Tragen die Verantwortung: Der Sozialarbeiter Stefan Hornung, die beiden Ehrenamtlichen Monika Rotbauer und Gabriele Steidle sowie Erich Hoerler, Leiter der Diakonischen Bezirksstelle Marbach (von links). Foto: Oliver von Schaewen

Das Kontaktstüble bietet psychisch Kranken einen geschützten Raum für Begegnungen.

Marbach - Die große Frühstücksrunde löst sich gegen 11 Uhr auf. Gabriele Steidle räumt die letzten Kaffeetassen weg. „Wir sind ganz spontan“, sagt sie – und berichtet, dass einige der Gäste jetzt an der Sonne spazieren gehen, andere draußen neben dem DRK-Heim ein wenig Tischtennis spielen. Wieder andere finden sich im großen Raum zum Kartenspielen zusammen. „Für die Menschen zählt der Wohlfühlfaktor – sie fühlen sich hier angenommen“, weiß Steidle, die als eine von drei ehrenamtlichen Helferinnen das Kontaktstüble begleitet. „Ich habe den Haufen hier lieb gewonnen – es ist eine tolle Truppe“, sagt die Mitarbeiterin, die beruflich in der Kinder- und Jugendarbeit eingespannt ist und hier mitwirkt, ohne dafür auch nur einen Cent zu verlangen.

Dankbar über die Hilfe ist Erich Hoerler, Geschäftsführer der Diakonischen Bezirksstelle Marbach. „Ohne Ehrenamt geht es bei uns nicht“, sagt er und verschweigt nicht, dass er sich noch über einige hilfreiche Hände mehr freuen würde. „Es ist kein einfacher Job, man muss erst mal reinfinden – aber er gibt einem auch eine Menge.“

Angefangen hat die Geschichte des Kontaktstübles im Jahr 1993. Damals trafen sich psychisch erkrankte und sozial isolierte Menschen zunächst ausschließlich in den Räumen der Diakonischen Bezirksstelle in der Schillerstraße. Das ist auch heute noch mittwochs möglich, aber der zweite Treff, der seit sieben Jahren im Marbacher DRK-Heim besteht, bietet darüber hinaus ganz andere Möglichkeiten. „Wir haben hier mehr Raum, auch nach draußen“, berichtet Erich Hoerler mit Blick auf die Anlagen von Schule und Jugendhaus.

Das Spazierengehen zu den nahen Feldern zählt neben dem Basteln und dem Kartenspielen zu den bevorzugten Beschäftigungen der Besucher. „Man ist einfach nicht allein“, sagt eine Frau, die mit ihrem Sohn in Behandlung ist und die unbeschwerten Stunden im Kreis lieber Menschen schätzt. „Hier gibt es kein Nein“, lobt sie und erzählt, „ganz unten“ gewesen zu sein, im Kreise des Kontaktstübles aber wieder Anschluss gefunden zu haben. So geht es auch anderen: Die wöchentlichen Begegnungen strahlen in den Alltag aus. Manche Gäste schließen Freundschaft und unternehmen auch außerhalb des Treffs etwas miteinander.

Professionelle Hilfe bekommen die Besucher außerdem von Stefan Hornung, Sozialarbeiter beim Sozialpsychiatrischen Dienst des Landkreises Ludwigsburg. „Manche Gäste brauchen eine Beratung, und wir besprechen uns im Nebenzimmer – oder sie bringen Formulare mit, und ich helfe ihnen beim Ausfüllen“, sagt er. Es sei wichtig, dass es dezentrale Beratungsangebote gebe, die nicht allzu weit von den Wohnorten entfernt lägen.

Hornung will auch Menschen erreichen, die keine ärztliche Diagnose haben, „aber einsam sind, sich nicht gut fühlen und auf der Suche nach Kontakten sind“. Seiner Meinung nach haben Depressionen in den vergangenen Jahren zugenommen, da der gesellschaftliche Druck steige und dies bei Menschen wirke, die für psychische Krankheiten disponiert sind.

Meistens kommen dienstags rund 20   Personen, zum Stamm der regelmäßigen Teilnehmer zählen laut Erich Hoerler rund 40 Menschen aus dem Evangelischen Kirchenbezirk Marbach bis hinauf nach Beilstein. Bei einem Budget von 1600 Euro arbeite das Kontaktstüble dank Zuschüssen und Spenden kostenneutral. Dies sei aber nicht der springende Punkt „Ich sehe es als eine gesellschaftliche Notwendigkeit an, den psychisch Erkrankten zu helfen.“