Besigheim (Foto), Bietigheim und Mundelsheim: Der Grünen-Kandidat Tayfun Tok schwärmt für die historischen Altstädte und Ortskerne im Landkreis. Foto: by Martin Kalb

Der Murrer Tayfun Tok will für die Grünen in den Landtag einziehen. Im Gespräch erzählt er von seiner Motivation und seiner Absicht, Vorurteilen abzubauen.

Murr - Der 11. September 2001 hat mich politisiert“, sagt Tayfun Tok. Die Terroranschläge in den USA hätten dazu geführt, dass er schon als Jugendlicher in die Partei der Grünen eintrat. Damals ging der Enkel türkischer Gastarbeiter, der in Ludwigsburg geboren wurde, noch auf die Schule. Der Grundschule in Steinheim war zunächst die Werkrealschule in Murr gefolgt. Sein Abitur legte der heute 34-Jährige am Wirtschaftsgymnasium Robert Franck in Ludwigsburg ab.

„Damals wollte ich Lehrer werden“, erzählt Tok. Deshalb studierte er an der Universität in Gießen die Fächer Politische Ökonomie und Geschichte. Doch nach einem Praktikum und dem Ersten Staatsexamen entschied er sich zu einem Wechsel. „Ich habe gemerkt, dass das nichts für mich ist“, sagt Tayfun Tok und gibt zu: „Das war für mich eine kleine Krise.“ Seine Familie sei stolz auf ihn gewesen, weil er als Erster das Abitur machte und studierte. Keine Selbstverständlichkeit, meint Tok, der nach der Trennung seiner Eltern mit seiner Mutter von Steinheim nach Murr zog.

Schließlich absolvierte er bei der Industrie- und Handelskammer eine Weiterbildung zum Betriebswirt und arbeitete einige Zeit für die Grüne Bundesabgeordnete Ingrid Hönlinger aus Ludwigsburg.

Zwei Jahre lang war der VfB-Fan Mitarbeiter im Wahlkreis des Grünen-Bundestagsabgeordneten Cem Özdemir. Eine Zeit, in der er viel gelernt habe, sagt Tok, auch über parteiinterne Strukturen. Seit mehreren Jahren ist er nun bei einer Krankenkasse beschäftigt und betreut von Backnang bis Freiberg mittelständische Firmen bei deren betrieblicher Gesundheitsförderung.

Er habe eine Vorliebe für Geschichtsbücher und historische Altstädte wie Bietigheim, Besigheim und Mundelsheim. Zurzeit lese er ein Geschichtsbuch über den Zerfall alter Reiche. Seit einigen Jahren ist Tok verheiratet, seit knapp eineinhalb Jahren Vater eines Sohnes. Als seine Frau, die aus Sigmaringen stammt und Handelsfachwirtin ist, damals in den Landkreis zog, habe er ihr begeistert die Umgebung mit den Weinbergen, der Neckarschleife und den Altstädten gezeigt. Vor Kurzem war Tok in Elternzeit: „Ich habe viele Windeln gewechselt und Zeit mit der Familie verbracht.“

Seit 2014 sitzt der 34-Jährige für die Grünen im Gemeinderat von Murr: „Wir haben Murr begrünt“, sagt er stolz und erzählt von der einst „schwarzen Hochburg“. Ja, er sei ehrgeizig, gibt er unumwunden zu: Wenn er etwas erreichen wolle, „gehe ich die Dinge richtig an“.

„Ich bin im Landkreis verwurzelt“, betont Tok. Wenn man „nicht Häberle oder Müller“ heiße, habe man immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen und werde Gesinnungstests unterzogen. Er werde zum Beispiel gefragt, ob er Alkohol trinke („Ja“) oder seine Frau ein Kopftuch trage („Nein“). „Ich bin Moslem und Deutscher“, fasst er zusammen.

Der Grünen-Kandidat will sich vor allem für die Themen Bildung, Integration und Umwelt engagieren.

Er möchte Vorbild werden für Menschen, die wie er selbst aus einfachen Verhältnissen stammen. „Ich möchte ihnen helfen, ihre Träume zu verwirklichen“, sagt er selbstbewusst. Um das zu erreichen, will er in die politische Arbeit „einen anderen Sound hinein bringen und nahe an den Menschen sein.“ Trotz der ehrgeizigen Ziele will Tayfun Tok die Bodenhaftung nicht verlieren: „Ich will meine Überzeugung nicht aufgeben und normal mit den Leuten schwätzen.“