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Die Wirkung einer Umzugsprämie, wie sie im Gemeinderat jetzt beschlossen werden soll, ist zweifelhaft.

Marbach - Der Marbacher Friedemann Sorg hat „Downsizing“ betrieben und sein Einfamilienhaus gegen eine Wohnung getauscht. Die Gründe lagen für den 57-Jährigen auf der Hand: „Die Kinder sind ausgezogen, das große Haus und Grundstück erforderte viel Pflege und Zeit.“ Das Haus zu verkaufen, sei überhaupt kein Problem gewesen: „Es gab 50 Bewerbungen. Wir haben eine junge Familie gefunden, die jetzt sehr glücklich ist.“

Für den Wohnungswechsel gab es aber durchaus einiges Für und Wider. „Das fällt schon schwer, wir verbinden viele schöne Erinnerungen an die Zeit.“ Auch mit vielen Freunden und Bekannten hat Sorg über den Wohnungswechsel gesprochen. „Manche gehen das frühzeitig an und sind glücklich damit, andere bleiben so lange im vertrauten, viel zu großen Haus, bis es nicht mehr geht.“

Die Schwierigkeit bestehe darin, eine ansprechende Alternative zu finden. „Das ist auf dem leer gefegten Wohnungsmarkt das Hauptproblem.“ Eine Umzugsprämie hält Sorg eher für einen geringen Anreiz, wenn nicht die passende Wohnung gefunden werden kann. Sorg bereut den Wohnungswechsel aber keinesfalls. „Wir haben jetzt viel mehr Zeit für Unternehmungen.“ Durch das kleinere Domizil sei mehr Flexibilität vorhanden. „Wir schätzen unsere Freiheit.“

Die Stadt Marbach will ab dem kommenden Jahr eine solche Umzugsprämie zahlen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die Gemeinderatsgruppe Puls hatte im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen im März den Antrag gestellt, eine Prämie von 2500 Euro an Senioren zu bezahlen, die mit ihrem Umzug in ein kleineres Domizil „familiengerechten Wohnraum“ frei machen.

Zur Begründung des Antrags schreibt die aus Hendrik Lüdke und Benjamin Flaig bestehende Gruppierung: „Vielfach wohnen ältere Menschen allein oder mit Partner in großen Wohnungen oder Häusern, nachdem die Kinder ausgezogen sind.“ Oft bestehe der Wunsch nach einer kleineren Wohnung. „Erforderlich ist natürlich, dass seniorengerechter Wohnraum vorhanden ist“, benennen die Puls-Vertreter ein zentrales Problem.

Nun sollen Kriterien zu dieser Initiative in der Weihnachtssitzung des Gemeinderates am Donnerstag, 20. Dezember, diskutiert und abgestimmt werden. Der Gemeinderat hatte im März dem Antrag einstimmig grundsätzlich zugestimmt und die Verwaltung beauftragt, Richtlinien für eine Umzugsprämie auszuarbeiten. Diese liegen nun vor. Die Verwaltung hat ermittelt, dass eine Umzugsprämie bisher nur im eigenen Bestand eines Wohnungsbauunternehmens oder einer Stadt gewährt wird. „Eine Regelung, wonach ein Umzug auf dem freien Wohnungsmarkt gefördert wird, ist der Verwaltung nicht bekannt.“ Daher sehe die Verwaltung in dem Puls vorgelegten Antrag einer Umzugsprämie für Senioren „eher eine Aktion, diese Problematik bewusst zu machen, als ein tatsächlich effektives Mittel, Senioren aufgrund der Prämie zu veranlassen, die Wohnung zu verlassen“. Ob dies angesichts der derzeitigen Preise einen Anreiz für den Kauf einer Wohnung mit Verkauf des Hauses darstellt, wird eher bezweifelt. Bei Mietwohnungen könne die Prämie aber durchaus einen Anreiz darstellen. „Es soll aber keinesfalls der Eindruck entstehen, dass ältere Menschen aus ihrer gewohnten Umgebung verdrängt werden sollen“, betont Bürgermeister Jan Trost.

Ziel der Aktion ist es, möglichst Wohnungen und Häuser für Familien in Marbach bereit zu stellen. Damit die Prämie auch tatsächlich eine Wirkung entfaltet, sollen die 2500 Euro nur dann ausgezahlt werden, wenn innerhalb von sechs Monaten nach dem Umzug eine schon mehr als zwei Jahre in Marbach wohnende Familie mit mindestens einem Kind eine Wohnung von drei Zimmern und mehr als 70 Quadratmetern bezieht. Umgekehrt wird die Prämie einmalig nur dann gewährt, wenn der Empfänger älter als 60 Jahre ist und eine um mindestens 30 Prozent kleinere Wohnung bezogen wird. Auch der Umzug zu einem Familienangehörigen oder in eine Pflegeeinrichtung wird anerkannt.