Mit Hinweisschildern wie hier bei Kaisersbach will der Rems-Murr-Kreis die Motorradraser zur Räson bringen. Foto: Landratsamt Rems-Murr

Die Löwensteiner Berge gelten als Eldorado für Biker – gegen den Krach von Rowdys wollen das Land und die Kommunen verstärkt vorgehen.

Motorradlärm ist ärgerlich. Aber den Krachschlägern beizukommen, galt bisher als schwer. Das soll sich jetzt ändern. Das grün geführte Verkehrsministerium des Landes will mit möglichst vielen Kommunen zusammenarbeiten. Einem im Sommer gegründeten Bündnis sind bisher rund 40  Städte und Gemeinden beigetreten. In den Löwensteiner Bergen ist das Interesse an einem energischeren Vorgehen groß – doch noch sind nicht alle Kommunen auf den Zug aufgesprungen.

Viele Biker, die an den Wochenenden zwischen dem Breitenauer See und dem Bottwartal unterwegs sind, fahren offenbar rücksichtsvoll. Aber es gibt auch Ausnahmen. „Einige Prevorster, die an der Landesstraße wohnen, beschweren sich über den Lärm“, weiß Eberhard Wolf, Ortsvorsteher des 440-Seelen-Dorfs. Und auch im Spiegelberger 50-Einwohner-Weiler Kurzach sind die unangenehmen Knatterer ein Thema. Und in den Beilsteiner Teilorten Etzlenswenden und Stocksberg ist der Ärger über die Rowdys groß, bestätigt der Bürgermeister Patrick Holl. Messungen würden dem Lärmempfinden der Bürger nicht gerecht, findet Holl: „Wenn ein lautes Motorrad an einem Nachmittag am Wochenende dreimal auf und ab fährt, ist das ein Problem, auch wenn es in den Messungen keine Rolle spielt.“

Verständnis für die Klagen der Anwohner hat das Verkehrsministerium des Landes. Aber wo ansetzen, zumal der Lärm stark von der Fahrweise abhängt, Tempolimits aber deshalb auf Landesstraßen laut Ministerium nur „extrem selten“ angewendet werden dürfen? Beim ersten Treffen des neuen Bündnisses im Juli, an dem 29 Kommunen teilnahmen und nach dem Städte wie Waiblingen und Gerlingen beitraten, hat der Lärmschutzbeauftragte und Grünen-Abgeordnete Thomas Marwein einen Forderungskatalog vorgestellt, den das Verkehrsministerium bis 2020 ausarbeiten soll. Spezielle Displays könnten den Lärm messen und Rüpel auf zwei Rädern stellen, Frontkennzeichen sind im Gespräch. Hersteller sollen in die Pflicht genommen werden, um Manipulationen einzudämmen. Ziel ist auch ein Marktwandel zugunsten von E-Motorrädern. Weitere Optionen würden beim zweiten Treffen des Bündnisses am 21. Oktober besprochen.

Erfahrungen im Kampf gegen Motorradlärm hat der Rems-Murr-Kreis gesammelt. Der Kreistag beschloss im Jahr 2018 auf Antrag der SPD ein Paket mit einer Plakatkampagne und der Gelben Karte. Verwarnt werde, wer durch ein Lärmdisplay mit Blitz als Krachschläger erwischt wird, so Leonie Ries, Pressesprecherin im Waiblinger Kreishaus. Beim zweiten Mal drohe in puncto Fahrerlaubnis ein Test, wie er etwa auch nach wiederholten Fahrten unter Alkohol durchgeführt werde. Ein Versuch mit Display des Verkehrsministeriums von 2014 bis 2016 habe bei den lautesten Motorrädern eine Lärmminderung um 40 Prozent ergeben. An einer Stelle im Weinstädter Ortsteil Schnaidt sei der Effekt besonders hoch gewesen, weil an einer Steigung mit Tempo-70-Gebot oft heruntergeschaltet werde.

Sofort dem neuen Bündnis beigetreten ist nach dem Treffen im Juli der Mainhardter Bürgermeister Damian Komor. Der Zuschuss des Landes von 4000 Euro für ein 15 000 Euro teures Messgerät sei erfreulich, doch würde das Problem auf die Kommunen abgewälzt, kritisiert Komor. Die 6000-Einwohner-Gemeinde habe nicht genug Personal für Kontrollen. Auch die Polizei leide unter Engpässen.

Das Polizeipräsidium Aalen berichtet von 106 Kontrollen mit Schwerpunkt Zweiradprüfung, die von Januar bis Oktober 2019 stattgefunden haben. Von den 280 Verstößen fielen 110 auf den Bereich Geschwindigkeit. Bei den anderen 170  handele es sich unter anderem um das Erlöschen der Betriebserlaubnis, indem etwa Schalldämpfer entfernt wurden. Man kontrolliere an den Wochenenden kreisübergreifend an der Löwensteiner Platte.