Nach der Eingewöhnungszeit und einer Verletzung in der Hinrunde der abgelaufenen Saison hat es Nick Bätzner dann in der Rückrunde meist in die Startelf des KV Oostende geschafft. Foto: Rudy Declerck

Der 21-jährige Fußballer Nick Bätzner aus Steinheim verpasste mit dem belgischen Erstligisten KV Oostende in der abgelaufenen Saison nur knapp die Qualifikation für Europa.

Steinheim - Hinter dem Steinheimer Nick Bätzner liegt ein ereignisreiches Jahr. Im vergangenen Sommer wagte der 21-jährige Fußballer und ehemalige deutsche Jugend-Nationalspieler den Sprung aus der Oberliga Baden-Württemberg in die erste Profiliga in Belgien. Vom VfB Stuttgart II zum KV Oostende. Mit dem Verein von der Nordseeküste erreichte er nun Tabellenplatz fünf und verpasste erst in den Play-Offs die Qualifikation zur neuen Europa Conference League. Im Interview spricht der zentrale Mittelfeldspieler über den Erfolg der Mannschaft, seine persönliche Entwicklung, und inwieweit Corona ihn als im Ausland spielenden Fußballer betroffen hat.

Tabellenplatz fünf auf Augenhöhe mit Vereinen wie dem RSC Anderlecht, dem KRC Genk und Standard Lüttich. Aus der Ferne betrachtet sieht das für einen eher unbekannten Klub wie Oostende nach einem Erfolg aus. Wie blickst Du aufs Abschneiden in Deiner ersten Saison in Belgiens erster Liga zurück?

Gerade das zweite Halbjahr lief für die Mannschaft, aber auch für mich persönlich, sehr gut. Wir haben die Philosophie des Trainerteams immer besser verinnerlicht und sind an unser Maximum gegangen. So kam der Erfolg. Für einen familiären Verein wie Oostende war das eine Topsaison, die wir auch gerne mit den Fans gefeiert hätten. Mit Zuschauern wäre es noch schöner gewesen. Zumal wir vor der Saison noch als Abstiegskandidat Nummer eins gegolten hatten.

Der Saisonendspurt war spannend. Wie blickst Du mit etwas Abstand und frisch erholt aus dem Urlaub darauf zurück?

Das war wirklich extrem. Am Ende fehlten nur drei Punkte auf Platz vier, mit dem wir uns sicher für einen europäischen Wettbewerb qualifiziert hätten. Andererseits hätten wir in den letzten Spielen auch locker auf Platz zehn abrutschen können. So aber reichte es für die Play-Offs um die Europa Conference League.

In der Vierergruppe mit Hin- und Rückspiel seid ihr Dritter von vier Teams geworden, nur der Erste fährt nach Europa. Wie lief das aus Deiner Sicht?

Wir haben einen guten Start hingelegt, gleich 6:2 gegen Standard Lüttich gewonnen. Beim KV Mechelen haben wir dann aber 3:5 verloren, da wollten wir als junges Team einfach zu viel. Einen Punkt hätten wir da schon holen sollen. Das 1:2 danach bei KAA Gent war unglücklich, da lagen wir leider früh 0:2 hinten. Mit dem 0:4 im Rückspiel gegen Gent, bei dem wir eine frühe Rote Karte bekamen, und einem 2:2 gegen Mechelen war die Luft raus. Immerhin hatten wir mit einem 3:1-Sieg in Lüttich trotzdem noch einen guten Abschluss.

Wie war es für Dich als junger Spieler, in Belgien Fuß zu fassen?

