Papa Michael Wenig Foto: Werner Kuhnle

Die Wenigs in Kleinbottwar kümmern sich um ein kleines Paradies. Die Streuobstwiese liegt direkt vor ihrer Haustür – es gibt jede Menge Tiere zu beobachten.

Steinheim-Kleinbottwar - Hinter dem Haus der Wenigs am Ortsrand von Kleinbottwar ist es unglaublich schön. Es grünt, so weit das Auge reicht. Der Blick wird auf etwa 150 Metern eskortiert von zwei Baumreihen – dazwischen Wiese mit Gräsern, alten Stümpfen, bewusst liegen gelassenen Schnittresten: eine Streuobstwiese, urwüchsig und nützlich, ein kleines Paradies. „Wir sind damit total glücklich“, sagt Annett Wenig, Mutter in der fünfköpfigen Familie, die an diesem Tag die Wiese mäht, was nur einmal im Jahr und bewusst spät geschieht.

Aus Liebe zur Natur und der Tierwelt bei ihrem Haus entschlossen sich die Wenigs, die Streuobstwiesen vor fünf Jahren beim Hauskauf hinzuzunehmen. „Ich hatte bis dahin noch nie mit Obstbäumen und ihrem Schnitt zu tun“, erklärt Michael Wenig. Der 42-Jährige entwickelt eigentlich Software für Computer – in der freien Natur beim Haus kann er abschalten. Den alten John-Deere-Traktor ergatterte er als Verhandlungsmasse beim Hauskauf. Seine Kinder Cora (8), Julia (6) und Lars (4) steigen begeistert auf, als der Papa den tuckernden Schlepper startet.

Das späte Mähen gehört zum Konzept. „Die Tiere haben Lebensräume – manche können sich auch einfach nur besser im Gras verbergen“, sagt Michael Wenig. Zwei Rehe waren in diesem Jahr schon zu Gast, ebenso ein Fuchs, ein Feldhase und ein Igel. Ein Schäfer war mit seiner Herde auch schon da. „In einem alten Baum haben wir sogar einen Salamander entdeckt.“ Überhaupt bieten die Stümpfe auf dem Grundstück wertvolle Rückzugsmöglichkeiten. „Letztes Jahr hatten wir hier ein Hornissennest.“ Käfer, Ameisen, Wildbienen: Die Kinder sind angetan von der Tierwelt, auch wenn sechs Wespennester den ein oder anderen ungebetenen Besucher an den Gartentisch fliegen lassen. „Aber so lernen die Kinder, dass sie vorsichtig sein müssen“, sagt Wenig. Dass auf der Fläche von rund 2200 Quadratmetern etwas getan werden muss, sehen alle Familienmitglieder ein. „Ich helfe gerne beim Pflücken“, sagt Cora. Wenn es trocken ist, müssen die jüngeren der 30 Bäume gegossen werden. „Wir laufen dann hin und her und legen den Schlauch einen Baum weiter“, erklärt die Mutter die etwa eineinhalbstündige Prozedur. Die Wenigs wissen: Wenn sie die Wiese nicht direkt vor der Haustüre hätten, wäre die Bewirtschaftung viel schwieriger.

Die Familie hat auf dem Gelände 13  Jungbäume gepflanzt. Einige von ihnen sind weiß angestrichen – ein Hitzeschutz. Das Wissen um Bäume und deren richtige Behandlung hat sich Michael Wenig zuerst bei einem Schnittkurs der Arbeitsgemeinschaft Streuobstwiesen Steinheim (ASS) geholt. Inzwischen ist er als Beisitzer im Vorstand, reinigt unter anderem die Nistkästen von Schleiereulen auf dem Turm der Georgskirche. Als eine der wenigen Streuobstwiesen-Initiativen im Land verzeichnete die ASS in den vergangenen Jahren einen Zulauf. 89 Mitglieder sind es derzeit. Die meisten kümmern sich um den Erhalt der Wiesen – dafür geben die ASS-Bewirtschafter die Äpfel ab, die dann von einer Firma zu hochwertigem Apfelsaft verarbeitet werden. „Man schmeckt heraus, dass die Äpfel mit Sorgfalt geerntet werden“, freut sich Michael Wenig und kauft selbst ASS-Apfelsaft.