Marcelo Zormann spielt noch bis Anfang August in der Tennis-Württembergliga für den TC Oberstenfeld. Foto: Alexander Becher

Marcelo Zormann, brasilianischer Spitzenspieler des TC Oberstenfeld, will zurück auf die Tennis-Tour

Obrstenfeld - Als Marcelo Zormann am Sonntagmorgen auf der Tennisanlage der TSG Backnang an einem schattigen Plätzchen auf einem Stuhl sitzt, da hat der 25-jährige Brasilianer ein paar stressige Wochen hinter sich. Der Spitzenspieler von Tennis-Württembergligist TC Oberstenfeld, welcher an diesem Tag seinen Saisonauftakt in Backnang bestreitet, ist nämlich schon seit vier Wochen in Europa. Von seiner Heimatstadt Sao Paolo reiste er zunächst nach Rumänien zu einem Turnier der internationalen UTR Tour. „Ich hatte ein Schreiben des Veranstalters dabei, dass ich dort spielen werde. Als Tourist hätte ich aus Brasilien gar nicht nach Rumänien einreisen dürfen“, erzählt er und ergänzt: „Nach Deutschland wäre es wohl gar nicht gegangen. Denn als ich zu Hause am Flughafen war, habe ich miterlebt, wie ein Man nach Deutschland fliegen wollte. Der hatte eine Arbeitsstelle hier. Aber ich glaube, die haben ihn nicht fliegen lassen. Das hat mich doch etwas schockiert.“

Nach dem Turnier in Rumänien folgten noch zwei weitere Stationen in Spanien. „Ich habe gut gespielt, je einmal das Finale, Halbfinale und Viertelfinale erreicht“, ist Zormann zufrieden. Von Spanien aus ging es mit dem Flieger nach Deutschland. „Da war die Einreise kein Problem mehr.“ Nun wird er bis Anfang August in Oberstenfeld bleiben und hier die komplette Runde absolvieren. Es ist nach 2017 und 2018 die dritte Saison, die er für den TCO spielt – und bislang hat er noch kein einziges Einzel verloren. „Marcelo ist eine Bank. Bei ihm weiß ich immer genau, was ich bekomme, er bringt in jedem Match seine Leistung. Und sollte er doch mal verlieren, dann muss der Gegner richtig gut gespielt haben“, lobt TCO-Trainer Zejlko Alviz seinen Spitzenspieler. Auch zum Auftakt in Backnang zeigt Marcelo Zormann seine Qualitäten und setzt sich souverän in zwei Sätzen gegen den Briten Billy Harris durch.

Der Brasilianer bestreitet mit Tennis seinen Lebensunterhalt. „Ich lebe von den Preisgeldern oder dem, was ich für die Verbandsspiele für den TC Oberstenfeld bekomme.“ Das macht er aber erst seit Jahresbeginn wieder. Eigentlich hatte sich Marcelo Zormann Ende 2018 vom Turniertennis verabschiedet und seither als Trainer gearbeitet. „Als dann die Pandemie losging, wurde es immer schwieriger. Ich hatte zum Glück einiges zurückgelegt“, erinnert sich der 25-Jährige. Auch er erkrankte an Corona, überstand es aber zum Glück gut. „Auch in meiner Familie und meinem Freundeskreis gab es zum Glück keine schweren Verläufe. Aber es war diese ständige Angst: Erkrankt man? Wie stark erkrankt man?“ In den deutschen Medien bekam man ja den Eindruck, dass Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro die Pandemie bestenfalls ignorierte, alle Maßnahmen ablehnte und dass Millionen Menschen dort erkrankten und Hunderttausende starben. „Und genau so war es. Es gibt Experten, die sagen, dass die Untätigkeit des Präsidenten zu etwa 300 000 Toten mehr geführt hat. Er hat alles noch viel schwieriger gemacht“, übt auch Marcelo Zormann Kritik an Bolsonaro. „Jetzt wird es zum Glück besser. Aber ich hoffe, dass das eine Lektion für das ganze Land war.“ Wobei Brasilien nach wie vor als Hochrisikogebiet eingestuft ist.

Doch im Moment ist seine Heimat für den 25-Jährigen weit weg. Die Planung für die Zeit nah seinem Engagement für den TC Oberstenfeld steht noch nicht ganz fest. „Aber ich denke, dass ich noch in Europa bleiben und ein paar Turniere spielen werde. Dann vielleicht auch auf Future-Ebene.“ Das würde bedeuten, dass er auch wieder Punkte für die Weltrangliste sammeln könnte. Platz 467 war vor fünf Jahren sein bisher bestes Ranking, „doch aufgrund der Pause habe ich natürlich alle Punkte verloren und muss wieder von vorne anfangen“. Dass er die Spielstärke dazu nach wie vor hat, das deutete sich am Sonntag bereits an. Denn der bereits erwähnte Billy Harris wird vom Weltverband derzeit auf Platz 675 geführt.