Haben die Weinchronik fortgeschrieben: Patrick Holl, Claudia I., Ellen Volzer und Dietmar Rupp (von links). Foto: Werner Kuhnle

Erstmals ist die traditionelle Weinproklamation im Rathauskeller ein eigenständiger Termin unabhängig vom Andreasmarkt gewesen. Die Weinchronik der Langhansstadt reicht bis ins Jahr 1693 zurück.

Beilstein - Im rappelvollen Beilsteiner Rathauskeller sind am Freitagabend oftmals die Begriffe „neues Format“ und „Improvisation“ gefallen. Das war einerseits ungewöhnlich bei einer Veranstaltung wie der traditionellen Weinproklamation, die ihre 33. Auflage erlebte. Andererseits war es tatsächlich auch eine Premiere, denn erstmals fand die Weinproklamation nicht zusammen mit dem Andreasmarkt statt. Dieser wird seit dem vergangenen Jahr am letzten Oktoberwochenende abgehalten, wenn die Uhr von Sommer- auf Winterzeit umgestellt wird. Zuvor hatte dieser jahrelang stets am ersten Adventswochenende stattgefunden, litt jedoch mehr und mehr nicht nur unter dem schlechten Wetter, sondern auch unter der Konkurrenz durch immer früher öffnende Weihnachtsmärkte.

Nachdem die Weinproklamation im vergangenen Jahr Ende Oktober – zum neuen Andreasmarkttermin – stattgefunden hatte, fiel die Fortschreibung der Weinchronik, die bis ins Jahr 1693 zurückreicht, diesmal wieder auf den angestammten Termin Ende November. Doch wann immer die Weinproklamation stattfindet, das Publikum erscheint zahlreich und auch prominente Besucher hatten den Weg in den Beilsteiner Rathauskeller gefunden. So war neben dem Beilsteiner Bürgermeister Patrick Holl auch dessen Amtskollege Markus Kleemann aus Oberstenfeld erschienen, Friedlinde Gurr-Hirsch, die Staatssekretärin für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, sowie die württembergische Weinprinzessin Ellen Volzer und die Beilsteiner Weinprinzessin Claudia I.

Für die württembergische Weinprinzessin war es der letzte offizielle Termin ihrer Amtszeit. „Die Sonne war für den Wein in diesem Jahr nicht optimal, aber dafür für die zahlreichen Weinfeste im Freien“, lautete ein Fazit von ihr, mit dem sie die Besucher im Rathauskeller zum Schmunzeln brachte.

Neu war bei der 33. Auflage der Weinproklamation, dass die Besucher drei Weine probieren durften, die von drei Winzern vorgestellt wurden. Den Anfang machte ein Chardonnay der Bottwartaler Winzer, den Moderator und Stadtrat Dietmar Rupp „als kräftig und passend für die dunkle Jahreszeit“ beschrieb. „Wenn er dem ein oder anderen zu warm war, wir haben diesmal den Kühlschrank weggelassen – das ist unser Beitrag zum Klimaschutz“, meinte Rupp schmunzelnd, der in gewohnt heiterer Manier durch den Abend führte und reimte.

So stellte er unter anderem fest, dass die Zahl 19 nicht nur die diesjährige Jahreszahl des dritten Jahrtausends sei, sondern auch nur wenige Meter weiter im Sitzungssaal des Rathauses eine Rolle spiele, weil dort 19 Stühle stünden: „18 Stadträte und Holl, macht genau die 19 voll“, führte er aus.

Als zweite Weinprobe wurde eine Piwi-Cuvée des Weinguts Gemmrich aus Beilstein eingeschenkt, der zur Linie der so genannten „Unkaputtbaren“ gezählt wird, weil er aus pilzwiderstandsfähigen Rebsorten gemacht wird, wie Simon Gemmrich erläuterte. Zuletzt gab es einen Lemberger S trocken von 2015 zu verkosten, der nun seinen Höhepunkt erreicht habe, wie Thomas Kircher vom gleichnamigen Weingut anmerkte. Für die musikalische Umrahmung des Abends sorgten die Rockies des TGV Beilstein und der Chor Frohsinn aus Billensbach. Erstere trieben mit ihrer Interpretation von Reinhard Meys „Gute Nacht, Freunde“ einigen Besuchern die Tränen der Rührung in die Augen und luden am Ende eines gelungenen Abends zu einem „letzten Glas im Stehen“ am Holzofen ein.