Macht Corona dem Amateurfußball schon wieder einen Strich durch die Rechnung? Foto: Archiv (avanti)

Die Saison unterbrechen oder lieber weitermachen, solange es die Coronaverordnung zulässt? Und war der Abbruch des Jugendspielbetriebs durch den Württembergischen Fußballverband zu überhastet? Die Meinungen sind geteilt.

Kreis Ludwigsburg - Für Oberliga-Spitzenreiter SGV Freiberg war der 7:1-Sieg am vergangenen Samstag gegen den FC Nöttingen ein Meilenstein. Nicht wegen der Höhe des Erfolgs und auch nicht, weil es der zehnte Dreier in Folge war. Vielmehr war dies der letzte Spieltag der Hinrunde, der SGV ist damit Herbstmeister – normalerweise die berühmte Goldene Ananas, in diesem Fall könnte das aber doch eine größere Bedeutung haben. Denn mit dem Abschluss der Hinrunde von mehr als der Hälfte der Mannschaften (es fehlen insgesamt nur noch zwei Partien) sind die Voraussetzungen erfüllt, dass die Saison gewertet werden kann.

Denn genau das war im Frühjahr das Problem: Als damals die Saison abgebrochen wurde, waren eben nur 13 Partien absolviert, bei manchen sogar noch weniger. Da half es den Freibergern auch nicht, dass sie fünf Punkte Vorsprung auf Platz zwei hatten. „Keine Aufsteiger, keine Absteiger“, lautete das Votum. Dieser Fall ist nun vom Tisch, selbst wenn es zu einem erneuten Saisonabbruch kommen würde. Und zumindest mit einer Unterbrechung rechnen derzeit viele, man wartet quasi stündlich auf die entsprechenden Beschlüsse. Der SGV-Sportdirektor Christian Werner würde natürlich viel lieber als „richtiger Meister“ nach einer kompletten Saison aufsteigen. „Aber es beruhigt natürlich, dass wir die Hürde der beendeten Hinrunde jetzt schon mal genommen haben.“

Die Hinrunde in der Oberliga ist abgeschlossen.

Im Moment gehe er davon aus, „dass wir am Wochenende spielen“, sagt Christian Werner mit Blick auf die Heimpartie am Samstag (14 Uhr) gegen den SV Oberachern. Er spreche alle paar Tage mit dem Verband „und ich denke, dass wir so lange spielen, wie es die Verordnung zulässt“, so Werner am Mittwoch. Allerdings haben Coronaverordnungen ja erfahrungsgemäß eine geringere Lebensdauer als die Ehen von Lothar Matthäus, weswegen die Planungen ganz schnell mal über den Haufen geworfen werden könnten.

So ging es vergangenes Wochenende vielen Amateurvereinen. Denn der Württembergische Fußballverband (WFV) entschied am Freitag, dass der Spielbetrieb der Aktiven zwar fortgesetzt wird, aber „Spielverlegungen im Einzelfall gestattet sind, sofern sich beide Mannschaften einig sind und dies beantragen“. Die meisten Bezirksligapartien fanden daraufhin nicht statt, so auch die Partien des TSV 1899 Benningen bei Croatia Bietigheim und des SC Drita Kosova Kornwestheim beim AKV B.G. Ludwigsburg. Das Benninger Heimspiel am Sonntag (14 Uhr) gegen den TSV Münchingen steht hingegen weiterhin auf dem Plan, ebenso die Kornwestheimer Partie gegen Höfingen. „Münchingen möchte spielen“, sagt Benningens Trainer Marcel Storz, dem eine Verlegung lieber gewesen wäre. „Wir haben doch einige Ausfälle, die aber nichts mit Corona zu tun haben.“ Vielmehr sind fünf potenzielle Stammspieler verletzt. „Wir als Verein hätten für die Verlegung aller Spiele gestimmt. Aber wenn wir müssen, dann spielen wir eben“, so Storz.

„Wenn wir müssen, dann spielen wir eben.“

Drita Kosova Kornwestheim würde die Partie gegen Höfingen gerne verlegen. „Der Gegner hat uns auch schon angerufen, die hätten das auch gerne“, sagt Spielertrainer Shpetim Muzliukaj, der aber erst noch die Entwicklungen am Donnerstag abwarten wollte. Allerdings ging er bereits am Mittwoch davon aus, dass nicht mehr gespielt wird – was ihm, wie gesagt, nicht unrecht wäre. Denn bei den traditionell gut besuchten Drita-Spielen „hat es mit 2 G oder 2 G Plus keinen Sinn mehr“.

