Wenn Räte in Steinheim jemanden damit betrauen, mit ihren Kindern während der Sitzung zu spielen und sie zu betreuen, bekommen sie dafür einen finanziellen Ausgleich. Foto: dpa

Fraktionen wollen Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt stärken und stimmen für Antrag der Freien Wähler.

Steinheim - Hier ein Ausschuss, da eine Kommission und dazwischen noch die Vorbereitung auf die Sitzungen: Die Tätigkeit als Gemeinderat kann sehr zeitraubend sein. Wer sich darüber hinaus noch um die betagten Eltern oder den Nachwuchs kümmern muss, dürfte mitunter an die Grenzen des Koordinierbaren stoßen. An dieser Stelle setzt ein Antrag an, den die Freien Wähler in die Steinheimer Ratsrunde eingebracht hatten und der jetzt bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung auch abgesegnet wurde. Damit ist ausgemachte Sache, dass die Mitglieder des Gesamtgremiums sowie ihre Kollegen in den Teilorten Kleinbottwar und Höpfigheim künftig eine Entschädigung erhalten, wenn sie für einen Termin einen Babysitter oder eine Pflegekraft engagieren.

Bei dem Votum handelt es sich allerdings lediglich um einen Grundsatzbeschluss. Der Erste Beigeordnete Norbert Gundelsweiler machte deutlich, dass man jetzt Informationen dazu brauche, mit welchen konkreten Beträgen die notwendige Satzungsänderung über die ehrenamtliche Tätigkeit vorbereitet werden soll. Außerdem sei unklar, in welche Richtung das Thema Kinderbetreuung weitergedacht werden solle. Michael Bokelmann von den Freien Wählern versprach daraufhin, handfeste Zahlen nachliefern zu wollen. Was die Betreuung des Nachwuchses anbelange, sei nicht angedacht, dass die Stadt „im Rückraum einen Kindergarten aufbaut“. Stattdessen soll das Ganze aus Sicht seiner Fraktion so laufen: Wer Kinder hat und kommunale Gremiumsarbeit betreibt, kann einen Babysitter engagieren und dann eine Entschädigung für den finanziellen Aufwand erhalten. Nach dem gleichen Ansatz soll das Modell mit einer Pflegekraft laufen, die sich während einer Sitzung um Vater oder Mutter kümmert, ergänzte der Fraktionschef Timo Renz. Das könnte vielleicht dazu führen, dass sich mehr Personen in der Kommunalpolitik engagieren wollen, hoffen die Freien Wähler.

„Das ist sehr zu begrüßen“, lobte Regina Traub von der SPD die Initiative. Damit könnten sich auch Alleinerziehende eher um ein Mandat als Gemeinderat bewerben. In anderen Kommunen, die das Modell bereits eingeführt haben, werde den betroffenen Mitgliedern des Gremiums das Anderthalbfache des Sitzungsgelds überwiesen. „Für uns ist das ein sehr vernünftiger Antrag“, pflichtete Rainer Breimaier von den Grünen bei. Die Ausübung einer ehrenamtlichen Aufgabe dürfe mit keinen finanziellen Nachteilen verbunden sein. Er bezweifele aber, dass damit wirklich viel mehr Personen in die Kommunalpolitik gelockt werden können, höchstens „der eine oder andere Alleinerziehende“.

Kritisch bewerteten allerdings Teile der CDU den Vorstoß der Freien Wähler. „Ich sehe den Sinn dahinter nicht“, sagte Thomas Biró. Im Normalfall müsse sich das doch über die Familie regeln lassen, meinte er. „Wir kriegen eine Grundpauschale. Und wir sind auch nicht die Einzigen, die ehrenamtlich tätig sind“, ergänzte sein Fraktionskollege Uwe Löder. Er erinnerte beispielsweise an die Freiwillige Feuerwehr. „Da machen wir ein Riesenfass auf“, befürchtete er.

Michael Bokelmann stellt auf Nachfrage unserer Zeitung klar, dass die Freien Wähler überhaupt nichts gegen ein vergleichbares Modell bei den Floriansjüngern einzuwenden hätten. „Die Feuerwehrleute haben aber eine eigene Satzung, über die sie das regeln können“, sagt Bokelmann. Der Ausgleich für die Räte sei eine andere Baustelle und müsse über die dafür geltenden Paragrafen geordnet werden. „Uns geht es einfach darum, die Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt zu verbessern“, erklärt er die Hintergründe des Antrags. Die Aufgabe am Sitzungstisch solle attraktiver gemacht werden.