Bürgermeisterin Barbara Schoenfeld (links) und Hildegard Büttner, die Sprecherin des Beilsteiner Freundeskreis Asyl, haben die Ehrungen von Ibrahim Albakkar, Saleh Al Bero und Hamed Mohammed (von links) vorgenommen. Foto: Werner Kuhnle

Beilsteins Bürgermeisterin Barbara Schoenfeld und der Freundeskreis Asyl haben fünf Neubürger geehrt, die als herausragende Beispiele für gelungene Integration stehen. Einer der fünf hat seine Ausbildung sogar als Jahrgangsbester von ganz Deutschland abgeschlossen.

Beilstein - Zweieinhalb Monate war Saleh Al Bero unterwegs – einen Monat zu Fuß –, als er Anfang 2015 aus dem Großraum Aleppo mit Frau und Tochter flüchtete. „Wir sind über die Türkei mit einem Boot auf eine griechische Insel und von dort aus über Serbien und Österreich weiter nach Deutschland“, berichtet der heute 28-Jährige am Montagabend im Hof des Beilsteiner Schlosses. Sein eigentliches Ziel: England.

„Da ich in Deutschland aber meine Fingerabdrücke abgegeben habe, konnte ich nicht mehr weiter“, sagt er. Heute ist er froh darüber. Denn in Beilstein hat er wie sein Schwager Ibrahim Albakkar ein Zuhause gefunden. Beide sind ebenso wie Hamed Mohammed sowie die Brüder Mohammed und Abdel Majid Ayoubi – beide arbeiteten und nahmen an den Festlichkeiten nicht teil – von Bürgermeisterin Barbara Schoenfeld und Hildegard Büttner, der Sprecherin des Beilsteiner Freundeskreis Asyl, für ihre gelungene Integration geehrt worden.

„Die drei, die heute hier sind, sind herausragende Beispiele dafür, wie es laufen kann“, so Büttner. Saleh Al Bero etwa absolvierte seine Ausbildung zum Gesellen im Stuckateurhandwerk nicht nur mit Bravour, er wurde sogar Jahrgangsbester von ganz Deutschland und besucht nun seit September die Meisterschule. Und das, obwohl er erst mit seiner Ankunft anfing, Deutsch zu lernen.

Stundenlang wurde die Sprache gepaukt

„Am Anfang war alles sehr schwer. Aber jetzt ist alles gut“, sagt er. Unermüdlich paukte er Vokabeln – und setzte sich dann mit Fachausdrücken auseinander. „Für das Wort ‚Unterkonstruktion’ habe ich zwei Tage gebraucht. Aber Übung macht ja bekanntlich den Meister“, sagt der 28-Jährige und lacht. Von stundenlangem Lernen täglich spricht Schwager Ibrahim Albakkar, der 2014 aus dem Großraum Aleppo kam und inzwischen mit seiner Familie in Schmidhausen lebt. „Unglaublich fleißig, zielstrebig und immer hilfsbereit war er schnell stadtbekannt als ‚Ist das der Friseur?’“, sagt Barbara Schoenfeld über ihn. Der 37-Jährige hat es zum Meister im Friseurhandwerk gebracht und arbeitet in einem Salon in Untergruppenbach. Ein Teil seines Gehalts schickt er an seine in Syrien gebliebene Verwandtschaft.

„Damit sie überleben können“, erklärt er. Er selbst wollte für sich und seine Familie, er hat vier Kinder, einfach einen sicheren Platz zum Leben. „In Syrien stand ich vor der Wahl: Sterben durch Waffen oder auf dem Meer – zum Glück haben wir das Land erreicht. Wüsste ich aber heute, wie der Weg hierher war, ich würde ihn nicht noch einmal auf mich nehmen.“ Von einem harten Kampf voller Ungewissheit, Angst und Entbehrungen erzählt er. „Ich hatte nur die Kleidung dabei, die ich anhatte“, sagt der 37-Jährige. Umso dankbarer war er über die Hilfe, die er vom Freundeskreis Asyl in Beilstein erfuhr. „Ohne die Gruppe hätten wir, und damit meine ich auch meinen Schwager, es nicht geschafft“, ist er sich sicher. Auch, weil er noch mit anderen Syrern in anderen Städten im Austausch ist, die solch eine Hilfe und solch ein Willkommen nie erfahren haben.

