Eberhard Kulf bei der Führung Foto: Werner Kuhnle

Eberhard Kulf brachte den Teilnehmern der ersten offiziellen Führung im Fritz-Genkinger-Kunsthaus das Wesen des vielseitigen Künstlers nahe.

Marbach - Es war keineswegs allein die Kühle des Museums, die die 15 Besucher am Freitag in das Fritz-Genkinger-Kunsthaus gelockt hat. Bei der ersten öffentlichen Führung, deren Auftakt in den Händen von Eberhard Kulf lag, zeigten die Gäste vielmehr großes Interesse an einem Künstler, der vielseitiger kaum sein dürfte. So vielseitig, dass Kulf, jahrelang Vorsitzender beim Kunstkreis Marbach, davon sprach, dass immer wieder angezweifelt werde, ob sämtliche Werke in dem Kunsthaus von einem Einzigen erschaffen worden seien. Diese Vielseitigkeit, die Kulf analog den bunten Schichten des Böttinger Marmors aufzeigte – ein Werkstoff, den Genkinger im letzten Schaffensabschnitt seines Lebens ausgereift bearbeitete – nahm der Redner als roten Faden für seine ausführliche Einführung in die Kunstwelt Genkingers auf.

Genkinger lebte 20 Jahre in Marbach

Wortreich und sensibel widmete sich Kulf dabei den einzelnen Schaffens- und Lebensphasen des Künstlers, der immerhin 20 Jahre in Marbach-Rielingshausen lebte, bevor er auf die Alb umsiedelte. „Das gibt heute keine kunsthistorische Einführung“, betonte der Erdmannhäuser, der am FSG unter anderem Geschichte lehrte. Vielmehr vermochte es Kulf auf besondere Weise, den Zuhörenden die Mehrdeutigkeit der Bilder nahezubringen und den Besucher selbst in „die Hohe Schule des Denkens und der Kunstbetrachtung“ einzuführen.

Denn laut Genkinger gebe es keine „richtige Interpretation“. Diese Betrachtungsweise im Fokus näherte sich auch Eberhard Kulf dem Künstler und Menschen Genkinger nicht mit unumstößlichen Aussagen, sondern gleichsam mit Fragen und Vermutungen, mit eigenen Interpretationsansätzen, was dessen Kunst betrifft. Und die nähren sich bei Kulf, der Genkinger persönlich kannte, freilich aus einem lebenslangen Training, Kunst und die individuelle Aussagekraft von Künstlern zu begreifen.

Weltweite Anerkennung

Da Genkingers Offenheit gegenüber Neuentwicklungen „das Wesen seiner künstlerischen Freiheit darstellt“ und er selbst „verständnislos darauf reagierte, wenn Kollegen immer das gleiche tun“, war die Tatsache, dass Fritz Genkinger unterschiedlichste Ergebnisse produzierte, rasch nachzuvollziehen. Kulf, der versuchte aus dem Blickwinkel des Künstlers zu sprechen, gelang mit seinen Ausführungen zudem ein wirkungsvoller Spagat: er zog Neulinge wie Kenner des Künstlers gleichermaßen in den Bann.

Kulf sorgte einerseits für tiefgründige Auslegungen und Details, die kunsthistorisch anerkannt sind; auf der anderen Seite bemühte er sich um eine strukturbildende Einbettung der Arbeiten, die etwa mit den legendären Sportbildern Ruhm und weltweite Anerkennung brachten. Auch erfuhren die Zuhörenden, dass „der Kunstmarkt verärgert reagierte, weil Genkinger irgendwann keine Sportbilder mehr malen wollte“. Ein Zeichen dafür, „dass der Maler sich kein Etikett aufkleben ließ“ und sich offensichtlich konsequent und erfolgreich den materiell geprägten Erwartungen entzog.

Den gemeinsamen Nenner aller schöpferischen Ergebnisse Genkingers beschrieb Kulf so: „Bei ihm steht der Mensch und dessen Stellung in der Welt im Mittelpunkt“. Dass Genkinger obendrein gekonnt Symbole einbaute und den Menschen gesamtkosmisch in seine Arrangements einbettete, ist ein Ergebnis, das bei der Führung blendend herausgearbeitet wurde.