Mit viel Tempo und Wucht haben die Musiker ihre Instrumente bespielt. Foto: avanti

Die Gruppe „Fojgl“ hat ihr Publikum im Marbacher Schlosskeller vollkommen begeistert. Sie hat die Klezmer-Musik dabei zum Fliegen gebracht und unter Beweis gestellt, dass sie das Musizieren beherrscht.

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enn am Ende eines Programms die Zugaben ausgehen, dann sagt das viel aus. Beim Auftritt des Klezmer-Trios „Fojgl“ am Freitag war genau das der Fall. Die etwa neunzig Besucher im nicht ganz ausverkauften Schlosskeller feierte begeistert die drei Musiker, die zwei Stunden lang mit ihren jiddischen Liedern das alte Gemäuer fast zum Beben gebracht hatten. Ihre Begeisterung für die Klezmermusik übertrug sich schon nach kurzer Zeit aufs Publikum, bei dem die ersten Füße zu zucken begannen; später wurde immer wieder rhythmisch mitgeklatscht, und beim einen oder anderen Refrain versuchten manche gar mitzusingen. Dabei erwies sich die jiddische Sprache nur zum Teil als Hindernis.

Denn Worte wie „Mejdele“ oder Sätze wie „Schpil-sche mir a lidele“ versteht man als Schwabe fast mühelos. Anderes erschloss sich nur dank der vorherigen Zusammenfassung durch den Sänger und Gitarristen Johannes Opper. Doch aufs Verstehen des Textes kam es auch nicht an. Wichtiger war das Lebensgefühl, das seine wandlungsfähige Stimme und die von ihm und seinen Kollegen – Florian Vogel an der Geige und Steffen Hollenweger am Kontrabass – virtuos präsentierte Musik vermittelten.

Dabei hielt sich die Vehemenz, mit der die Musiker ihre Instrumente bearbeiteten, mit der Virtuosität fast die Waage. Erstaunlich, dass bei dem unglaublichen Tempo und der eingesetzten Wucht nicht die Saiten zu glühen begannen. Weniger erstaunlich dagegen, dass trotzdem jeder einzelne Ton perfekt saß. Denn alle drei sind Profimusiker, erzählte Florian Vogel in der Pause. Zum Klezmer gekommen seien er und Johannes Opper schon als Teenager. „Und wir haben nie wieder damit aufgehört“, schmunzelte Vogel.

Es schien geradezu unglaublich, welche Töne man den drei Instrumenten entlocken kann, wenn man sie so vollkommen beherrscht. Und wenn man so experimentierfreudig ist wie Florian Vogel, der seine Geige teils wie eine Gitarre hielt und mit Akkorden auch so griff. Immer wieder erhielten die Musiker spontanen Zwischenapplaus und „Bravo!“-Rufe.

Temporreiche Stücke wie „Az der Rebbe tanst“ oder, als eine der Zugaben, „Tsen Brider“, bei denen die Musiker ihrem Namen Fojgl, „Vogel“, gemäß fast zu fliegen schienen, wechselten mit ruhigen, melancholischen Liedern, die wie der Auftakttitel „Di draj nejtorns“, die drei Näherinnen, vom manchmal harten Leben erzählten: „Ich nej mir krank, ich nej mir blind.“. Andere Lieder wechselten mehrfach Tempo und Rhythmus, was den Musikern offenbar keinerlei Anstrengung bereitete.

Etwa die Hälfte des Fojgl-Repertoires sind Eigenvertonungen alter jiddischer Gedichte, der Rest im ganz eigenen Stil interpretierte Traditionals. Während eine Besucherin in der Pause meinte, ihr fehle ein bisschen das Volkstümliche, war ein Besucher aus Pleidelsheim gerade von den etwas moderneren Interpretationen begeistert. „Ich spiele selber Geige zu Klezmer-Musik, aber das, was die drei hier bringen, ist wirklich ganz fantastisch!“ Und der Meinung schloss sich die große Mehrheit der Besucher an. „Ein echtes Erlebnis!“, fasste einer davon einen außergewöhnlichen Konzertabend zusammen.