Am Anfang war es nicht ganz einfach, auch weil ich eine Zeit lang verletzt war. Und wegen Corona war in der Stadt alles geschlossen, weshalb auch da nicht viel los war. Meine Eltern haben mir aber gerade in der Zeit viel geholfen. Aber auch im Verein kümmert sich jeder um jeden, es geht sehr familiär und überschaubar zu. Der Verein ist quasi wie eine Familie. Gerade für junge Spieler wie mich ist das eine gute Voraussetzung, um sich zu entwickeln, und ich fühle mich auch sehr wohl. Ich bin sehr froh um die Chance, die ich durch diesen Wechsel erhalten habe. Es ist einfach eine andere Ebene, auf der ich mich zeigen kann.

Das Durchschnittsalter im Kader liegt ohne Torhüter bei 23, 24 Jahren. Du scheinst nicht der einzige junge Spieler zu sein.

Genau darauf setzt der Verein auch, beziehungsweise der neue Investor. Auf junge Spieler, denen eine Chance zur Entwicklung gegeben werden soll. Wir haben eine sehr junge Mannschaft mit ein paar wenigen sehr erfahrenen Spielern.

Inwieweit hilft es Dir, dass das ganze Trainerteam deutsch ist? Mit Trainer Alexander Blessin und Torwarttrainer Eberhard Trautner, beide auch mit Vergangenheit beim VfB Stuttgart, hast Du sogar zwei Schwaben um dich.

Für mich ist das natürlich gut. Auch weil wir zu dritt als Fahrgemeinschaft zwischendrin auch mal gemeinsam in die Heimat gefahren sind (lacht). Dann gehen die fünf, sechs Stunden Autofahrt schneller rum und ich kann mich im Auto etwas ausruhen. Alleine bin ich aber auch häufiger gefahren.

Wie lief es denn mit Heimat- und Familienbesuchen während Corona?

Als im Herbst die Regeln angezogen wurden, war ich auch mal zwei Monate alleine. Ansonsten kommen meine Eltern ab und an vorbei, und wenn sich die Möglichkeit ergibt, fahre ich auch für ein paar Tage runter. Es gab die Regel, dass man als Familie 72 Stunden Zeit hatte, sich zu besuchen und dafür über die Grenze durfte. Meine Freunde konnten mich aber noch nicht besuchen. Die haben sich alle schon angekündigt für die Zeit, sobald es wieder möglich ist.

Was nimmst Du sonst für Dich vom Leben im Ausland mit?

Als junger Mensch und Spieler reift man da natürlich automatisch auf der persönlichen Ebene. Auch dadurch, dass ich jetzt alleine wohne, auch wenn meine Mitspieler nicht weit weg sind. Verbessert hat sich auch mein Englisch, da wir untereinander im Team fast nur englisch sprechen. Nur die einheimischen Spieler reden untereinander auch flämisch.

Und fußballerisch?

Da setzen wir vor allem darauf, früh drauf zu gehen und aggressiv zu pressen. Das verinnerlicht man also mit der Zeit. Und man versucht natürlich immer, an sein Maximum zu gehen und seinen inneren Schweinehund zu überwinden. Manchmal schreckt man ja schon auf, in welcher Liga man da spielt.

Wir sind gespannt auf ein Beispiel.

Es war schon besonders, als der spätere Meister FC Brügge in der Winterpause auf einmal Bas Dost von Eintracht Frankfurt für ich glaube vier Millionen Euro verpflichtet hat. Direkt danach haben wir auch gleich gegen Brügge und ihn gespielt. Und er hat leider auch gleich getroffen.

Ihr habt 1:2 verloren. Das Spiel dürfte Dir dennoch gut in Erinnerung bleiben.

Es war mein erster Einsatz in der Startelf, und es ging auch gleich über die vollen 90 Minuten. Bis dahin war ich eher für ein paar Minuten in der Schlussphase eingewechselt worden.

Nach dem Brügge-Spiel standest Du mit einer Ausnahme in jeder Partie auf dem Platz, meist ebenfalls von Anfang an. Wie zufrieden bist Du mit der Bilanz von 24 Einsätzen?