Hamed Mohammed hat viel erlebt im Krieg

Der dritte im Bunde, Hamed Mohammed, kam Anfang 2015 aus Aleppo. Dort war das Krankenhaus, in dem er seine Ausbildung zum Krankenpfleger absolvierte, durch Bomben zerstört worden. „Ich habe viel erlebt im Krieg. Damals wurde ich gar für einen Monat ins Gefängnis gesperrt, ohne Grund. Ich habe mir gesagt: Hier gibt es keine Zukunft“, so der 31-Jährige. In der Türkei lebte er mit anderen Geflüchteten in einer WG, „aber wir wurden ziemlich gemobbt“. Daraufhin verschlug es ihn nach Wien. „Dort durfte ich aber nicht bleiben. Sie wollten mich zurück nach Ungarn schicken, weil dort meine Fingerabdrücke erfasst waren. Daraufhin bin ich in den nächsten Zug nach Stuttgart gestiegen.“ In Beilstein fühlte er sich schließlich angekommen. Er fing im Haus Ahorn an, als Pflegehilfskraft zu arbeiten und absolvierte dort auch erfolgreich seine Ausbildung als Fachkraft für Altenpflege.

Ebenfalls für ihr Durchhaltevermögen und ihre gelungene Integration geehrt und mit zehn Eintritten für das Beilsteiner Hallenbad beschenkt wurden die Brüder Mohammed und Abdel Majid Ayoubi, die einst in Damaskus lebten. Sie kamen in der ersten Flüchtlingsgruppe 2014 in die Langhans-stadt. Mohammad ist nun zertifizierter Busfahrer, Abdel Majid zertifizierter Lastwagenfahrer. Er arbeitet in einer Spedition. Zusammen leben die Brüder mit ihren Familien in Brackenheim im eigenen Haus.

Die Arbeit des Freundeskreises war erfolgreich

„In den Jahren 2014/15 und 16 kamen etliche Asylsuchende zu uns. In ein Land, von dem sie weder die Sprache noch die Kultur kannten. Der Bund hat viel getan in dieser Zeit, aber ohne das ‚Mehr’ von Menschen wie Ihnen, wäre eine Integration nicht möglich. Dafür gebührt Ihnen jeglicher Dank – Ihre Arbeit war erfolgreich“, sagte Barbara Schoenfeld in Richtung des Freundeskreises Asyl, ehe sie mit allen zur Feier des Tages anstieß.

Der Freundeskreis Asyl

Der Freundeskreis
gründete sich Ende 2014, als die ersten Flüchtlinge in Beilstein eintrafen. Zwischenzeitlich zählte der Freundeskreis 52 Mitglieder, heute sind noch etwa zwölf aktiv dabei. Bis heute unterstützten die Ehrenamtlichen mehr als 170 Flüchtlinge, von denen die meisten inzwischen Fuß gefasst hätten, und halfen bei jedem Anliegen. Es wurden eine Kleiderkammer und eine Möbelkammer ins Leben gerufen, außerdem bot man den Hilfesuchenden qualifizierte Sprachkurse an und unterstützte sie bei Wohnungs- und Arbeitssuche und bei Behördengängen. Die Kleider- und Möbelkammer gibt es heute nicht mehr, dafür läuft die Jugendarbeit aber noch auf Hochtouren. „Sechs ehrenamtliche Helfer betreuen acht Kinder und Jugendliche. Gerade während Corona waren wir bestrebt, die entstandenen Lücken zu schließen“, berichtet Christoph Murmann. Seit dem Jahr 2019 hätten inzwischen fünf Schüler die Schule mit einem Abschluss verlassen, viele seien auf dem Gymnasium.