Debora Parra bietet auch sonst einen Mittagstisch zum Abholen an. Foto: Oliver von Schaewen

Wenn genügend Menschen den Abholservice der Restaurants nutzen würden, könnten die Betriebe überleben. In Marbach startet am 17. Dezember der GastroAdvent.

Marbach/Bottwartal - Die Corona-Zeiten sind hart, auch für Debora Parra, Wirtin im i-dipfele in Marbach. Doch den Kopf steckt sie deshalb nicht in den Sand. Im Gegenteil: Statt sich auf staatliche Hilfen zu verlassen, die vielleicht zu spät ausgezahlt werden, setzt sie ausschließlich auf Eigeninitiative, um ihren Abholservice bekannt zu machen. „Ich verteile an jedem Wochenende 2000 Flyer mit unserer Wochenkarte in der Stadt“, sagt die Wirtin. Die Rückmeldung bei Gesprächen an der Haustüre empfinde sie als ermutigend. Unterstützt werde sie von Sedat Güragac, der das Café Winkler betreibt und sie begleitet. „Wir sagen den Leuten auch, dass wir Marbacher Wirte nicht gegeneinander, sondern gemeinsam kämpfen – und dass es gut ist, wenn sie vielleicht im Laufe der Zeit mal bei jedem von uns einmal bestellen würden.“

Das ist auch die Idee des Marbacher GastroAdvents – einer Aktion, die das Stadtmarketing Marbach und die neue Citymanagerin Heike Büttner mit Parra aus der Taufe gehoben haben. Die Idee ist, Marbacher dazu zu bewegen, den Gastronomen gerade an den Weihnachtsfeiertagen mit abgeholten Speisen einen Umsatz zu ermöglichen. So soll deren langfristiger Erhalt gesichert werden (siehe Interview).

Debora Parra hofft auf die Solidarität von Bürgern mit Wirten. Denn deren Lage ist ernst. Auch wenn sie bei Gesprächen an der Haustüre viel Verständnis und später auch Bestellungen bekomme, „ist der Umsatz immer noch zu niedrig“. Debora Parra appelliert deshalb an mögliche Kunden, sie sollten vor dem Corona-Virus Respekt, aber keine Angst haben und sich tagsüber nicht völlig zu Hause verbarrikadieren. Gut getan habe ihr, dass ihr Vermieter die Pacht für das i-dipfele gesenkt habe. Sie wolle auf jeden Fall weitermachen.

Die ungewisse Situation ist für Regina Jäger, Chefin im Restaurant Schillerhöhe, schwer zu ertragen. „Wir haben jetzt zwei Wochen lang ein Tagesessen angeboten, aber es kommen zu wenig Kunden, damit sich der Einkauf lohnt“, berichtet sie. Die Treue von etwa zehn Stammgästen ermutige sie, doch erst wenn es etwa 30 gewesen wären, hätte sich der Aufwand rentiert. Deshalb spezialisiere sich das Restaurant jetzt auf den Abholservice am Wochenende. „Freitags, samstags und am Sonntag können Gäste ihr Gericht bei uns abholen“, sagt Regina Jäger. Sie hoffe, dass sich viele auch beim GastroAdvent an Weihnachten und Silvester einen Gänsebraten oder ein anderes Gericht gönnen, das in Abholboxen mit Anleitung zum Aufwärmen bereitgestellt werde.

Die staatlichen Hilfen fließen laut der Gastronomin „schleppend“, man habe auch Abzüge, sodass ein Restaurant beileibe keine 75  Prozent der sonst üblichen Umsätze gezahlt bekomme. „Wir brauchen jetzt einfach auch die Unterstützung der Gäste.“

Einige seiner Stammgäste kommen regelmäßig am Mittag und am Wochenende abends, um eine Mahlzeit abzuholen, erzählt Eugenio Domenech von der Trattoria Toscana in Marbach. Doch die Einnahmen seien zu niedrig, die Fixkosten hingegen würden weiterlaufen. „Wir alle, egal ob in Stuttgart oder in Ludwigsburg, sind in einer ähnlichen Situation.“ Was ihm Hoffnung macht? „Wir müssen ein Licht am Ende des Tunnels sehen: dass wir so bald wie möglich wieder aufmachen können.“ Denn die staatlichen Hilfen werden erst im Januar ausbezahlt, habe ihm ein Fachverband der Gastronomen mitgeteilt.

