Gisela Bauer übt Deutsch-Vokabeln mit ihren Schülern aus der Ukraine. Foto: Ines / Rudel

In Fellbach und Waiblingen starten die beiden ersten VHS-Sprachkurse für ukrainische Flüchtlinge – dank einer Spende der Kreissparkasse. Die Nachfrage ist groß.

Wenn Gisela Bauer im Fellbacher CVJM-Heim ihren Deutschunterricht für ukrainische Flüchtlinge beendet, dann dauert es keine fünf Minuten und der Unterrichtsraum ist aufgeräumt – und bereit für die nächste Gruppe, die ihn nutzen will. Laut Stephanie Köhler, Leiterin der Volkshochschule Unteres Remstal, ist das eher ungewöhnlich - ein Zeichen dafür, wie entschlossen die Neuankömmlinge sind, das Beste aus ihrer Situation zu machen, und wie diszipliniert sie sich ihren neuen Alltag zu organisieren versuchen. „Alle sind sehr motiviert und wollen die Sprache so schnell wie möglich lernen“, sagt sie. Das habe sich von Anfang an abgezeichnet: Der Kurs sei innerhalb von einem Tag ausgebucht gewesen. Mehr noch: Viele der Teilnehmer wollten sich schon vor Beginn ans Lernen machen und fragten, welches Lehrbuch sie sich besorgen sollten.

Das Ziel: So schnell wie möglich Arbeit finden

Eine von ihnen ist die 33-jährige Katerina aus Kiew. Die junge Frau spricht fließend Englisch, sie hat in Kiew in einem großen Hotel gearbeitet. Auch hier will sie so schnell wie möglich Arbeit in der Gastronomie finden: „Ich möchte nicht, dass andere für mich bezahlen müssen, ich möchte mich integrieren“, sagt sie. Bis es soweit ist, muss sie allerdings noch einige Hürden nehmen.

Denn auch wenn die Bundesregierung beschlossen hat, dass ukrainische Flüchtlinge schnell eine Arbeitserlaubnis bekommen sollen, anders als Einwanderer aus Syrien: Zuerst müssen sie einen Sprachkurs absolvieren. Und wie das genau geregelt wird, sagt Stephanie Köhler, die Leiterin der Volkshochschule, sei bis zur vergangenen Woche noch nicht klar gewesen.

Nicht jeder der Teilnehmer beherrscht schon die Schrift

Umso glücklicher war sie, als die Kreissparkasse Waiblingen sich bereit erklärte, zwei Sprachkurse für Menschen aus der Ukraine zu finanzieren, die sofort beginnen können. Der eine findet nun montags und mittwochs im CVJM-Heim in Fellbach statt, der andere dienstags und donnerstags in der Waiblinger VHS-Stelle. Beide Kurse sind ausgebucht. Bis Mitte Juli können die 35 Teilnehmer im Alter zwischen 18 und 75 Jahre nun ein A1-Zertifikat schaffen.

Natalia Schwarzhorn, die die Waiblinger Klasse unterrichtet, versteht Ukrainisch gut genug, um sich mit ihren Schülern unterhalten zu können. In Fellbach assistiert eine Ehrenamtliche bei Alltagsproblemen wie der Frage, wie man ein Girokonto eröffnet. In Waiblingen gehört zum Kurs außerdem eine Kinderbetreuung. In Fellbach besteht der Kurs überwiegend aus jungen Frauen. Nicht jede der Teilnehmerinnen hat dabei so gute Startbedingungen wie Katerina mit ihren Englischkenntnissen. Viele von ihnen müssen sich erst an die neue Schrift gewöhnen.

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Die Kosten von etwa 12 000 Euro hat die Kreissparkasse Waiblingen komplett übernommen, die Förderung wurde durch die Abteilung für bürgerschaftliches Engagement bewilligt. „Wir werden immer wieder gefragt, was wir mit „öffentlichem Auftrag“ meinen“, sagte Karlheinz Weckerle, Filialdirektor Privatkunden. „Das hier ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir unseren Auftrag verstehen – nämlich schnell und unbürokratisch zu helfen.“

Der Sprachkurs ersetzt den Integrationskurs nicht

Inzwischen ist laut Ralf Sonntag, dem Leiter des Fachbereichs Deutsch und Integration, klar, wie es nach dem Kurs für die Flüchtlinge weitergehen wird: Sie müssen sich bei der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge registrieren lassen, um einen Integrationskurs absolvieren zu können. Diese Kurse vermitteln nicht nur Sprachkenntnisse, sondern auch Alltagswissen. Um arbeiten zu können, brauchen sie dann noch einen sogenannten Berufssprachkurs. Sattelt man auf den Integrationskurs noch hundert Stunden obendrauf, hat man auch die notwendigen Sprachkenntnisse für eine Einbürgerung.

So weit denkt vermutlich noch keine der Teilnehmerinnen – Katerina sagt, sie möchte wieder zurück nach Kiew, sollte der Krieg irgendwann vorbei sein. Aber bis dahin ist sie fest entschlossen, zu lernen. Am liebsten sogar mehr als nur zwei Tage pro Woche.

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