Senioren können sich den Lebensabend in Marbach noch weiter versüßen, wenn sie in eine kleinere Wohnung ziehen. Foto: dpa/Stephan Scheuer

Ältere Bürger können seit März 2500 Euro für den Umzug in eine kleinere Wohnung erhalten.

Marbach - Mit dem Beschluss, eine Umzugsprämie für Senioren einzuführen, haben die Marbacher Räte ein gewaltiges Medienecho ausgelöst. Selbst große TV-Sender wie ARD und RTL wurden hellhörig und streckten ihre Fühler aus, um über das Modell zu berichten, mit dem die Schillerstadt wohl deutschlandweit eine Vorreiterrolle einnimmt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Ansatz bislang noch nicht gefruchtet hat. Die Regelung gilt seit 1. März. Und bis dato musste die Kommune die 2500 Euro, die Senioren bei einem Umzug in eine kleinere Wohnung bekommen sollen, in keinem einzigen Fall überweisen, sagt der Hauptamtsleiter Thomas Storkenmaier.

Dabei hapert es nicht einmal daran, dass kein Interesse vonseiten der älteren Herrschaften vorhanden wäre. Thomas Storkenmaier hat verschiedene Anfragen auf seinem Schreibtisch liegen, bei denen die Satzung durchaus zum Tragen kommen könnte. So möchte beispielsweise eine Frau innerhalb von Marbach in eine Wohnung mit weniger Quadratmetern ziehen. Eine andere Dame gesetzteren Alters will sich aus der Schillerstadt in Richtung Affalterbach verabschieden, um dort im betreuten Wohnen eine neue Heimat zu finden. Also beides Konstellationen, die im Grunde wie geschaffen für die Prämie wären. Gäbe es dabei nicht einen entscheidenden Haken: Der Eigentümer der jeweiligen Immobilie muss nun auch noch mitspielen und den frei werdenden Wohnraum an eine Marbacher Familie vermieten oder verkaufen, die seit mindestens zwei Jahren in der Stadt lebt. „Das muss man jetzt sehen, ob die das wollen und machen“, sagt Thomas Storkenmaier.

Als Schwierigkeit dürfte sich erweisen, dass man hierbei komplett auf den guten Willen des Besitzers angewiesen ist. „Der könnte natürlich sagen: Das geht mich nichts an“, gibt Storkenmaier zu bedenken. Zumal die Eigentümer nicht immer in Marbach verwurzelt sind. Bei einer der ihm vorliegenden Fälle stamme derjenige, dem die Immobilie gehört, beispielsweise aus Kornwestheim. Dazu komme, dass bei solchen Gemengelagen ein gezielter Anreiz für den Verkäufer beziehungsweise Vermieter fehle, mit Marbacher Familien handelseinig zu werden. „Wenn man heute eine Wohnung vermieten will, bekommt man 100 Anfragen. Ich behaupte, die Vermieter schauen dann nicht darauf, dass eine große Familie einzieht, sondern danach, wie es um die Bonität bestellt ist“, betont der Erste Beigeordnete Gerhard Heim. Davon abgesehen könne es Monate dauern, bis eine Wohnung wieder neu belegt ist. „Erst dann fließt aber die Umzugsprämie“, erklärt Thomas Storkenmaier. Daran musste er auch einen älteren Herrn erinnern, der in einem Brief gleich zur Sache kam und gebeten habe, ihm für seinen Umzug doch bitteschön die 2500 Euro zu überweisen.

Alle Trümpfe in der Hand haben die Senioren nur, wenn sie selbst Eigentümer einer Immobilie sind, sich für kleinere vier Wände entscheiden und ihr bisheriges Zuhause an eine Familie verkaufen oder vermieten. „Aber bei der Konstellation wird die Prämie von 2500 Euro die Kaufpreisentscheidung wahrscheinlich nicht beeinflussen“, stellt Thomas Storkenmaier fest. Gerhard Heim bezweifelt zudem, dass letztlich das eigentliche Ziel erreicht werden kann, nämlich mehr Wohnraum für junge Familien zu generieren. „Die entscheidende Frage ist doch, ob die Umzugsprämie etwas bewirkt. Ich behaupte, dass die Senioren auch in den Fällen, die jetzt bei uns angekommen sind, nicht wegen der Umzugsprämie ausziehen. Das ist also ein reiner Mitnahmeeffekt“, sagt der Erste Beigeordnete. Man habe es auch von Anfang an für fraglich gehalten, dass das neue Modell tatsächlich viel bewirken kann, fügt Thomas Storkenmaier hinzu. „Es ist eher ein Thema, mit dem man ein Bewusstsein dafür schaffen kann, dass Ältere die Wohnungen für Jüngere freimachen“, fasst der Hauptamtsleiter zusammen.