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Die kürzlich eröffnete Käsbergrunde führt auf 5,1 Kilometern durch die Steillagen bei Mundelsheim.

Mundelsheim - Hand aufs Herz: Wie oft sind Sie schon mit dem Auto am Fuße des Käsbergs entlanggefahren und haben die Steillagen bewundert? Also mir geht es jedenfalls bei nahezu jeder Fahrt zur Gemeinderatssitzung in Mundelsheim so. Seit Montag weiß ich allerdings auch: Direkt in den Weinbergen ist es noch viel schöner – vor allem jetzt zur Herbstzeit. Die Gemeinde hatte eingeladen: Nachdem im September 2019 die Entscheidung zur Umsetzung eines neuen Rundwanderwegs gefallen war, konnte dieser nun endlich eingeweiht werden. „Käsbergrunde“ heißt die rund 5,1 Kilometer lange Strecke, die direkt am Rathaus startet.

„Das ist jetzt mittlerweile der sechste Rundweg, der durch unsere Gemarkung führt“, erklärt Bürgermeister Boris Seitz beim Aufstieg zum Königshäusle. An seiner Seite: Der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart, Thomas Bopp. Der Rundweg wurde nämlich kofinanziert: Jeweils 11 000 Euro haben beide Seiten in die Umsetzung gesteckt. „Seit 2006 haben wir gut 270 Projekte unterstützt“, weiß Bopp. „Die Sitzung im Januar, wenn die besten Vorschläge und Ideen ausgewählt werden, ist immer die schönste Sitzung.“ Gut 60 Millionen Euro wurden so in den Landschaftserhalt in der Region gepumpt. Dass sich das lohnt, kann jeder spätestens dann bestätigen, wenn er den Blick über die vom Laub umrahmte Neckarschleife schweifen lässt.

Wir sind am Königshäusle angelangt, wo stilecht mit Wein aus den Steillagen angestoßen wird. Danach sind Fotograf Karsten Schmalz und ich auf uns gestellt. Wir haben uns nämlich vorgenommen, die Käsbergrunde in ihrer vollen Länge unter die Lupe zu nehmen. Bürgermeister und Verbandsvorsitzender müssen weiter zu anderen Terminen. Der Rundwanderweg verläuft zunächst ganz bequem auf dem sogenannten Käsbergweg weiter, der um 1960 vom „Hager Schorsch“, Georg Hager, angelegt wurde, um die Arbeit der Winzer in den Steillagen zu erleichtern.

Doch der Weg endet plötzlich abrupt. Die Beschilderung weist mitten in den Weinberg hinein. Geht es hier tatsächlich weiter? Ja, ein kurzer Blick offenbart eine kleine Steintreppe, die uns auf einen schmalen unbefestigten Pfad zwischen den Trauben führt – und uns weg vom Mundelsheimer Gemeindegebiet. Denn genau das ist der Grund, warum hier kein Asphalt zu finden ist, klärt Bürgermeister Boris Seitz auf: „Hessigheim hat beim Bau des Käsbergwegs nicht mitgemacht. Der Wechsel zum Pfad markiert also heute die Gemarkungsgrenze.“ Hier ist nun Sorgfalt und ein stetiger Blick auf die Füße gut, denn der Boden ist durch den Regen der vergangenen Tage noch gut aufgeweicht. Dabei lohnt sich auch der Blick nach rechts und links sehr, denn Flora und Fauna halten so einige Überraschungen bereit.

Felsen, Trockenmauern und Staffeln bieten nämlich den optimalen Lebensraum für wärmeliebende Tiere wie Eidechsen. Eine davon huscht auch prompt in den Schutz eines kleinen Weinberghäuschens davon, als wir uns ihrem Refugium nähern. Skeptisch sieht sie uns bei unserer Wanderung zu. Dieser Tage hat das kleine Reptil viel Besuch, immer wieder kommen uns Wanderer und Sportler entgegen oder überholen uns, während Karsten Schmalz gute Motive für die Reportage sucht. Eine Beobachtung, die auch Bürgermeister Seitz gemacht hat: „Wenn das Wetter schön ist, herrscht am Käsberg immer Hochbetrieb.“ Durch die Corona-Pandemie und fehlende Reisen entdecken immer mehr Menschen, was die Region zu bieten hat. Eine Entwicklung, die Thomas Bopp freut: „Wir haben ja auch viel zu bieten: Heide, Weinberge, Flusstäler . . . in der Region lässt sich jedes Wochenende etwas Neues entdecken.“ Etwas Neues wartet auch auf der Käsbergrunde hinter jeder Ecke. Auf der Hochebene des Bergs angekommen, wandern wir entlang voll behangener Streuobstwiesen weiter. Auch die ein oder andere übrig gebliebene Traube wird verköstigt.

Schließlich folgt der Abstieg zu einem der Höhepunkte des Rundwanderwegs – der Käsbergkanzel. Der Ausblick über das Neckartal aus den Steillagen herab ist ein wahres Spektakel. Eine Bank lädt zudem zum Verweilen und Stärken ein. Auch hier wieder eine wunderbare Flora: Lavendel, Kakteen – ein bisschen wie in Sizilien! Es ist eine Freude, die Kulturlandschaft zu erkunden, die von den Weingärtnern in mühseliger Arbeit über die Generationen hinweg errichtet wurde und mit ebenso viel Einsatz bis heute erhalten wird.

Wir hätten uns jedenfalls für diesen sonnigen Montagnachmittag kaum einen schöneren Termin vorstellen können. Die Käsbergrunde enttäuscht nicht. Und dafür kann ich garantieren, denn unterwegs musste ich auch die sogenannte „Lügenbrücke“ überqueren. Die hat ihren Namen, weil sie angeblich zusammenbricht, wenn ein Lügner einen Fuß darauf setzt – doch sie blieb stabil! Übrigens: Eine aktualisierte Wanderkarte mit allen Wein- und Obstwanderwegen in Mundelsheim gibt es ab Dezember!