In der Kelter wird derzeit Theater gespielt. Die Geräuschkulisse, die das mit sich bringt, schmeckt nicht jedem. Foto: Werner Kuhnle

In Kleinbottwar hat es Beschwerden über Lärm durch die neue Aufführung des Theaterhaufens Bottwar gegeben. Am Sonntag ist die Situation eskaliert, als Besucher und Akteure von einem Nachbarn beschimpft worden sind. Die Darsteller fühlen sich nun bedroht.

Steinheim-Kleinbottwar - Viel umjubelt sind die „Krabat“-Inszenierungen, die der Theaterhaufen Bottwar derzeit auf die Bühne der Gutskelter bringt. Weniger begeistert sind offenbar einige Anwohner von dem Treiben in dem Gebäude. Ihnen geht der erhöhte Geräuschpegel gegen den Strich. Eine Familie hat sich sogar mehrfach an die Polizei gewandt. Umgekehrt haben nun aber auch die Macher des Stücks die Ordnungshüter kontaktiert – nachdem die Situation am Sonntag eskalierte.

Barbara Layer, Vorsitzende des Theaterhaufens, berichtet, dass das Publikum kurz nach 22 Uhr den Saal verlassen habe. „Die Leute haben sich draußen normal unterhalten. Musik lief keine mehr“, beteuert sie. Trotzdem habe ein Nachbar die Besucher beschimpft und herübergebrüllt, dass er die Nase voll habe von dem Radau. Zudem habe er eine dunkelhäutige Darstellerin rassistisch beleidigt. Die Zuschauer hätten in Richtung des aufgebrachten Anwohners gemeint, dass er sich doch beruhigen solle. Ein Mitspieler aus dem Team des Theaterhaufens habe ihm gegenüber überdies versichert, dass sich die Gesellschaft in fünf Minuten auflösen würde. „Dann hat der Anwohner gesagt, dass etwas passieren wird, wenn nicht gleich Ruhe ist“, erzählt Barbara Layer. Das ließ bei ihr sogleich die Alarmglocken schrillen. Denn vor zwei Jahren, als die Truppe ebenfalls in der Kelter auftrat, sei sogar auf das Schaufenster des Anwesens geschossen worden. „Das war während der Probezeit. Zu dem Zeitpunkt war aber niemand mehr von uns da. Wir haben das tags darauf entdeckt und die Polizei eingeschaltet“, erinnert sich Barbara Layer, die bis zu einem Gespräch mit der Polizei Anfang der Woche immer dachte, das Einschussloch gehe auf das Konto des sich echauffierenden Nachbarn. So oder so sei ihre Angst groß, dass wieder ein Schuss abgefeuert wird und ein Querschläger einen Mitspieler trifft.

Also wandte sie sich am Montag an die Polizei mit der Bitte, für das Ende der noch ausstehenden sechs Aufführungen Schutz zu gewähren. Außerdem wolle der Verein das Gespräch mit dem Anwohner suchen. Wobei Barbara Layer hervorhebt, dass man in den vergangenen Wochen schon alles Erdenkliche unternommen habe, um die Anrainer zu besänftigen. So sei ein Flyer mit einer Süßigkeit und einer Entschuldigung für etwaige Unannehmlichkeiten verteilt worden. Darauf stand, dass die Nachbarn sich bei Problemen an die Theaterleute wenden könnten. Ferner wurden Informationen zum Stück verteilt. Im Freien habe man sich angewöhnt, leise zu sprechen. Auch die Musik wurde gedämpft. Aber natürlich sei eine gewisse Geräuschkulisse nicht zu vermeiden. Die Kelter sei nicht gedämmt. „Zwei oder drei Nachbarn sind auch auf uns zugekommen, weil ihr Kind beziehungsweise die Oma nicht schlafen konnte“, erzählt Barbara Layer. Die Polizei habe ebenfalls zweimal vor der Tür gestanden. Trotzdem: wie man deshalb das Publikum beschimpfen und Drohungen ausstoßen kann wie der Nachbar, vermag Barbara Layer nicht nachvollziehen – und es beunruhige sie auch.

