Die Burg Lichtenberg wird verkauft. Foto: Archiv (privat)

Der Entscheidung ging eine lebhafte Diskussion über die Chancen und die möglichen Risiken voraus.

Oberstenfeld - Eine Burg für alle – für jeden immer zugänglich. Das ist für den Oberstenfelder Bürgermeister Markus Kleemann längst zur Herzenssache geworden. Punkt für Punkt liest er an diesem Donnerstagabend den Räten die Fakten aus der Sitzungsvorlage vor, die für den Beitritt der Gemeinde zur Stiftung Burg Lichtenberg Oberstenfeld sprechen. „Die Menschen hängen an der Burg“, sagt er gleich zu Beginn, er höre das oft bei Jubiläen, „die Burg war immer da“.

Das Wahrzeichen des Bottwartals steht zum Verkauf (wir berichteten). Baron Dietrich von und zu Weiler will das historische Bauwerk, das als besonders schützenswertes Kulturdenkmal gilt, an die öffentliche Hand verkaufen. Die Stiftung, zu jeweils 300 000 Euro getragen vom Landkreis Ludwigsburg und der Gemeinde Oberstenfeld sowie zwei Millionen Euro aus der Kreissparkassen-Stiftung Kunst, Kultur und Bildung, soll den Erhalt auf Dauer sichern – und nicht etwa ein privater Käufer.

Über die finanziellen Risiken eines solchen Kaufes ist sich offenbar auch Markus Kleemann bewusst. „Eine Burg zu erhalten, ohne dafür etwas zu bezahlen – das geht nicht“, lässt er die Ratsrunde wissen. Und verweist auf das Geleistete: „Wir haben es geschafft, eine Zustiftung von zwei Millionen Euro herzuholen.“ Wenn alles gut gehe, werde es auch nicht mehr Geld kosten, da die Gemeinde nicht für nachträgliche Zustiftungen in die Pflicht genommen werden könne. Zwar gebe es auf der Burg immer was zu tun, doch habe die KSK-Stiftung zugesagt, das Projekt über den normalen Aufwand weiter mit Spenden zu unterstützen und er habe bereits mit Interessenten für andere Zustiftungen gesprochen.

Einigen Räten der Freien Wähler sind diese Aussichten zu vage. Andreas Fender verweist auf den Haushalt, der „auf Kante“ genäht sei. „Ich sehe die Gefahr, dass wir uns übernehmen“, sagt er und kann sich nicht damit anfreunden, dass die Gemeinde sich mit 125 000 Euro aus einer nahe gelegenen Wiese im Schafstall in die Stiftung einbringt, also jetzt nur 175 000  Euro aufbringen muss. In private Hände will Gert Friedrich (CDU) die Burg geben, um sie zu erhalten, „weil wir als Gemeinde nicht die Mittel haben“. Und der Freie-Wähler-Chef Michael Meder sieht die Gemeinde trotz Stiftung in der Pflicht, die Burg zu erhalten, sollten denkmalgeschützte Gebäude baufällig werden. „Deshalb müssen wir ja auch das kleine Gartenhäuschen bei der Wiese instandsetzen, mit der wir uns in die Stiftung einbringen“, erklärte Meder am Freitag unserer Zeitung. Er sei ein Freund der Burg, aber sie werde den Haushalt auf Dauer belasten. Auch kritisierte Meder, dass Informationen zum baulichen Zustand fehlten. „Zu viele Unklarheiten“ veranlassten Meders Fraktionskollegin Inge Zimmermann, einen Antrag auf Vertagung zu stellen, der aber scheiterte, auch weil am nächsten Tag der Kreistag zu entscheiden hatte und es sich beim Kaufangebot aus Sicht der Mehrheit um eine einmalige Chance handelte.

