Riskante Überholmanöver gehören trotz Verbots offenbar zum Alltag auf der Landesstraße 1115 Foto: Werner Kuhnle

Schwere Unfälle lassen den Ruf nach mehr Sicherheit aufkommen. Ob ein Teilausbau erreicht werden sollte, darin ist man sich uneinig.

Großbottwar - Der jüngste Unfall ist gerade mal eine Woche her. Ein 77-Jähriger war auf der Landessstraße 1115 bei Aspach-Karlshof mit seinem Mercedes auf die Gegenfahrbahn geraten und in einen VW Lupo gekracht – dessen Fahrer wurde lebensgefährlich verletzt. Der Kurzbericht unserer Zeitung erreichte auf Facebook die hohe Zahl von mehr als 11 000 Usern. „Ich find’s so tragisch, dass es dort so oft kracht“, schreibt ein Leser empört und fordert eine Radarsäule. An der Stelle ist Tempo 60 vorgeschrieben. Fehlende Moral beklagt auch eine andere Facebook-Nutzerin: „Ich fahre die Strecke öfter: Was man da sieht und erlebt, da wundert mich nix mehr. Da wird gedrängelt, überholt und trotz Gegenverkehr gerast, was das Zeugs hält.“

Von „Überlegungen, die Straße besser zu sichern“, weiß Matthias Kreuzinger, Sprecher des Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart als zuständiger Behörde, der eine Bürgeranfrage zur Situation auf dem Autobahnzubringer vorliegt. Das Problem sei der Überholdruck auf der einspurigen Fahrbahn. „Lastwagen oder langsame Autos können nur schwer überholt werden.“ Beruhigend könnte eine Ampel am Karlshof wirken, sie sei aber noch nicht in Betrieb gegangen, berichtet der RP-Sprecher.

Von der Ampel weiß auch Hannes Östreich, Sprecher der Stadt Backnang. Laut Östreich sollen außerdem Rotlichtverstöße an der Kreuzung Schöntaler Straße/L 1115 stärker überwacht werden. Er betont: „Wir als Kommune wollen nichts ungeprüft lassen, um in dem Bereich die Sicherheit zu verbessern.“

Im Blick haben die Behörden auch den westlichen Teil des Autobahnzubringers. Dort könnte künftig eine Ampelanlage die Kreuzung der L 1115 mit der L 1110 beim Großbottwarer Storchenkreisel entschärfen. „Die Verkehrssituation dort wird von uns weiter beobachtet“, sagt Andreas Fritz, Sprecher des für den Betrieb zuständigen Landratsamtes Ludwigsburg.

Ursprünglich sollte ein groß angelegter Ausbau des Autobahnzubringers für rund 57 Millionen Euro den Verkehrsfluss und die Sicherheit verbessern. Die grün-rote Landesregierung legte das Projekt jedoch vor fünf Jahren auf Eis. Der erste Bauabschnitt zwischen Großbottwar und Großaspach-Karlshof war zuvor in Gemeinderäten intensiv diskutiert worden, das Planfeststellungsverfahren stand vor dem Abschluss. „Wir können das momentan nicht bezahlen“, sagt Daniel Renkonen, Grünen-Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Bietigheim-Bissingen. Er räumt ein, dass Wald und unebenes Gelände den Verkehr erschwerten, doch reiche es aus, wenn Maßnahmen wie Tempolimits und Überholverbote die Sicherheit verbesserten.

Anderer Meinung ist Manfred Hollenbach, CDU-Abgeordneter des Wahlkreises Bietigheim-Bissingen. „Der Verkehr steigt“, sagt er und verweist auf die abgestimmten Planungen, die für den ersten Bauabschnitt in den Schubladen liegen. „Die B 14 wird weiter ausgebaut“, sagt er mit Blick in den Rems-Murr-Kreis und spricht von einer „Vernachlässigung einer wichtigen Verkehrsader“. Die Anbindung des Rems-Murr-Kreises an die Autobahn  81 sei eine wichtige Aufgabe.

Ein Ausbau des Autobahnzubringers kommt laut Thomas Reusch-Frey, dem SPD-Abgeordneten im Wahlkreis Bietigheim-Bissingen, aus finanziellen Gründen vorerst nicht in Frage. „Ich favorisiere aber langfristig den Ausbau“, sagt er und rechnet mit zehn Jahren Wartezeit. Ein derart teures Projekt würde das Landesstraßenbauprogramm blockieren. „Auch eine CDU-Regierung hat es nicht geschafft, das Projekt aufzunehmen.“ Zunächst sollten Sicherheitsexperten die Lage verbessern.

In den Maßnahmenplan Landesstraßen sei die L 1115 zwar nachrichtlich aufgenommen worden, teilt Julia Pieper, Pressesprecherin des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur des Landes mit – „mit den regulär zur Verfügung stehenden Mitteln ist dieses Großprojekt derzeit jedoch nicht finanzierbar“. Als nächste Schritte stünden die Kostenfortschreibung zur Genehmigung sowie der Abschluss des Planfeststellungsverfahrens für den ersten Bauabschnitt an. Sinnvoll wäre, den Autobahnzubringer zur Bundesstraße aufzustufen. Mit dem Bundesverkehrministerium haben aber laut Pieper dazu noch keine Gespräche stattgefunden. Dies werde das Landesministerium tun, sobald der Bundesverkehrswegeplan veröffentlicht ist.