Das Argument der kompletten Hinrunde zieht übrigens in diesem Fall nicht: Es fehlen allen Mannschaften noch mindestens zwei und bis zu vier Spiele. „Das wäre bis zur Winterpause eh nicht mehr zu schaffen“, weiß Marcel Storz, der es schade findet, „dass das Sportliche derzeit so in den Hintergrund gedrängt wird. Aber das ist ja momentan in allen Bereichen so.“

Das Sportliche wird derzeit in den Hintergrund gedrängt.

In der Landesliga Staffel 1 ist bis auf eine noch ausstehende Nachholpartie die Hinrunde dagegen beendet. Dem SV Kornwestheim fehlten zuletzt fünf ungeimpfte Spieler und fünf Urlauber. „Immerhin sind die Urlauber zurück, allen voran Marco Reichert und Pirmin Löffler“, sagt Trainer Sascha Becker mit Blick auf die Partie am Sonntag um 14 Uhr beim TV Pflugfelden. Diese wird nach aktuellem Stand auch ausgetragen. „Wir hätten verlegt, aber Pflugfelden möchte gerne spielen – was auch nicht überraschend ist“, so Becker, der von der Regelung des WFV nicht gerade begeistert ist: „Grundsätzlich ist es mir ja egal. Wenn wir spielen müssen, dann spielen wir, wenn nicht, dann eben nicht. Aber es ist schon eine komische Situation: Grundsätzlich spielen wir, es sei denn beide Vereine wollen verlegen. Da wird es immer Mannschaften geben, die ihren sportlichen Vorteil aus der Situation ziehen wollen. Aber die Jugend darf nicht mehr spielen. Ich finde, dass man es entweder konsequent machen sollte oder gar nicht.“

Im Jugendbereich hatte der WFV die Saison vor einer Woche abgebrochen. In den Bezirken seien ohnehin nahezu alle Spiele absolviert. „Ich gehe davon aus, dass es keinen Abbruch geben wird“, sagt Martin Bächler, Vorsitzender des FC Remseck-Pattonville, also eines reinen Jugendfußballvereins. Vielmehr werde es angesichts der vielen bereits absolvierten Partien wohl auf eine Unterbrechung hinauslaufen, was er auch nachvollziehen kann – auch wenn er sich darüber ärgert. Dennoch sei man im Verein guter Dinge und wolle die Winterpause nun nutzen. Nach dem unrühmlichen Ende der Spielgemeinschaft mit dem SV Kornwestheim befinde man sich derzeit ohnehin in einer „Übergangssaison“.

„Wir wären schon etwas verschnupft.“

Anderswo ist die Stimmung weniger locker. Mark Schmidmaier zum Beispiel, Jugendleiter des TSG Steinheim, hat in seinem Verein – in Spielgemeinschaft mit dem GSV Erdmannhausen – noch drei Mannschaften, die eben nicht fertig sind. Insbesondere bei der D1 liegt ihm der vorläufige Saisonabbruch ein wenig im Magen. „Die hätten nämlich noch eine Chance auf den Aufstieg. Und wir sind da ein gebranntes Kind. Denn bereits im ersten und zweiten Lockdown hatte die jeweilige C1 Aufstiegschancen, die vom Abbruch zunichte gemacht wurden. Daher hoffen wir natürlich sehr darauf, dass die Runde im Frühjahr fertig gespielt wird. Ansonsten wären wir schon etwas verschnupft.“

Generell haben Schmidmaier und auch Bächler volles Verständnis für die Coronamaßnahmen. „Und ich finde auch die komplette Absage des Hallenbetriebs absolut richtig“, so Schmidmaier. Er denke aber, „dass gerade die Staffeln, in denen die Auf- und Absteiger noch nicht entschieden sind, durchaus hätten zu Ende spielen können.“ Schließlich hätten zum Beispiel die Handballer vergangenes Wochenende noch in den Hallen gespielt. „Aber vielleicht wollte sich der WFV vorzeitig aus der Schusslinie bringen, nachdem der Fußball ja letztes Jahr mit dem Abbruch eher hinten dran war. Doch für uns wird es dann irgendwann auch mal frustrierend, wenn man über Jahre hinweg immer wieder oben mitspielt und einem dann mehrfach der Stecker gezogen wird.“