Zu den Befürwortern der Stiftung zählt der SPD-Fraktionsvorsitzende Günter Perlinger. „Es ist das Bestmögliche, um die Burg weiter der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen“, sagt er im Gemeinderat und lobt das Konzept „mit zwei starken Partnern“, den Landkreis und der Kreissparkasse. Private Käufer würden niemanden in die Burg lassen. „Mich stört die mammongebundene Sichtweise meiner Vorredner“, erklärt Perlinger und wird unterstützt von der CDU-Frau Monika Bächle, die fordert, „Verantwortung für ein solches geschichtsträchtiges Gebäude zu übernehmen“, zumal wünschenswerte Reparaturen aufschiebbar seien und die Gemeinde nicht dazuschießen müsse.

Den Wert des Erinnerns am konkreten Objekt hebt Rolf Lutz von der SPD hervor. „Wir dürfen die Burg nicht dem ökonomischen Drachen überlassen“, sagt er angesichts des „hohen Symbolwertes“.

Das Land sei durch das Landesamt für Denkmalpflege mit im Boot und es gebe Zuschüsse , erklärt Markus Kleemann, als Michael Sommer von den Freien Wählern befürchtet, der Oberstenfelder Haushalt trage das Risiko, und wissen wollte, ob das Land Baden-Württemberg beteiligt sei. Genauer beschreibt Markus Kleemann das Risiko am Tag nach der Sitzung im Gespräch mit unserer Zeitung: „Die Gemeinde wird erst dann belangt, wenn alle Netze reißen und auch nur dann, wenn sie finanziell dazu in der Lage ist – nicht aber, wenn sie ihre Pflichtaufgaben erledigen muss.“

Ein Plädoyer für den Kauf durch die öffentliche Hand hält Hanns-Otto Oechsle. Sollte ein Privatmann bei der Sanierung der Burg bankrott gehen, müsste die Gemeinde am Ende dafür aufkommen. Diese Gefahr sei mit Hilfe der Stiftung nicht gegeben, da die Gemeinde zu Zustiftungen nicht gezwungen werden dürfe.

Für Irritation sorgte der Vorwurf Michael Meders, Kleemann habe am Abend vor der Sitzung den Räten noch Informationen, unter anderem über Gutachten zur Burg, zukommen zu lassen, die nicht mehr für die Sitzung verarbeitbar seien. Kleemann entgegnete, er habe diese Informationen spät bekommen und wollte die Räte bei der Abstimmung nicht in Unkenntnis lassen. Der SPD-Rat Erich Scheer sah in den Infosrmationen kein „Horrorszenario“: „Ich habe nichts entdeckt, wovor wir Angst haben müssten.“ Die Burg sei zwar 800 Jahre alt, sie mache aber nicht den Eindruck, als ob sie umfallen würde.“ Scheers Rat, die Chance für künftige Generationen zu nutzen, folgten am Ende zwölf der 17 anwesenden Gemeinderäte. Siehe Kommentar

Zustimmung des Kreistags

Der Kreistag hat die Stiftung Burg Lichtenberg Oberstenfeld am Freitag ebenfalls bewilligt. 56 Räte waren dafür, 24 dagegen, es gab neun Enthaltungen. Grüne und Linke waren dafür, bei den Freien Wählern gab es Befürworter und Gegner. Die CDU stimmte nur unter der Bedingung zu, dass der Landkreis sich finanziell nicht noch mehr beteilige als mit dem Stiftungsvermögen. Es müsse auch jährlich einen Bericht über den Zustand der Burg geben. Viele Räte der SPD stimmten dagegen. Deren Sprecher, der Bietigheimer Oberbürgermeister Jürgen Kessing beklagte sich, man sei viel zu spät informiert worden. Der Landrat Rainer Haas konnte erst einer zwischengeschalteten nicht-öffentlichen Sitzung das nötige Vertrauen in den Zustand der Burg herstellen. Er wollte öffentlich dazu nichts sagen, da dies unter den Datenschutz falle. sar/ole