Heinz Hörpel kocht seit 2010 für den offenen Mittagstisch „Iss mit“. Foto: Michael Raubold Photographie

Seit 2010 gibt es den offenen Mittagstisch „Iss mit“ der evangelisch-methodistischen Kirchengemeinde. Jeden Mittwoch wird ein kostenloses Menü serviert – jeder wirft dafür so viel Geld in ein Spendenkästchen, wie er sich eben derzeit leisten kann.

Marbach - Es ist kurz nach 11.30 Uhr an diesem Mittwochnachmittag, und vor der Erlöserkirche warten schon einige Damen und Herren. „Habt ihr denn auch die Zeitung da?“, fragt eine Senioren einen Helfer im Vorübergehen. Andere nutzen die Wartezeit bis zum Mittagessen für ein gemütliches Schwätzchen – doch im Saal und in der Küche wird derweil noch emsig gewerkelt und vorbereitet.

Inmitten all dem Trubel steht der Koch Heinz Hörpel am Herd und frittiert ruhig ein Schnitzel nach dem anderen: „Das Fleisch muss schwimmen – und es saugt sich nicht voller Fett, wie viele Leute immer denken.“ Seit gut sieben Jahren steht der 73-Jährige mit seinem Helfer-Team einmal in der Woche in der Küche, um gemeinsam für den Mittagstisch „Iss mit“ ein Menü auf die Teller zu bringen. „Angefangen hat alles damit, dass meine Enkelin eine Freundin aus der Schule zum Essen mitgebracht hat, weil sich deren Eltern nicht täglich eine warme Mahlzeit leisten können“, erinnert sich Hörpel zurück. Das hat ihn beschäftigt und so stellte er nur einige Wochen später im Rahmen einer Klosterauszeit dem Rest der Gemeinde seine Idee vor, doch in der Erlöserkirche ein kostenfreies Mittagessen anzubieten: „Der damalige Pastor war gleich mit von der Partie.“ September 2010 lud man zum ersten „Iss mit“ – 19 Personen kamen, bis Weihnachten waren es dann 50.

Heute schwanken die Besucherzahlen zwischen 70 und 90 Personen – je nachdem, was aufgetischt wird: „Heute könnten es wieder mehr werden, weil es Schnitzel gibt.“ Heinz Hörpel kennt seine Gäste – vor allem Fleischgerichte kommen gut an. Als Beilage gibt es heute Kartoffelsalat, den die Helfer vorbereiten: 25 Kilogramm Knollen müssen geschält und in Scheiben gehobelt werden. Letzteres übernimmt Waltraud Hörpel, die Ehefrau: „In der Gastronomie gibt es Maschinen dafür, aber wir setzen auf Handarbeit.“ Außerdem kann man sich die Arbeit mit einigen Anekdoten gleich viel lustiger gestalten. „Heinz hat am ersten Tag unserer Ehe zum ersten Mal gekocht“, so Waltraud Hörpel. „Und das ist missglückt. Das Essen ist dick eingebrannt – und das war ein ganz neuer Topf.“ Das kennt auch der frühere Pastor Traugott Holzwarth, der mit seiner Frau Anja unermüdlich an der Spüle Kartoffeln schält: „Ich habe mal einen Topf Blaukraut einfach vergessen.“

Heute – knapp 50 Jahre später – geht Heinz Hörpel die Arbeit deutlich besser von der Hand. „Ja, Kochen ist schon meine Leidenschaft“, bestätigt der Hobbykoch, während er nebenbei die Schnitzel mit der selbst zusammengestellten Würzmischung bestreut und ruckzuck paniert. In seiner Freizeit arbeitet er in einem Besen mit. Außerdem bekocht er den Bekanntenkreis und war Mitglied im Männerkochkreis.

Die Erfahrung schmecken die Gäste. „Viele sagen uns, bei uns wäre es wie im Gourmetrestaurant“, erzählt Waltraud Hörpel. Das liegt daran, dass viel Liebe in die Speisen fließt. Das gilt auch für die Garnituren auf den einzelnen Tellern: „Ich habe für heute Marokko-Minze aus dem eigenen Garten mitgebracht.“ Karin Groh richtet dazu die Platten mit Tomate und Petersilie an, die später noch auf dem Kartoffelsalat landen.

Doch nicht nur in der Küche herrscht schon am Morgen Hochbetrieb. Punkt 10 Uhr werden im Saal die Tische gerückt und von Klaus Krause und Wilfried Glock sommerlich mit Blumen dekoriert. „Wir sind für alles zuständig, das außerhalb der Küche stattfindet“, erklärt Glock. Heißt: Sobald die Gäste am Platz sitzen, werden sie von den beiden auch bedient. Die beiden Männer haben immer einen Blick darauf, an welchem Tisch gerade etwas fehlt oder wo noch ein Plätzchen frei ist.

Davon finden sich schon kurz nach der Eröffnung kaum welche mehr. „Zu uns kommen sowohl Gruppen als auch einzelne Personen – egal ob aus dem DLA, dem Team oder Bedürftige“, hat Heinz Hörpel über die Jahre beobachtet. Alle sitzen im Einklang an den großen Tischen und teilen das Essen, das sich übrigens aus Spenden finanziert. Wer isst, wirft so viel in eine Box, wie er sich eben leisten kann.

„Wir kochen hier außerdem für Leib und Seele“, stellt Anja Holzwarth noch fest. Das Angebot wird oft von Älteren genutzt. „Eine Dame hat mir erzählt, dass sie sich immer auf den Mittwoch freut, weil sie dann einmal nicht alleine essen muss und unter Leute kommt“, berichtet Waltraud Hörpel. Das sei auch kein Einzelfall. „Die Gemeinschaft beim Mittagstisch ist hier mindestens so wichtig wie das Essen.“