Lachkabinett bei kühlen 18 Grad. Foto: avanti

Zum Lachkabinett sind am Freitag knapp 60 Zuhörer ins Literaturmuseum der Moderne gekommen.

Marbach - Ein opulentes Menü an Stimmen und kreativ eingesetzten Phonemen ist den knapp 60 Zuhörern am Freitagabend aufgetischt worden. Das Literaturarchiv der Moderne hat sich dafür zur Kabarettbühne gewandelt und den passenden Ort gebildet, um ein großartiges Spiel mit der Stimme zu inszenieren. Von glühend heißen Sommertemperaturen herunter gekühlt auf museumsspezifische 18 Grad, hatten sich einige der Gäste zum Schutz in die bereitgelegten Decken gemümmelt.

Die anderen ließen sich leicht fröstelnd auf ein Geschehen ein, dass von seiner künstlerischen Ausprägung her, wenigstens das Herz erwärmte. Denn der Kabarettabend im Rahmen von „LiteraturBewegt“, das ist ein von der Kulturstiftung des Bundes und dem Ministerium für Wissenschaft und Kunst des Landes Baden-Württemberg gefördertes Ausstellungsprojekt, zeigte sich das „musikalische Lachkabinett“ mit seinen skurril-witzigen Szenen erheiternd und damit durchblutungsfördernd.

Herzerfrischend und pointiert schon der Start: mit den sogenannten „Brettl- Liedern“ , die Arnold Schönberg, der Erfinder der Zwölftontechnik, komponiert hat und diverse Dichter wie Frank Wedekind oder Hugo Salus, augenzwinkernde Texte dazu verfasst haben, machte sich Schmunzeln breit. Die Sopranistin Angelika Luz zeigte dabei ihr komplettes profundes Können als Sängerin. Sie begleitete die kurzen Stücke nicht nur mit ihrer perlend-tirilierenden, sowie spitz-koketten Ausdrucks- und Gestaltungskraft.

Auch ihr ausgeprägter Mimik- und Formulierungsgrad entzückte. Angelika Luz ist an der Musikhochschule in Stuttgart Gesangs-Professorin für Neue Musik und gab auch der weiteren Stückeauswahl viel Raffinesse und eine pikante Note. Die gestalterische Vielfalt der Stimme brachte Luz mit Luciano Berio´s „Sequenza III per voce femminile“ in verblüffender Form zum Ausdruck. Bei dem virtuosen, modernen Musikstück werden über 40 Gefühle in extrem kurze Sequenzen zerpflückt, die von der entsprechenden Palette an Lauten begleitet werden: ein rauschhaftes Hörvergnügen aus grollenden, gehusteten, gewimmerten, geschnalzten oder weinerlichen Lautschnipseln.

Theresa Szorek gelingt das Spiel mit den Lauten ebenfalls sehr gut. im optischen Kontrast zu ihren in Abendrobe singenden Kolleginnen, zeigte sie etwa bei Cathy Berberians „Stripsody for solo voice“ in Jeans-Latzhose und barfuß, einen körperintensiven Einsatz, der den Boden mit einbezog sowie eine faszinierende Klang-Explosion, die es möglich machte, sich die dazu gedachten Comic-Bilder bestens vorzustellen.

Inga Schäfer vollendete das Trio der prachtvoll-ausgebildeten Stimmen. Die Mezzosopranistin wusste – gemeinsam mit der spritzig-temperamentvollen Pianistin Kamila Lopatka, die sich stets kongenial in das gesamte Geschehen einfügte – Bertolt Brechts Tierverse, die von Paul Dessau vertont wurden, köstlich in Szene zu setzen.

Das Pferd beispielsweise – hier trabte Kamila Lopatka erst einmal eine Runde, bevor sie sich ans Klavier setzte, begeisterte das Publikum durch die gewitzt-gesungene Darbietung ebenso, wie etwa „Berlin, ich kenne dich nicht wieder“, oder die später gestellte Frage: „Bin ich Mensch oder ’ne Maschine?“