Der Flex-Geschäftsführer Andreas Ditsche (links) und der Chervon-Chef Peter L.Q. Pan setzen auf Zusammenarbeit. Foto: Oliver von Schaewen

Das chinesische Unternehmen Chervon ist Nachfolger des bisherigen Besitzers MCap Finance. Der neue Partner aus dem Reich der Mitte agiert weltweit.

Steinheim - Eine aufregende Zeit liegt hinter Andreas Ditsche. Der Flex-Geschäftsführer wirkt erleichtert, als er am Mittwochnachmittag in seinem Büro in Steinheim Peter L.Q. Pan und dessen Unternehmen Chervon als neuen Eigentümer präsentiert. „Die Übernahme eröffnet uns große Chancen“, sagt Ditsche, der insbesondere in den vergangenen Wochen intensive Gespräche mit verschiedenen Interessenten führte. „Es war eine kribbelige Zeit.“

Insgesamt dauerte die Suche nach einem Nachfolger des bisherigen Eigentümers MCap Finance ein Jahr. Am Ende trennte sich die Spreu vom Weizen. Nach acht Jahren und zuletzt drei reinen Finanzinvestoren geht Flex nun zum ersten Mal wieder in die Hände eines strategischen Investors über. Was im Umkehrschluss bedeutet: Die Chinesen schätzen die Fertigung der Werkzeuge aus der Urmenschstadt für ihre eigene Produktpalette. Das wiederum dürfte für die etwa 250 Arbeitnehmer in der Bahnhofstraße bedeuten, weiterhin beschäftigt zu bleiben. So sieht das auch Andreas Ditsche, der selbst Vorsitzender der Flex-Geschäftsführung bleibt: „Chervon arbeitet mit uns schon seit Jahren zusammen und kennt uns.“

Die Übernahme markiert einen Wendepunkt. Hatte Chervon bisher dem Flex-Sortiment zugeliefert, geht sie nun mit einer eigenen Marke Flex auf den Markt für Handwerker-Profigeräte. Die Steinheimer sind spezialisiert auf die Herstellung kleiner Sätze technisch hochwertiger Elektrowerkzeuge. „Wir sind ausgelastet“, sagt Andreas Ditsche, der von einer gelben Gefahr, wie sie bei chinesischen Übernahmen als Klischee schnell vermutet wird, nichts wissen will. „Es gibt klare Absprachen, dass von der Fertigung nichts nach China verlegt wird.“ Trotz verhaltener Konjunktur haben die Flex-Mitarbeiter also zu tun. In der Fertigung sei die Belegschaft so flexibel aufgestellt, dass Auftragsschwankungen aufgefangen werden können, berichtet Ditsche, der seit vier Jahren als Geschäftsführer bei dem mehr als 90 Jahren alten Traditionsunternehmen fungiert.

An den gemeinsamen Erfolg glaube Chervon fest, sagt Peter L.Q. Pan. Das Unternehmen sei vor 20 Jahren gegründet worden und habe sich seitdem zu einem der zehn weltweit größten Hersteller von Elektrowerkzeugen entwickelt. Der Jahresumsatz des Global Players mit etwa 5000 Mitarbeitern liege bei 400 Millionen US-Dollar. Die Hauptabsatzmärkte liegen in Nord-Amerika, Europa und Asien.

Der Firmensitz von Flex in Steinheim solle erhalten und langfristig erweitert werden, gibt das Unternehmen in einer Presseerklärung bekannt. Aktuell gebe es aber keine konkreten Ausbaupläne, erklärte Andreas Ditsche im Gespräch. Peter L.Q. Pan habe in dieser Woche auch mit dem Steinheimer Bürgermeister Thomas Rosner gesprochen. Für den Vertrieb von Flex-Produkten biete die Zusammenarbeit mit Chervon erhebliche Vorteile. So würden immer mehr Kreissägen, Winkelschleifer und Stichsägen nicht mehr mit Kabel, sondern mit hochmodernen Akkus betrieben. Dieser Produktbereich mache bei Flex derzeit nur einen geringen Anteil des Umsatzes aus, auf den Märkten hingegen etwa 50  Prozent.

Die Verständigung mit dem chinesischen Mutterkonzern laufe auf Englisch, erzählt Andreas Ditsche. Chinesisch lerne man aber jetzt in Steinheim aber in kleinen Gruppen, auch wenn es vom Mutterkonzern nicht gefordert werde. Ditsche findet es gut für die Unternehmenskultur: „Es schweißt ungemein zusammen, wenn man hierarchieübergreifend in einer Schulklasse sitzt und Chinesisch lernt.“