentur Kreis Ludwigsburg (LEA) stellt die Stadt das Projekt „Solnet Steinheim“ auf die Beine. Das „Sol“ steht für Solarthermie, also Wärme aus der Sonne, das „Net“ für ein Nahwärmenetz, das das bereits bestehende kleine Netz für die Bildungs- und Sporteinrichtungen am Schulzentrum ergänzen soll.

Wellarium und Nachbarviertel sollen angeschlossen werden

So sollen künftig auch das Wellarium und die umliegenden Wohnviertel umweltfreundliche Wärme bekommen. In der ersten Phase bis 2025 könnten Steinbeisstraße und Beethovenstraße mit 395 Gebäuden und mehr als 750 Wohneinheiten versorgt werden, in weiteren Schritten könnten das Dichterviertel, das Musikerviertel und die Gartenstadt hinzu kommen. Damit wäre dann der gesamte Bereich nördlich der Bottwar erschlossen. Vorausgesetzt, die Eigentümer stimmen dem freiwilligen Angebot zu.

Denn auch auf sie kommen zunächst einmal Investitionen zu. Das Netz wird nämlich als Niedertemperaturnetz betrieben, sprich: Die Wärme, die in dem jeweiligen Gebäude ankommt, liegt nur bei etwa 50 Grad. Das reicht aus, wenn ein Gebäude wärmegedämmt ist oder über eine Fußbodenheizung verfügt. Alternativ sei aber auch die Installation größerer Heizkörper möglich, sagte Raphael Gruseck von der LEA. Dafür braucht man dann keinen eigenen Heizkessel mehr und kann effizienter und umweltfreundlicher Räume und Brauchwasser erwärmen, was sich wegen der CO2-Steuer auch finanziell bemerkbar machen dürfte.

Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien und effizienter Technik

Erzeugt werden soll die Wärme für Heizung und Warmwasser auf mehrfachem Weg. Derzeit gibt es im Schulzentrum eine Heizzentrale mit einem Holzhackschnitzelkessel und zwei Gasspitzenlastkesseln. Neu hinzu kommen sollen ein zweiter Holzhackschnitzelkessel, eine Solarthermieanlage über dem Wellarium-Parkplatz und eine Wärmepumpe. Ein solches Netz sei bislang kaum in bestehenden Wohnsiedlungen errichtet worden, so Gruseck, der in dieser Innovation einen Grund sieht, warum die Stadt sich in einem Wettbewerb um Fördergelder durchgesetzt hat. Durch einen 800 Kubikmeter fassenden Wärmespeicher muss die erzeugte Wärme nicht am selben Tag wieder verbraucht werden. So rechnet man damit, dass die Sonnenenergie von Mai bis September ausreicht, in der Übergangszeit kommt dann die Wärmepumpe hinzu, und wenn es im Winter ganz kalt wird, auch noch die Holzhackschnitzelkessel. Die Gaskessel sollen mittelfristig nicht mehr benötigt werden.

Die 5,3 Millionen Euro, die aus Berlin nach Steinheim fließen, entsprechen einer 70-prozentigen Förderquote. Sollte das Ganze am Ende teurer werden, gibt es allerdings keinen Nachschlag, sagte Bürgermeister Thomas Winterhalter auf Nachfrage.

Dennoch ist ihm und dem Gemeinderat das Thema wichtig: „In Steinheim hat es zwar schon früher Hochwasser gegeben, aber wegen der Murr und nicht wegen des Starkregens.“ Es sei offensichtlich, dass man die CO2-Emissionen „schnellstmöglich senken“ müsse. Insgesamt wolle man „nicht nur mahnen, sondern den Wandel vorleben und die Praxistauglichkeit zeigen“, erklärte der Rathauschef.

Gebaut wird frühestens in drei Jahren

Gleichzeitig spüre man die Verantwortung, und es stünden einige herausfordernde Aufgaben an. Zunächst einmal muss eine Projektgesellschaft gegründet werden, im kommenden Jahr soll intensive Kommunikation mit den Anliegern im Vordergrund stehen, um sie von dem Projekt zu überzeugen – denn davon hängt auch der Erfolg ab. Für 2023 ist die Fachplanung angepeilt, bis tatsächlich etwas gebaut wird, dürfte es 2024 werden, so Thomas Winterhalter.

Das geplante Nahwärmenetz

Wärmepumpe
Bei der noch zu installierenden Wärmepumpe handelt es sich um eine sogenannte Luft-Wasser-Wärmepumpe. Diese arbeitet nicht ganz so effizient wie eine Erdwärmepumpe, doch bergen die Bohrungen immer ein gewisses Risiko und sind in Steinheim auch nicht möglich.

Leistung
Insgesamt kann die Anlage jährlich 7 Gigawattstunden an Energie liefern. Bei den niedrigen Temperaturen arbeiten Solarthermie und Wärmepumpe viel effizienter als bei höheren, und auch die Wärmeverluste im Netz sind geringer.

Umwelt Schon in der ersten Ausbaustufe kann die Stadt jährlich rund 2000 Tonnen CO2 einsparen.