Marcus und Nicole Kohler sind ein eingespieltes Team – über das Hund Merlin wacht. Foto: Werner Kuhnle

Der Oberstenfelder Bürgermeisterkandidat Marcus Kohler will als Quereinsteiger den Chefsessel im Rathaus übernehmen.

Oberstenfeld - Hier bei einer Vereinsfeier am Samstagabend ein paar Hände schütteln, da am Sonntag beim Frühschoppen des Orchesters eine schmissige Rede halten. Und das alles nach einer Woche mit Zehn-Stunden-Tagen im Büro. Kurzum: Ein Bürgermeister kommt kaum zum Durschnaufen. Doch das hält Marcus Kohler nicht davon ab, sich um die Nachfolge des scheidenden Oberstenfelder Rathauschefs Reinhard Rosner zu bewerben. Er habe auch jetzt schon einen Job, bei dem er jeden Tag Vollgas geben müsse, sagt der selbstständige Unternehmensberater. „Mein Mann arbeitet wahnsinnig gerne“, fügt seine Gattin Nicole hinzu. „Wenn es etwas gibt, das mich stresst, dann ist es unser Hund, wenn er nicht hört“, ergänzt Marcus Kohler lachend.

An diesem Mittwoch folgt die französische Bracke Merlin aber aufs Wort. Als es an der Haustür klingelt und der Zeitungsfotograf hereinspazieren will, steckt Merlin mit einem energischen Bellen nur kurz sein Revier ab. Danach lümmelt der Rüde, der einst von seinem spanischen Herrchen verstoßen wurde und später über ein Internetforum Asyl bei den Kohlers fand, zufrieden auf einem Sessel im Wohnzimmer der Familie. Schräg gegenüber von einem Klavier, auf dem schon Nicole Kohlers Opa spielte. Dass ein so antikes Musikinstrument das Haus der Familie schmückt, ist kein Zufall. „Ich habe ein Faible für Geschichte“, sagt Marcus Kohler. Während des Studiums der Wirtschaftswissenschaften hat der Oßweiler deshalb im Ludwigsburger Schloss gejobbt. Er bot dort Führungen an. In den Semesterferien half er zudem im Literaturarchiv in Marbach aus. In erster Linie sei es darum gegangen, Bücher von A nach B zu karren, erzählt der 44-Jährige.

Weitaus anspruchsvoller wäre die Aufgabe als Oberstenfelder Rathauschef. Das ist natürlich auch dem VfB-Stuttgart-Fan Marcus Kohler bewusst. Doch er traut sich das Amt zu. „Man kann sich da durch großes Interesse und Hingabe einarbeiten“, ist er überzeugt – auch und gerade als Quereinsteiger. „Mein Mann saugt Dinge wie ein Schwamm auf“, erklärt Nicole Kohler, die gleichberechtigte Geschäftsführerin in der gemeinsamen Unternehmensberatung mit sechs Mitarbeitern ist. Umgekehrt sei es doch schwieriger: sich als Verwaltungsspezialist Führungsqualitäten und die Fähigkeit zur Außendarstellung anzueignen, sagt Marcus Kohler. Und sowohl das eine als auch das andere seien Eigenschaften, die für einen Bürgermeister unverzichtbar seien, betont er.

Führungsqualitäten können auch auf dem Fußballplatz nicht schaden. Speziell dann, wenn man wie Marcus Kohler auf der Acht kickt, also die Schnittstelle zwischen Abwehr und Angriff organisiert. „Da dirigiere ich schon ganz gerne“, sagt der 44-Jährige schmunzelnd. Seine Knochen hält er für die Alten Herren des FSV Oßweil hin. Zudem trainiert er die Jugendmannschaft der DJK Ludwigsburg, für die auch sein siebenjähriger Sohnemann Finn antritt.

Wie das halt so ist mit Kindern, hat der Filius auch bei den Kohlers Teile des Wohnzimmers in Beschlag genommen. Ein buntes Stühlchen ist am einen Ende des Raumes platziert, eine Schultafel am anderen. Dazwischen steht der Tisch, an dem nun Marcus und Nicole Kohler vor einer Tasse Kaffee und einer Schale mit Brezeln sitzen. Verheiratet sind die beiden seit 2004. Kennen gelernt haben sie sich in Augsburg beim Studium – und sind im Laufe der Zeit zu einem eingespielten Team geworden. Ob bei geschäftlichen Dingen, der Freizeitgestaltung oder im Haushalt. Bei Letzterem „bin ich eher der Aufräumer, sie die Putzerin“, sagt Marcus Kohler schmunzelnd. „Das Lachen verbindet uns“, stellt Nicole Kohler fest, die ihren Mann als „Schaffer und Macher“ charakterisiert. Eigenschaften, die einem Rathauschef gut zu Gesicht stehen. Der Freundeskreis schätzt ihn offenbar ähnlich ein. Als Marcus Kohler seinen Kumpels und Bekannten von seinen Plänen erzählte, in Oberstenfeld das Ruder übernehmen zu wollen, hätten alle gesagt: „Das passt zu dir“, berichtet Nicole Kohler.

Ihren Mann reizt an der Stelle besonders „der Gestaltungsspielraum“. Und die Tatsache, dass er mit Oberstenfeld viel verbindet. Onkel und Tante wohnen in Gronau. Marcus Kohler hat die beiden oft besucht, ist mit Freibad, Christbaummarkt in Prevorst und vielem mehr vertraut. Jetzt will er noch das Rathaus kennen lernen. Merlin müsste dann wohl zuhause bleiben – damit sein Herrchen keinen Stress hat.