Wie lange es wohl noch dauert, bis die Gerichte wieder auf Tellern serviert werden können? Foto: KS-Images.de

Die Gastro-Branche hat es derzeit schwer. Ein Blick hinter die Kulissen im Marbacher i-Dipfele.

Marbach - Die Tische sind weggeräumt, die Stühle gestapelt oder hochgestellt: Gähnende Leere im i-Dipfele. So leer es eben auf so wenigen Quadratmetern sein kann. Wirtin Debora Parra wuselt zwischen Theke und Küche hin und her, gerade betritt eine Kundin das kleine Restaurant in der Marbacher Marktstraße. Die Begrüßung ist herzlich, aber auf Abstand. Debora Parra packt die Behälter in die Stofftasche, die Traute Detering mitgebracht hat. „Ich hole mir jeden Tag Essen, immer abwechselnd bei den hiesigen Restaurants“, sagt die Seniorin. Heute gibt es also Spinatlasagne und Salat aus dem i-Dipfele, eines der Tagesgerichte.

Kurz nach ihr betritt Sandra Kintscher das Lokal. Für sich und ihren Mann hat sie heute zwei Portionen Farfalle mit Lachs-Zitronen-Soße – Tagesgericht Nummer zwei – bestellt. Sie überreicht der Wirtin aufgerundete 20 Euro und ein Päckchen Pralinen. „Ich komme regelmäßig, man muss das ja unterstützen“, sagt die Marbacherin. Denn „es wäre wirklich schade, wenn sie zumachen müsste“.

Die Helfer sind alle ehrenamtlich im Einsatz

„Sie“, das ist Debora Parra. Im Sommer 2019 hat sie das i-Dipfele übernommen. Das neue Lokal und auch ihr Catering-Unternehmen liefen gut. Bis der Lockdown kam. „Zumachen“, lautete die Ansage aus dem Ordnungsamt. das ist jetzt fast auf den Tag ein Jahr her. „Ich wusste gar nicht, was ich tun sollte“, sagt Debora Parra rückblickend. „Ich habe echt geheult. Da ging es gar nicht um Umsätze, sondern darum, dass man etwas aufgeben muss, in dem viel Arbeit steckt und Erfolg dahinter steht.“

Zu einer „Krisensitzung“ kam nachts der Familienrat zusammen. Als klares Ziel wurde formuliert: Fixkosten senken. „Ich habe die Aushilfen reduziert und meine Mama quasi rausgeschmissen“, sagt Debora Parra. Ihre Mutter, Maria Madalena Duarte, kochte im i-Dipfele – und tut es auch heute noch. Allerdings unentgeltlich. So wie auch die anderen Helfer im Restaurant, sie sind alle ehrenamtlich im Einsatz wie zum Beispiel der Nachbar Daniel Schorr. Er hilft beim Essen ausfahren und geht gerade wieder mit zwei gut gefüllten Boxen auf Tour. Beliefert wird das Stadtgebiet sowie die umliegenden Orte.

Unter den Stammkunden sind viele Senioren

Neben dem „Fixkosten senken“ war für Debora Parra vor einem Jahr aber auch klar: „Ich kann nicht nichts machen.“ Da sie ohnehin aus der Catering-Branche kommt, stand schnell der Plan: „Wir bieten To Go und liefern das Essen aus.“ Was auch gut angenommen wurde – und nun, im zweiten Lockdown wieder gut angenommen wird. „Ich habe viele Flyer verteilt und verschicke unsere Wochenkarte per E-Mail“, zählt Debora Parra auf. Ihre Kunden sind zum großen Teil Stammkundschaft, darunter viele Senioren. „Manchen bringe ich jeden Tag das Essen.“ Dafür ist sie dankbar und glücklich. „Die Leute sind mega.“

Und Debora Parra ist Wirtin mit Leib und Seele. Jeden Kundenkontakt – und sei er noch so kurz und auf Abstand – genießt sie sichtlich. Immer wieder winkt sie an diesem Mittag aus dem i-Dipfele nach draußen, immer wieder winkt ihr jemand im Vorbeigehen zu.

Letztlich geht es darum, die Kosten zu decken

Ob es sich auch finanziell lohnt? „Nein“, sagt diei-Dipfele-Wirtin. „Ich kann nur standhalten, weil alle umsonst arbeiten – auch ich.“ Zum Glück sei auch ihr Verpächter ihr etwas entgegen gekommen, und ihr Mann habe einen guten Job. Letztlich gehe es darum, die Kosten zu decken. Außerdem ist Debora Parra nun einmal Wirtin mit Leib und Seele. „Ich brauche Menschen“, sagt sie. Alles online, keine Kontakte – „das ist voll die Umstellung“, sagt sie traurig. Was sie auch traurig stimmt, ist der Müll, der mit dem To Go- und Liefergeschäft produziert wird. Sie deutet auf die Alu- und Plastikschüsseln, in die sie ihr Essen verpackt. „Das ist schon extrem.“ Ein wirkliches Ende der momentanen Situation sieht Debora Parra nicht. Im Mai hätte sie Termine für Hochzeits-Caterings. „Ob das stattfindet?“, fragt sie zweifelnd. Sie befürchte eher eine dritte Welle. Und bei all dem müsse man sich immer eines klar machen: „Wir haben nur unsere Zeit und unsere Gesundheit.“