Das Vorkommen von Wildkatzen im Bottwartal ist noch nicht geklärt. Foto: Thomas Stephan

Die Naturschutz-Organisation BUND will im Bottwartal mit einem Monitoring Klarheit über das Vorkommen der vom Aussterben bedrohten Wildkatzen erzielen.Oberstenfeld gilt als Nadelöhr für den Korridor vom Stromberg bis zum Schwäbisch-Fränkischen Wald.

Oberstenfeld - Baldrian ist nicht nur ein Beruhigungsmittel, es zieht auch Wildkatzen an. „Wir haben Mitte Januar zwölf Holzpflöcke im Bottwartal damit eingesprüht“, erzählt Andrea Lehning, Biologin aus Marbach und Referentin für Wildkatzen beim BUND-Landesverband in Stuttgart. Angelockte Wildkatzen reiben sich am Baldrian, die Haare an den Pflöcken gelten als eindeutiger Nachweis, den ein Frankfurter Institut für Wildtiergenetik erbringen soll.

Die Aktion, bei der zehn BUND-Ehrenamtliche Woche für Woche ausschwärmen und Proben nehmen, soll bis Anfang April dauern. Wildkatzen zu sichten, gestaltet sich ansonsten schwierig. „Die Tiere sind scheu und hauptsächlich nachts unterwegs“, weiß die Expertin. Das Bottwartal als Monitoringgebiet sei wichtig, weil der BUND einen Wildkatzenkorridor vom Stromberg bis zum Schwäbisch-Fränkischen Wald schaffen will. Wenn der Nachweis klappt, könne der vom Kreis-BUND seit 2017 geplante Wildkatzenkorridor besser realisiert werden. Dabei sind zwei geplante Neubaugebiete in Oberstenfeld den Naturschützern ein Dorn im Auge.

Zunächst schien es so, als ob der BUND mit der Gemeinde eine Übereinkunft aushandeln könnte. Das Neubaugebiet Dürren IV am Lichtenberg tolerierte der Kreisvorsitzende Stefan Flaig in der Hoffnung, das andere Baugebiet Am Krixenberg würde nicht kommen. Doch darin sah er sich getäuscht: Die Gemeinde beantragte es im beschleunigten Verfahren – und bezog sich rechtlich korrekt auf eine Kartierung der Landesanstalt für Umwelt (LUBW). „Wir hatten aber schon beim Landratsamt Ludwigsburg eine aktuellere Untersuchung eingereicht, die aber der LUBW nicht vorlag“, erklärt Andrea Lehning, die von einer Wildkatze weiß, die mit einer Nachtkamera am Heuerbach gesichtet worden sein soll. Im Kern gehe es jetzt darum, mit dem Monitoring den Nachweis eindeutig zu gestalten. Nur Sichtungen durch Zeugen seien nicht aussagekräftig genug. Die Hoffnung, das Neubaugebiet Am Krixenberg stoppen zu können, habe der BUND nicht aufgegeben, auch wenn die Erfolgsaussichten nicht hoch seien.

Vor etwa einem Jahr hatte die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) in Freiburg den Verlust eines Wildkatzenkorridors befürchtet, sollte der derzeitige Abstand von 300 Metern zwischen Oberstenfelder Siedlungsrand und Heuerbach auf 90 bis 150 Meter eingeengt werden. Das Argument, es gebe einen anderen Korridor über den Tunnel der L 1100 hinweg bei Großbottwar, lässt Andrea Lehning nicht gelten. „Es gibt Wege durch den Pfahlhofwald – und da Wildkatzen gerne an Bachläufen entlangwandern, können sie am Heuerbach herauskommen.“

Wie auch immer der Streit ausgeht, der BUND sucht nicht nur in Oberstenfeld, sondern auch unter anderen Kommunen im nördlichen Landkreis Ludwigsburg dringend Verbündete. „Wir haben sehr wenig Wald und brauchen für die Wildkatzen Trittsteine aus Biotopen, damit sich die Tiere besser verstecken können“, sagt die Biologin Lehning. Gespräche seien bereits geführt worden und es gebe erfreuliche Lichtblicke, was die Hilfsbereitschaft für eine bessere Begrünung angehe, doch besäßen die Kommunen selbst zu wenig Flächen, um den Korridor zu bestreiten.

Der Oberstenfelder Bürgermeister Markus Kleemann hatte immer wieder betont, im Verfahren für das Neubaugebiet Am Krixenberg die Belange des Naturschutzes zu berücksichtigen. „Noch sind keine Wildkatzen gesehen worden“, sagt er und will ein eigenes Gutachten ins Verfahren einbringen. Angesichts des akuten Wohnraummangels in seiner Kommune sei die Entwicklung von Neubaugebieten unerlässlich. Am Krixenberg sollen 51  Wohneinheiten entstehen.