Die geforderte Präsenz bei allen Inszenierungen wird die Polizei dennoch nicht leisten können, wie Alexandra Klinke, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, klarstellt. Man werde aber gemeinsam mit dem Nachbarn, dem Ordnungsamt und den Verantwortlichen vom Theaterhaufen das Gespräch suchen, um das Ganze geordnet über die Bühne zu bringen. Und wenn Gefahr im Verzug ist, könne man sich jederzeit per Notruf bei der Polizei melden.

Was den Vorfall von vor zwei Jahren anbelangt, bestätigt Alexandra Klinke, dass ein so genanntes Diabolo, also ein Projektil aus einem Luftgewehr, bei der Kelter gefunden wurde. Ein Tatverdächtiger habe jedoch nicht ausfindig gemacht werden können. Besagter Nachbar habe aber sicher nichts mit dem Fall zu tun gehabt. Aktuell sei diese Partei allerdings die einzige gewesen, die sich bei der Polizei über die Lautstärke beschwert habe. Und zwar dreimal.

Nur diese Familie hat sich auch ans Steinheimer Ordnungsamt wegen Ruhestörungen gewandt, sagt dessen Leiter Rolf Englert. Das muss aber nicht heißen, dass alle anderen im Flecken nichts an dem Trubel rund um „Krabat“ auszusetzen hatten. Der Ortsvorsteher Manfred Waters ist jedenfalls nach eigener Aussage von zwei Seiten auf den Lärm angesprochen worden. Er habe sich zudem bei einem Anwohner rückversichert, der die Lärmbelastung bestätigt habe. Bei weiteren Gesprächen sei das Thema zudem am Rande angeschnitten worden. Er sei deshalb aufs Ordnungsamt zugegangen, damit man sich dort um den Fall kümmert.

Manfred Waters selbst hat sich von der Situation vor Ort selbst noch kein Bild gemacht. Ihm sei nur eine Tonbandaufnahme zugespielt worden, über die man sich einen Eindruck verschaffen könne. Generell fände er es schade, wenn das Kulturprojekt daran scheitern würde, dass eine solch „verhinderbare Situation“ nicht in den Griff zu bekommen ist, betont er.

Es gibt aber ohnehin keine Anzeichen dafür, dass „Krabat“ abgeblasen würde. Barbara Layer will sich nicht einschüchtern lassen und die Aufführungen fortsetzen. Zumal baurechtlich alles geregelt sei. In der Tat ist ein entsprechender Antrag vom Technischen Ausschuss durchgewunken worden, sagt Rolf Englert. „Da stehen keine zeitlichen Vorgaben drin.“ Über die Konzession, die bis 23 Uhr erteilt wurde, sei das aber geregelt, führt der Ordnungsamtsleiter aus. Was nichts daran ändert, dass sich die benachbarte Familie über den Geräuschpegel ärgert. Zumal das Gebäude, in dem seit Ende April geprobt wird, ja teilweise bis 24 Uhr belegt gewesen sei, sagt ein Mitglied der Familie, die nicht namentlich genannt werden möchte. Zudem habe man mehrmals auf die Lärmbelastung hingewiesen. Daraufhin habe sich nichts geändert. „Wir wollen einfach, dass zu einer gewissen Zeit Ruhe einkehrt“, sagt das Familienmitglied. Das sähen die Nachbarn genauso. Und von Drohungen oder rassistischen Äußerungen sei ihr nichts bekannt.

Der Bürgermeister Thomas Rosner findet, dass es nur bei einer Szene wirklich lauter werde. Und diese könne „bei gutem Willen“ die wenigen Male noch „ertragen“ werden. Für künftige Aufführungen kann er sich vorstellen, dass der Theaterhaufen das Thema Geräuschdämmung aufgreift. Zum Beispiel via schallschluckendem Vorhang, der aber so kurzfristig nicht mehr installiert werden könne. Ferner könnten die Kulturschaffenden die Stücke früher beginnen lassen, damit garantiert um 22 Uhr Schluss ist. Momentan enden die Vorstellungen am Freitag und Samstag gegen 23 Uhr, die am Sonntag gegen 22 Uhr. „Mit ein wenig gutem Willen von allen Betroffenen lassen sich da sicher Kompromisse finden“, meint Rosner.