Wenn man häufiger und länger auf dem Platz steht, fühlt man sich natürlich insgesamt einfach wohler. Man kann sich mehr zeigen, und ich konnte das denke ich auch ganz gut nutzen. Ich bin dankbar, dass mir da Vertrauen entgegengebracht und an mich geglaubt wurde. Die Geduld, die während der Hinrunde noch nötig war, hat sich dann ausgezahlt. Es waren aber auch intensive Wochen, denn im Januar und Februar hatten wir alleine elf Spiele, da wegen Corona viel nachgeholt werden musste. Mit den Play-Offs hatte die Saison insgesamt 40 Spiele. Da hieß es: Spiel, Regeneration, Spiel, Regeneration. Zumindest sind die Distanzen in Belgien aber natürlich nicht so groß wie in Deutschland.

Im ersten Play-Off-Spiel gegen Standard Lüttich gelang Dir Dein erster Treffer. Sonst bist Du eher fürs Kreieren der Torchancen zuständig, oder?

Ja, meist spiele ich auf der „Acht“, also im zentralen, offensiven Mittelfeld. Im letzten Spiel durfte ich dann aber auch mal als Hängende Spitze in der vordersten Reihe ran, das hat mir auch sehr gut gefallen.

Wie geht’s für Dich jetzt weiter?

Die Saison beginnt schon am 23. Juli, also relativ früh. Wir starten daher jetzt am 14.  Juni in die Vorbereitung. In der neuen Saison möchten wir dann unsere Spielweise weiter verinnerlichen und möglichst an die vergangene Saison anknüpfen. Und ich möchte weiter an meine Leistungsgrenze gehen, um den nächsten Schritt machen zu können. Dann hoffentlich auch vor Zuschauern. Denn die waren in Belgien im Herbst auch nur für drei, vier Wochen in sehr begrenzter Zahl zugelassen.

Zeit für den Nordseestrand wird also erst mal nicht bleiben.

Das nicht. Ich bin aber schon gespannt, wie der Sommer dort sein wird. Im Winter konnte es sehr windig werden und ungemütlich, gerade wenn es schneite. Auf dem Trainingsgelände merkt man dann auch den starken Wind, im Stadion ist das nicht so. Das liegt aber gleich an einer Parallelstraße von der Strandpromenade, das hat echt was.

Wie war man in Belgien eigentlich auf Dich aufmerksam geworden?

Ausschlaggebend war denke ich das DFB-Pokalfinale 2019, das wir als U19 des VfB Stuttgart gegen RB Leipzig gewannen. Der Leipziger Trainer war damals Alexander Blessin, mein jetziger Trainer. Ich hatte also gegen ihn gespielt. Als er dann letztes Jahr den nächsten Karriereschritt machen konnte und nach Oostende wechselte, kam der Kontakt zustande, ob ich nicht mit nach Belgien kommen möchte. Darüber bin ich wie gesagt froh und dankbar.

 

Vom Fußballtalent zum Profispieler

Werdegang Der in Steinheim aufgewachsene Nick Bätzner wurde im Jahr 2000 in Ludwigsburg geboren. Nach dem Start beim TSG Steinheim wechselte er zum FV Löchgau, ehe es mit zwölf Jahren in die Jugend des VfB Stuttgart ging. Am Wasen durchlief er die gesamte weitere Jugend, die 2019 in der Deutschen Vize-Meisterschaft und dem DFB-Pokalsieg der U19 gipfelte. Für den Sprung in die Bundesliga-Mannschaft reichte es trotzdem nicht, stattdessen lief Bätzner ein Jahr lang in der Zweiten auf, mit der er die Meisterschaft in der Oberliga und den damit verbundenen Aufstieg in die Regionalliga Südwest erreichte. Im Sommer 2020 folgte schließlich der ablösefreie Wechsel zum KV Oostende. 2017 und 2018 spielte Nick Bätzner zudem fünfmal in der deutschen U18-Nationalmannschaft, hinzu kam ein Länderspiel mit der U19