Im Ochsen können bis zu 120 Asylbewerber ein Dach über dem Kopf finden. Foto: Werner Kuhnle

Das Hotel Ochsen wird bald Flüchtlinge beherbergen. Das Landratsamt Ludwigsburg mietet das Gasthaus an und bringt rund 120 Menschen dort unter.

Pleidelsheim - Die Verantwortlichen des Landratsamts Ludwigsburg appellieren immer wieder an Kommunen und Bürger, dass man dem Kreishaus Unterkünfte für Asylbewerber zur Verfügung stellt. Der Eigentümer des Ochsen in Pleidelsheim hat den Hilferuf aus dem Kreishaus offensichtlich erhört. Er bot der Behörde nämlich seine Immobilie an, um dort eine Bleibe für Flüchtlinge etablieren zu können. Weil die beiden Vertragspartner am Ende handelseinig wurden, ist das Ganze inzwischen unter Dach und Fach. Schon am 1. April will das Landratsamt mit den Umbauarbeiten beginnen. Die Handwerker werden voraussichtlich bis Sommer hämmern und sägen, dann könne die Unterkunft bezogen werden, berichtet Andreas Fritz, Pressesprecher des Kreishauses. „Die Umbaukosten werden sich auf circa 150 000 bis 200 000 Euro belaufen“, erklärt er.

Im Ochsen sollen bis zu 120 Frauen, Männer und Kinder Unterschlupf finden. Jeweils 50 Personen könnten künftig zudem an zwei Standorten auf der Gemarkung in Containern untergebracht werden, sagt der Bürgermeister Ralf Trettner. „Baurechtlich sind die schon genehmigt“, erklärt er. Macht unterm Strich 220 Plätze, die der Landkreis für die vorläufige Unterbringung neu in Pleidelsheim schaffen könnte. Dazu kommen 85 Plätze für Asylbewerber, die dem Landkreis bereits zur Verfügung stehen und sich auf den Pleidelsheimer Hof und drei weitere Standorte verteilen. Wenn der Ochsen belegt ist, habe die Gemeinde nach den derzeitigen Prognosen ihr Soll erfüllt, konstatiert Pressesprecher Andreas Fritz.

Und zwar bei Weitem, wie Ralf Trettner hervorhebt. Denn eigentlich müsste die Kommune Stand jetzt bis Ende des Jahres nur 95 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften offerieren. Dazu kämen 46  Plätze, die für die Anschlussunterbringung bereitzustellen seien. Zehn davon habe man bereits in petto, 36 fehlten noch. „Es ist noch unklar, wo die entstehen werden“, sagt Ralf Trettner. Und vor allem: ob diese zusätzlichen Unterbringungsmöglichkeiten überhaupt angeboten werden müssen. In dem Punkt will der Rathauschef Rücksprache mit dem Landratsamt halten. Dabei will er diskutieren, ob sich der deutliche Überhang bei den Gemeinschaftsunterkünften nicht mit dem Defizit bei der Anschlussunterbringung verrechnen lasse. Wenn es nach Ralf Trettner geht, wäre das nur gerecht. Er erinnert daran, dass in Pleidelsheim vielleicht bald 300 Asylbewerber ein Dach über dem Kopf gefunden haben, in anderen Kommunen gerade einmal etwas mehr als eine Handvoll. „Es kann nicht sein, dass diejenigen, die sich konstruktiv zeigen, immer mehr aufgebürdet bekommen“, findet der Bürgermeister der Spargelgemeinde. „Manche zeigen sich in der Frage wenig entscheidungsfreudig“, kritisiert er vorsichtig das Zaudern der ein oder anderen Kommune. Insofern würde er sich schon mehr Solidarität wünschen, das werde schließlich auch stets auf europäischer Ebene eingefordert.

Trettner schert bewusst nicht alle über einen Kamm. Denn es finden sich auch Beispiele von Gemeinden im Landkreis Ludwigsburg, die einen ähnlichen Kurs fahren wie Pleidelsheim. Was Andreas Fritz bestätigt. „Es gibt andere Gemeinden unter 20 000 Einwohner, die schon 2015 so viele oder mehr Flüchtlinge untergebracht haben. Zum Beispiel Tamm, Asperg oder Gerlingen“, erklärt er.

Er hat darüber hinaus keine gute Nachrichten im Gepäck, was die von Ralf Trettner gewünschte Verrechnung der Plätze aus der vorläufigen und der Anschlussunterbringung angeht. Zwar würden die überschüssigen Plätze in der vorläufigen Unterbringung tatsächlich bei der Anschlussunterbringung gutgeschrieben, erläutert der Pressesprecher. Allerdings greife dieses Prinzip erst fürs kommende Jahr. Heißt: Pleidelsheim wird wohl nicht umhinkommen, die 36 noch fehlenden Plätze zu schaffen.