Der Angeklagte war auch nicht im Besitz eines Führerscheins. Foto:  

Ein Autofahrer ohne Führerschein hat die Polizei behindert.

Marbach/Ludwigsburg - Wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis hat das Ludwigsburger Amtsgericht einen 47-Jährigen aus der Justizvollzugsanstalt Freiburg zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt und ihm eine sechsmonatige Sperre für die Fahrerlaubnis gegeben. Außerdem muss der Mann 150 Euro an die Sozialberatung Ludwigsburg bezahlen. Der Sicherungsverwahrte war gerade in den Genuss von Haftlockerungen gekommen, als er ohne Führerschein ausgerechnet der Marbacher Polizei die Vorfahrt nahm.

Der Angeklagte hatte einem Streifenwagen am 26. Juni vergangenen Jahres gegen 14 Uhr in der Neckarweihinger Hauptstraße die Vorfahrt genommen. „Er bog kurz vor uns links ab und hat uns dadurch mehr oder weniger behindert“, schilderte einer der Polizisten vom Revier Marbach als Zeuge vor Gericht die Verkehrssituation. Die Polizeibeamten waren dem Verkehrssünder hinterhergefahren und hatten ihn kontrolliert, als er eingeparkt hatte. Einen Führerschein konnte der Mann nicht zeigen, weil er gar keinen besitzt.„Ich war draußen aus der Haft und das Ziel war nicht, dass ich Auto fahre“, sagte der 47-jährige Angeklagte zum Tatvorwurf. Er hätte einen Pkw gekauft, der auf ihn zugelassen worden wäre, aber gefahren wären damit drei andere Leute in einer Art „Zweckgemeinschaft“. Die anderen hätten ihn zur Arbeit gefahren und wieder abgeholt. Das wäre „eine praktische Sache“ gewesen. Am Tattag jedoch hätte er Getränke gebraucht. Keiner hätte sich als Chauffeur zur Verfügung gestellt. Also wäre er eben kurz mal selber zum nächsten Discounter gefahren, erzählte der Beschuldigte weiter.

Bei seiner Begegnung mit der Polizei hatte der Mann gleich erzählt, dass er Freigänger war. Seine Autoschlüssel hatte er der Polizei nicht gegeben, sondern hatte einen Bauarbeiter organisiert, der ihm den Wagen nach Hause fuhr. Tags drauf hatte er eine E-Mail ins Gefängnis geschrieben, er hätte „vollen Bockmist gebaut“ und hoffe „inständig“, dass er nicht gleich dafür bestraft wird. Normalerweise wäre seine Sicherungsverwahrung drei Monate nach dem Vorfall in Neckarweihingen zur Bewährung ausgesetzt worden. Doch nun wurden seine Vollzugslockerungen nach Informationen seiner Verteidigerin wieder „von 100 auf 0“ heruntergesetzt, und er ist wieder in der Sicherungsverwahrung. Der gebürtige Offenburger, der nicht nur mit Handschließen, sondern auch mit Fußfessel in den Gerichtssaal geführt wurde, wird regelmäßig begutachtet. Der nächste Überprüfungstermin ist im April. Erst dann, so die Verteidigerin, könne wieder eine Haftlockerung beim Ministerium beantragt werden. Der Angeklagte war bereits im Alter von 14 Jahren zum ersten Mal verurteilt worden und hatte als Jugendlicher viele Jahre im Gefängnis verbracht. Seine schwersten Verbrechen waren Vergewaltigungen, für die er einmal zu sechs Jahren und einmal zu zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde. Von 2015 an war er zunächst in den halboffenen Vollzug gekommen und hatte in der Landwirtschaft in Emmendingen gearbeitet. Eine Langzeitbeurlaubung hatte ihn Ende März letzten Jahres nach Ludwigsburg ins betreute Wohnen geführt.

Sollte der psychiatrische Gutachter zu dem Schluss kommen, dass der 47-Jährige auf Bewährung und damit in Freiheit entlassen werden kann, ist das Ludwigsburger Urteil für das Fahren ohne Fahrerlaubnis kein Hindernis. Hätte der Mann für das Verkehrsdelikt vier Monate Gefängnis bekommen, wie es der Staatsanwalt beantragte, dann wäre die Sicherungsverwahrung auf Bewährung unmöglich geworden.