Tanzen vermittelt Lebensfreude. Foto: KS-Images.de / /Karsten Schmalz

Tanzen hält jung. Davon haben wir uns bei einem Besuch in der Tanzschule Jaag in Marbach überzeugt. Der Seniorennachmittag macht den Teilnehmern Spaß.

Marbach - Deutsche Schlagermusik durchzieht dezent den Raum. Noch ist die Tanzfläche leer, einige Paare sitzen an ihren Tischen. Es ist ein grauer Mittwochnachmittag, Kaffee- und Kuchenzeit. Das Tanzcafé findet zum dritten Mal statt und läuft gegen 15 Uhr ganz gemächlich an. Das ist ganz nach dem Geschmack von Ingeborg Kluttig, die mit ihrem Mann Walter erst vor Kurzem erfahren hat, dass die Tanzlehrerin Monika Jaag in Marbach in ihrer Schule den Treff für ihre Kunden anbietet. „Wir waren früher in Steinheim zehn Jahre lang bei ihr, haben aber dann vor einiger Zeit aufgehört“, erzählt die ehemalige Lehrerin, die sonst gelegentlich im Kleinaspacher Sonnenhof zum Discofox-Tanzen gegangen ist, aber es mit ihrem Mann nun etwas ruhiger angehen lässt. „Hier gibt es keine Konkurrenz mit Jüngeren“, sagt sie und schwärmt von der Tanzlehrerin, „ihre Persönlichkeit zieht einfach an“.

Wenig später steht Monika Jaag locker an der Musikanlage und sagt den ersten Titel an. Die ersten fünf Paare betreten das Parkett und folgen den Rhythmen eines weiteren deutschen Schlagers. „Ich bin rumgegangen und habe nach Wunschtiteln gefragt“, erzählt die 49-Jährige im Gespräch. Immer wenn sie an einen Tisch tritt und sich mit Gästen unterhält, ist bald Lachen zu hören. Und als sie wieder zurück zur Musikanlage läuft, hilft sie einem der ältesten Teilnehmer, der nach den richtigen Schritten sucht, noch schnell auf die Sprünge. Abklatschen, fertig, beide lächeln – und schon wird weitergetanzt.

Einige Paare aus Steinheim und Erdmannhausen haben sich an einem größeren Tisch eingefunden. „Tanzen hält jung, und auch die Kameradschaft ist schön, wenn man zusammensitzt“, sagt eine 83-Jährige, die sonst immer donnerstagabends zum festen Kreis in die Tanzschule kommt. Natürlich könne man nicht mehr alle Figuren und habe vieles schon vergessen, erzählt eine andere, aber sich zu erinnern, rege das Gehirn an und sei gut zur Vorbeugung gegen Demenz. Doch es gebe auch Handicaps, die einen daran hinderten, das Tanzbein flott zu schwingen, und die Erdmannhäuserin erzählt, dass ihr Mann erst nach einer Bandscheibenoperation wieder zum Tanzen gehen konnte.

Mit dem alten McCartney-Hit „Mull of Kintyre“ kommt der erste langsame Walzer, und die meisten Paare strömen auf die Tanzfläche. An der Bar erzählt einer der jüngeren Senioren schmunzelnd, dass er mit seiner Frau erst kürzlich von einer einjährigen Reise mit dem Wohnmobil zurückgekehrt ist und jetzt „wieder eingegliedert“ werden müsse. Dazu gehöre auch, fit zu bleiben, denn Tanzen sei für ihn auch Sport. „Drehen Sie sich mal drei oder vier Minuten lang zu einem Wiener Walzer – das ist, als ob man 100-Meter-Läufe machen würde.“

Ganz so athletisch müsse es nicht zugehen, erzählt Monika Jaag, man baue ja auch Elemente ein, durch die es beim Wiener Walzer Zeit zum Durchschnaufen gebe. Dann legt sie einen Tango ein: „Tanze mit mir in den Morgen“ von Gerhard Wendland. Die Gema-Gebühren würde über den Allgemeinen-Deutschen-Tanzlehrer-Verband, dem ADTV, verhandelt und dann abgerechnet, erzählt sie auf Nachfrage, und das Gespräch wechselt auf angenehmere Themen. Warum sie Tanzlehrerin geworden sei und was ihr an ihrem Beruf Freude bereite. Die Musik habe sie schon immer angezogen, erzählt sie, und bereits im Alter von zehn Jahren sei sie Landesmeisterin beim Tanzsportclub Ludwigsburg in den lateinamerikanischen Tänzen gewesen. Eigentlich habe sie nach dem Abitur Lehramt studieren oder Musicalakteurin werden wollen, doch dann wurde sie eine Mischung aus beidem, zumal sie weder mit klassischem Ballett noch mit Gesang etwas anfangen konnte – und so habe sie sich zur Tanzlehrerin ausbilden lassen. Im Jahr 2002 übernahm sie die Tanzschule ihrer Schwester in Steinheim und zog mit der Schule vor etwa einem Jahr nach Marbach in die Räume der ehemaligen Tischfabrik Alma am Bahnhof um. Sie hoffe, dass viele Menschen das Tanzen für sich wiederentdeckten. „Es hält tatsächlich jung“, sagt sie – und gibt mit ihrer lebenslustigen Art das beste Beispiel dafür.