Anstoßen auf die gemeisterte Schulzeit? In der Corona-Zeit und nach denkwürdigen Vorfällen am FSG in den Vorjahren ist das gar nicht mehr so einfach. Foto: dpa/Angelika Warmuth

Marbachs Ordnungsamt sagt Feier trotz coronakonformer Planung kurzfristig ab. Unmut auf beiden Seiten.

Marbach - Mit der Zeugnisübergabe an diesem Freitag endet für den Abschlussjahrgang des Friedrich-Schiller-Gymnasiums in Marbach nicht nur die Schulzeit, sondern auch eine äußerst nervenaufreibende Woche. Denn das Veranstalten ihrer einzigen Abschlussparty gestaltete sich für sie deutlich schwieriger, als sie es trotz der sowieso schon in die Quere kommenden Corona-Pandemie angenommen hatten. Die für Mittwochabend geplante Feier wurde von der Stadt sogar kurzfristig abgesagt und musste auf die Schnelle umorganisiert und an eine andere Stätte verlegt werden.

Dabei waren die Schüler des 114-köpfigen Jahrgangs gesetzeskonform vorbereitet. Sie mieteten ein Grundstück des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) am Galgen in Marbach an, um im privaten Rahmen zu feiern. Unter Einhaltung aller Vorgaben, die Corona mit sich bringt. Mit 70 Anmeldungen wäre man unter der Grenze von 99 Teilnehmern geblieben. Die Schüler erarbeiteten ein Hygienekonzept, organisierten Desinfektionsmittel und informierten Anwohner am Kirchenweinberg per Zettel über die Feier – was gut gemeint war, ihnen allerdings zum Verhängnis wurde. Denn eine Anwohnerin informierte das Ordnungsamt, da eine solche Feier doch jetzt nicht in Ordnung sei. Und das Amt? Es untersagte am Montag die für zwei Tage später angesetzte Party.

Bei den Schülern rief diese Reaktion Unverständnis hervor, hatten sie sich doch gewissenhaft vorbereitet. Es stellte sich die große Frage nach dem „Warum?“ Zumal die Feier privat organisiert war und gar nicht im Zuständigkeitsbereich der Stadt lag. Ihre einzige Party im Corona-Jahr, in dem sowieso bereits weder der feierliche Abschluss in der Stadthalle noch der Abiball in der Liederhalle stattfinden können, sollte auch noch platzen?

Elternbeirat Jochen Beglau schildert die Reaktion der Schüler: „Sie waren völlig außer sich. Sie wurden bestraft, obwohl sie alles richtig gemacht haben.“ Er selbst hält das Vorgehen für „hochgradig unfair“ und wirft die Frage auf, welches Signal hier an die Jugendlichen, die erwachsen werden, gesendet werde. „Sie waren ja auch noch so nett und haben die Flugzettel verteilt.“ Und die Landesverordnung sei eindeutig, dass eine solche Feier erlaubt ist.

Die Elternbeiratsvorsitzende Anja Wild, ebenso wie Jochen Beglau Elternteil eines Abiturienten, ist derselben Ansicht: „Mehr als das Konzept zu erstellen und die Nachbarn zu informieren konnten die Schüler nicht machen.“ Dass die Party vorsorglich gecancelt worden sei, sei unverhältnismäßig und mehr als fragwürdig. „Und das in einer Schulstadt.“ Den Schülern sei unterstellt worden, dass sich nicht ans Gesetz gehalten werde. Der korrekte Ablauf sei aber doch der, dass die Polizei verständigt werde, falls die Party ausufere. Nicht aber, dass von vornherein abgesagt werde – zumal es sich weder um eine Schulveranstaltung, noch um ein städtisches Gelände handele.

Andreas Seiberling, Leiter des Marbacher Ordnungsamts, sieht die Sache anders – und spricht von einem „unterirdischen“ Ablauf von Seiten der Schüler. Der Grund: In den Vorjahren seien die privaten Abipartys gemeinsam mit der Stadt organisiert worden. Auch, um Verantwortung von den Schultern der Schüler zu nehmen. „Die Schüler des Abschlussjahrgangs in diesem Jahr wussten auch, wie es in den vergangenen Jahren vereinbart war.“ Die Vereinbarung sei eine Konsequenz der Abipartys in den Vorjahren, die in Sachen Alkoholkonsum teils völlig ausuferten. Eine Umzäunung, Einlasskontrollen, ein Security-Dienst oder auch die Anwesenheit des DRK an der Partystätte auf dem Schulparkplatz waren daher die Folge. Dass sich die Schüler jetzt nicht vorab bei der Stadt meldeten, sei laut Seiberling gegen die Vereinbarung „und sehr kritisch zu beurteilen“.

Am Dienstag, einen Tag nach der Absage, suchten drei Schüler das Rathaus auf, um den Sachverhalt zu klären. An die ursprüngliche Feier war, wie sich herausstellte, aber gar nicht mehr zu denken – auch wenn das Ordnungsamt nun wohl grünes Licht erteilt hätte. Denn nach der ersten Absage und dem Aufschlag vom Ordnungsamt wurde der Fall dem OGV zu heikel. Er stellte das Grundstück lieber nicht mehr zur Verfügung. „Was nach dieser Entwicklung und der sowieso schwierigen Corona-Zeit auch verständlich ist“, so Anja Wild. Nach Angaben von Andreas Seiberling habe man den Schülern bei dem Besuch kurzfristig Alternativen für eine gemeinsame Durchführung der Feier aufgezeigt und sei so verblieben, dass man informiert werde, wie es angegangen werden soll. „Wir haben aber nichts mehr gehört.“

Die Schüler fanden unterdessen auf die Schnelle ein anderes Privatgrundstück bei der Feuerwehr, und feierten dort am Mittwoch – nach vorherigem Telefonat mit der Polizei, welche die Schüler kontaktiert hatte, damit auch alle Regeln eingehalten werden. „Die Schüler waren da sehr kooperativ“, erklärt Pressesprecher Peter Widenhorn auf Nachfrage. Die Beamten hätten dann zur Kontrolle bei der Feier vorbeigeschaut. Es sei alles ruhig verlaufen. „Es gab nur einen Anruf wegen Ruhestörung. Die Musik wurde dann auch gleich runtergedreht“, so der Polizeisprecher. Was also bleibt, ist auf Seiten der Schüler und der Stadt das Unverständnis über das Handeln des jeweils anderen.