Und im Bottwartal? Nicht unterkriegen lässt sich Thomas Mayer, der seine Gäste auf der Burg Hohenbeilstein arg vermisst. „Die Gäste kommen ja zu uns, nicht nur weil es ihnen schmeckt, sondern weil sie sich hier behaglich fühlen können.“ Die Corona-Pandemie habe zu starken Einbußen geführt. „In diesem Jahr sind allein 90  Veranstaltungen ausgefallen“, erklärt er. Die staatlichen Hilfen seien zugesagt worden, aber fließen nicht so schnell, wie sie sollten, hat Mayer festgestellt. „Wir haben auf der Burg immer auch hohe Heizkosten – wir sparen, ich muss meinen Angestellten aber natürlich auch genügend Wärme bieten.“ Seine Festangestellten lässt Mayer in Kurzarbeit weiter tätig sein, die Freien dürfen ein- oder zweimal im Monat für drei Stunden ran, wenn sie das gesundheitliche Risiko eingehen und in dieser Zeit arbeiten möchten.

Lichtblicke sind für Thomas Mayer die Gäste, die ihm die Treue halten, indem sie seinen Abholservice nutzen. „Die Gäste wissen, dass sie unseren Sauerbraten oder unsere Rouladen in einem guten Zustand zum Verzehr erhalten.“ Toll fand Mayer, dass einer seiner 82 Azubis ihm einen Internetauftritt bastelte, mit dem der Abholservice online genutzt werden kann. In guter Stimmung bleibt der 61-Jährige, wenn er an seine Familie und insbesondere die vier Enkel denkt. Jetzt hofft er, dass die Pandemie irgendwann nicht mehr diese Einschränkungen mit sich bringt.

Marbach - Das Marbacher Stadtmarketing und die Wirte ziehen an einem Strang. Sie organisieren den Marbacher GastroAdvent. Was es damit auf sich hat, erklärt die Citymanagerin Heike Büttner.

Was ist der Marbacher GastroAdvent?

Es ist ein Zusammenschluss von Gastronomen, die gemeinsam über die Weihnachtstage spezielle Gerichte anbieten möchten. Die Idee dafür hatte Debora Parra vom i-dipfele, auch das Restaurant Schillerhöhe, die Trattoria Toscana, der Schillerhof, das Café Winkler, das marktdreizehn sowie die Weingärtner Marbach und das Eiscafé Silvana machen mit.

Worin besteht für Interessierte das Besondere dieser Aktion?

Während der Pandemie können wir nicht in Restaurants essen gehen, aber für zu Hause zum Beispiel ein Weihnachtsmenü bestellen. Die Wirte bieten über die Feiertage an, ihre ganz unterschiedlichen Gerichte daheim zu probieren. Das kann die klassische Weihnachtsgans sein oder eine Spezialität aus Portugal, Irland oder Italien. Man kann natürlich auch andere Gerichte wählen – wir erhoffen uns davon, dass die Wirte durch diese Aktion einen Schub erhalten, um die kritische Phase zu überstehen, damit es in Marbach weiterhin ein attraktives Angebot gibt.

Wie ist die Aktion mit den Pandemie-Vorgaben vereinbar?

Wir meinen sehr gut. Denn das To-go-Verfahren ist bisher noch nicht von der Politik infrage gestellt worden. Man kann das Abholen mit einem Spaziergang an der frischen Luft kombinieren – sonst würde man vielleicht erst nach dem Essen spazieren gehen, so ist es vorher. Und die Gastronomen sorgen dafür, dass sie breite Zeitfenster haben, in denen die Kunden die Speisen so abholen, dass niemand lange warten muss.

Bis wann läuft die Aktion noch?

Sie startet am 17. Dezember. Wir möchten sie bewusst bis 27. Dezember begrenzen. Es geht vor allem um die Feiertage. Der Advent ist für Wirte eine wichtige Zeit. Jetzt würden viele Weihnachtsfeiern stattfinden. Familien können sich noch bis zum 20. Dezember in Ruhe überlegen, wie sie das Angebot in ihre Weihnachtstage integrieren. Vielleicht will ja auch jemand den Braten selbst machen und sucht nur etwas Süßes wie etwa Tiramisu.