Günter Wanner setzt sich nach seiner eigenen Leber-Transplantation dafür ein, dass das Thema Organspende mehr den Weg in die Öffentlichkeit findet. Foto: KS-Images.de/Karsten Schmalz

Der Beilsteiner Günter Wanner macht sich für Organspenden stark. Ohne Transplantation wäre er selbst heute nicht mehr am Leben.

Beilstein - Bewegend war es für Günter Wanner, als er am Dienstagabend in der Stadthalle nach rund vier Jahren wieder am Tisch des Ratsgremiums Platz nehmen durfte. „Es hat gut getan und war schön, mal wieder dabei zu sein“, sagt der 67-Jährige, der zwölf Jahre lang dem Beilsteiner Gemeinderat angehörte, sieben Jahre davon als FDP-Vorsitzender. Denn das letzte Mal, als er in dieser Runde saß, ging es ihm gesundheitlich gar nicht gut, er verkündete seinen Abschied. „Ich konnte damals geistig gar nicht mehr folgen“, erklärt er. Heute kann er das wieder, als Gemeinderat ist er dennoch nicht zurück, sondern als Gast – mit einer Mission. Er möchte das Thema Organspende mehr ins Bewusstsein rücken. „Denn nur, weil ich eine Organspende bekommen habe, kann ich heute überhaupt hier sitzen. Ich hatte durch Leberzirrhose im Endstadium den Tod vor Augen und bin ihm wirklich in letzter Sekunde von der Schippe gesprungen“, berichtet er seinen ehemaligen Ratskameraden.

Ab März 2022 soll jede Kommune seine Bürger auf das Thema ansprechen

Hintergrund seines Besuchs sei zudem, dass ab März 2022 jede Kommune ihre Bürger aktiv zu diesem Thema ansprechen soll. „Es soll niemand zu einer Organspende gedrängt werden, aber wichtig ist, dass sich jeder entscheidet anstatt gar nichts zu tun“, sagt Günter Wanner. Beim Abholen der Müllmarken oder von Ausweisen sollen die Mitarbeiter der Stadtverwaltung deshalb künftig über das Thema informieren.

Damit die fachkundig sind, wird Wanner eine kleine Schulung mit den Mitarbeitern abhalten. „Ab März 2022 tritt zudem ein neues Gesetz in Kraft, durch das man seine Erklärung freiwillig in einem Online-Register festhalten kann“, klärt der Fachmann auf. Ein solches Register gab es bislang nicht. Für Wanner eine gute Sache, „aber die von Jens Spahn ins Spiel gebrachte Widerspruchslösung hätte mir besser gefallen“. Diese bekam im Bundestag jedoch keine Mehrheit. Das kritisierte auch bereits der ebenfalls betroffene Beilsteiner Peter Rode. Obwohl klar ist: Es gibt in Deutschland einfach viel zu wenige Spenden. „Jährlich warten etwa 9200 Todkranke auf ein Organ, aber nur etwa 3000 bekommen eines“, verdeutlicht der Ur-Beilsteiner. Dass er im Jahr 2018 zu den Glücklichen gehörte, beschreibt er als „Sechser im Lotto“. Sein Weg bis zu der erlösenden Operation war jedoch von zahlreichen Rückschlägen geprägt.

Schocknachricht: Leberzirrhose im Endstadium

Es war der 17. März 2017, als Günter Wanner von seinem Arzt die Diagnose Leberzirrhose im Endstadium bekam. „Ich wusste, dass dies tödlich ist“, sagt der 67-Jährige, der bereits seit 45 Jahren Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr in Beilstein ist und seit einiger Zeit die Altersabteilung leitet. Innerhalb kürzester Zeit spitzte sich dann alles richtig zu. „Ich bin zunehmend schwächer geworden, hatte ganz viel Wasser im Bauch und habe 20 Kilo zugenommen. Ich konnte irgendwann nicht mehr laufen, später noch nicht mal mehr aufstehen“, berichtet Wanner. Sein Rückzug aus dem Gemeinderat – unumgänglich. „Ich war ständig im Krankenhaus und bin davon ausgegangen, dass es in Richtung Sterben geht“, erzählt er. Zumal man ihm im Klinikum in Heilbronn im Oktober 2017 keinerlei Hoffnung mehr machte. „Ich habe zu gut gelebt, zu viel Alkohol getrunken. Ich war kein Alkoholiker, aber ein Glas Wein habe ich immer gern genossen. Das sei nun die Quittung, hieß es.“ Er suchte eine Zweitmeinung in der Uniklinik Tübingen. Im Januar 2018 wurde er hier stationär für zahlreiche Untersuchungen aufgenommen. Diese sollten klären, ob es möglich ist, ihn auf die Warteliste für eine Organspende setzen konnte – und es klappte.

Drei Versuche brauchte es, bis Günter Wanner operiert werden konnte

Noch am Entlassungstag selbst kam die erlösende Nachricht. Ein Spenderorgan sei gefunden. Fertig liegend im OP dann der Tiefschlag: „Die Leber hatte einen kleinen Schaden. Man sagte mir, die Transplantation sei zu riskant.“ Also hieß es: Alles zurück auf Anfang. Zwei Wochen später schien Wanner wieder Glück zu haben. „Doch dann stellte man fest, dass die Leber Hepatitis B hatte und man sie doch nicht verwenden kann.“ Am Abend des 13. Februar 2018 dann der dritte Anruf – diesmal lief alles gut. Günter Wanner wurde am 14. Februar erfolgreich transplantiert. „Das war ein dramatisches Vierteljahr und ich musste danach auch erst mal wieder laufen, denken und lesen lernen. Quasi ganz von vorne anfangen. Aber seitdem geht es stetig weiter aufwärts“, sagt er.

Anhand seiner Geschichte will Wanner nun verdeutlichen, wie enorm wichtig eine Organspende ist und vor allem, wie essenziell es ist, sich diesbezüglich auch zu entscheiden. Denn einer offiziellen Befragung zufolge „wären 84 Prozent bereit, aber nur 35  Prozent haben sich auch dafür entschieden und das erklärt. Daran sieht man, dass Handlungsbedarf besteht.“ Und Handeln will die Verwaltung nun – das hat der Besuch von Günter Wanner an seinem alten Wirkungskreis klar gemacht. Er selbst hat sich dem Verein „Lebertransplantierte Deutschland“ angeschlossen und wirkt hier nun ehrenamtlich mit. Den Sitz im Gemeinderat überlässt er deshalb auch weiterhin lieber den Jüngeren. „Auch, wenn es kurz wieder gekitzelt hat“, so der 67-Jährige.